Verliert der Fussball an Bedeutung?

  • Mit Beginn der Pandemie und später der sehr frühen Wiederaufnahme des Spielbetriebs in Deutschland, habe ich komplett die emotionale Bindung zum Spiel und dem Verein verloren. Das war auch der Hauptgrund, warum ich hier nicht mehr geschrieben habe. Die ist seitdem auch nur teilweise zurückgekommen, was zum Teil an Corona liegt und zum Teil an den Abläufen in diesem Verein. Immer, wenn man denkt, der Bayer würde jetzt wirklich mal einen Schritt nach vorne machen, kommt ziemlich schnell die Ernüchterung hinterher. Ich hatte große Hoffnungen in Fernando Carro und seine Aussagen zu den Zielen waren wunderbar, doch dann kamen die Transferphase und Völler/Rolfes und alles ist futsch.


    Aus beruflichen Gründen darf/muss ich weiterhin extrem viele Fußballspiele gucken. Das Interesse ist inzwischen rein sportlicher Natur, emotional ist da nicht viel. Wie alle vermisse ich das Stadionerlebnis, Auswärtsfahrten, Fachsimpeln vor Ort, Schreien, Brüllen, Fluchen. Das erscheint gerade ziemlich weit weg und aufgrund der Pandemie auch ziemlich irrelevant. Ich hoffe, dass wir irgendwann auf diese Zeit zurückgucken und denken, dass es doch eigentlich gar nicht so schlimm war, aber trotzdem gut ist, dass es vorbei ist. Und hoffentlich wird uns der Verein irgendwann auch mal wieder einen Grund geben, leidenschaftlich Spiele zu gucken. Normalerweise würde ich es feiern, alle drei oder vier Tage den Bayer spielen sehen zu können. Aber im Moment fühlt es sich eher wie Pflichtprogramm an.


    Ob der Fußball insgesamt an Bedeutung in der Bevölkerung verloren hat, wird man nach der Pandemie sehen. Er hat die Chance, aus den Entwicklungen zu lernen, was die Bedeutung von Fans und Geld angeht.

    Der Fußball als solches wird wohl nicht wesentlich an Bedeutung verlieren. Er wird immer die Sportart Nr. 1 sein. Die letzte drei Einschaltenquoten der Nationalmannschaft lassen aber deuten, dass das Interesse nach lässt. Ob der Profifußball daraus lernt, wage ich zu bezweifeln. Am Anfang habe ich auch gedacht, jo kurze Innehalten und mit neuen neuen Elan ein Neuanfang. Aber meine Illusion ist weder flöten gegangen. Sorry, aber so Aussagen von Watzke lassen deuten das die Funktionäre nichts ändern wollen und gerne dahin zurück wollen. Bei Christian Seifert bin ich unschlüssig. Der Mann ist mir zu allglatt, bin nicht so sicher ob er das alles meint wie er es sagt. Das wäre eine Verwandlung vom Saulus zu Paulus. Eher unwahrscheinlich.

    Danke für die ausführliche Antwort. So wünsche ich mir das :), so macht mir das Ganze Spaß. ... Und jetzt ist genau der Punkt erreicht, wo ich lieber mit dir bei einem Bier (oder Cola oder Wasser) labern würde, als auch nur eine Zeile weiter zu tippen. Denn alles, was du als störend empfunden hast, hat mich NULL belastet. Normale Entwicklung. Alles, was du als Null belastend beschreibst, macht mir zu schaffen. - Das kann ich respektieren und zum Glück sieht es ja im realen Leben genau so aus.


    Ich hoffe, dass irgendwann wieder vieles in geregelte Bahnen läuft - u.a. auch die abnormalen Summen im Profifußball.


    Schönen Abend!

    Vielleicht ergibt sich das ja mal.

    Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein. (Albert Einstein)
    Ich bin zu alt, um von der Angst vor dummen Menschen beherrscht zu werden. (Charlie Skinner)

  • Letztes September-Wochenende 2022.

    Spielfreies WE in den Ligen 1, 2 und 3.

    Letzte Spieltage in der Nations League.


    Gleiches Wochenende, in der Versenkung des (vermeintlich bedeutungslosen) niederklassigen Fußballs:

    10.000 Zuschauer in der 4.(Regional-)Liga beim West-Schlager Alemannia Aachen gegen Preußen Münster (4:2).

    10.000 Zuschauer in der 1. Runde des Niederrheinpokals beim Derby Rot-Weiß Oberhausen gegen MSV Duisburg (2:1).


    Wohl dem, welcher derlei Zeichen der Zeit zu erkennen vermag?

    Bayer 04 Leverkusen.
    Weil seit 1904 drin ist, was drauf steht.

  • Meine emotionale Bindung ist immer noch auf einem erheblich gesunkenen Niveau (zum Fußball, nicht zum Verein).


    Allerdings habe ich mich schon weit vor Corona entfremdet. Da waren Löw, DFB und die Nationalmannschaft, die mir Turniere (und alles dazwischen) verleidet haben.

    Da waren die Schiedsrichter und die vielen kleineren und größeren Ungerechtigkeiten im Ligaalltag.


    Und so weiter und so fort.


    Und zu guter Letzt die Dominanz-Ära der Bayern, die mein allgemeines Interesse an Liga und Wettbewerb mehr und mehr erstickt haben.


    Auch dem Verein gegenüber bin ich zuletzt phasenweise auf Distanz gegangen, aber das hat noch einmal andere Gründe, nicht zuletzt fehlende Idole/Identifikationsfiguren auf dem Platz.

  • Handelt es sich wirklich um ein wachsendes Desinteresse am Fußball allgemein?

    Oder geht es eher um sich verlagernde Interessen innerhalb der Fußball-Fanszene?

    Womöglich um eine sich anbahnende Zuschauer-Abwanderung hin zum Stadionbesuch unterklassiger Vereine der jeweiligen Region?


    Die oben gelisteten enormen Zuschauerzahlen von jeweils 10.000 in den beiden NRW-Stadien Aachen und Oberhausen sind keineswegs einmalige Ausnahmen, wie man vielleicht meinen könnte.

    12.000 Zuschauer kamen am vergangenen Spieltag z.B. in der 4.(Regional-)Liga Nordost zum Thüringen-Gipfel zwischen Rot-Weiß Erfurt und Carl Zeiss Jena (1:1).


    Auch in anderen Regionen legt die Beliebheit unterklassiger Vereine kräftig zu, wobei Zuschauerzahlen von 10.000+ in aller Regel nur bei Heimspielen gegen Publikumsmagneten und/oder bei großen Traditions-Derbys erreicht werden.

    Nichtsdestotrotz werden regelmäßig Spiele von mehreren Tausend Zuschauern besucht.

    4.000 kamen am vergangenen Spieltag ins Kasseler Auestadion zum Spiel des KSV Hessen gegen Kickers Offenbach (0:1).


    Gleich ob Süd oder Nord, Ost oder West, es gibt keine Region, die diesen Trend nicht für sich verzeichnet.

    In NRW erfreut sich neben den Aachenern, Münsteranern und Oberhausenern auch der Wuppertaler SV regelmäßigen Zuschauerzuspruches in dieser Größenordnung.

    Die Zeiten, in denen sich in Liga 4 oder Liga 5 selbst bei den attraktivsten Saisonspielen allenfalls wenige Hundert Zuschauer im weiten Rund verloren, sind vorbei.


    Ob dies wirklich mehr ist als eine vorübergehende Modeerscheinung, werden die nächsten Jahre erweisen.

    Es scheint jedoch vieles dafür zu sprechen, dass viele Fußball-Fans dem tagtäglichen Überangebot des Profi-Fußballs und mehr noch dessen Eskapaden satt sind und im unterklassigen regionalen Fußball einen Zufluchtsort gefunden haben und finden werden, an welchem sie sich mit ihrer Fußball-Leidenschaft neu erden können.

    Bayer 04 Leverkusen.
    Weil seit 1904 drin ist, was drauf steht.

  • Bergischer Löwe Der gesteigerte Zuspruch zu den 4. oder 5.Ligen kommt m.M.n. eher aus den ganz unteren Klassen, wo es immer mehr Vereinssterben + geringere Zuschauerzahlen gibt und nicht aus den Profiligen.

    w11 Liga2 2019/2020: Schwolow, Flekken - Sinkgraven, Sane, Zimmermann, Halstenberg, Torunarigha - Haberer, Duda, Sabitzer, Schmid, Serdar, Darida - Mateta, Weghorst, Finnbogason, Mamba

  • BayerMania87


    Durchaus möglich, dass deine Annahme vielerorten zutrifft.

    Der Fußball hierzulande hat in der Breite genauso zu kämpfen wie das gesamte übrige Vereinswesen an der Basis.

    Sodass es sich imho lohnen sollte, einige Aspekte etwas genauer zu beleuchten.


    Als da zuvorderst wäre der nicht zu leugnende Identifikationsverlust der N11.

    Inclusive immer häufiger schlecht ausgelasteten Stadien bei deren Heimspielen.

    Wenn dazu am Vorabend eines zwar in Leipzig stattfindenden, zudem jedoch live im ZDF übertragenen Pflicht-Länderspiels der N11 auch noch das Stadion eines Viertligisten (Oberhausen) im Landespokal gegen den Drittligisten MSV - wir reden hier nicht von einem DFB-Pokalkracher gegen Dortmund oder Schalke! - eine fünfstellige Zuschauerzahl anlockt, dann ist das eine Ansage, die ihresgleichen sucht.


    Des weiteren dürfte der Zuschauerschnitt von mehreren Tausend bei inzwischen erstaunlich vielen Viertligisten kaum damit zu erklären sein, dass all diese Menschen von klassentieferen Vereinen in den betreffenden Städten samt deren Umland in Richtung Viertligafußball abgewandert sein sollen; völlig gleich, wie hoch dabei der Anteil von inzwischen bedauerlicherweise "gestorbenen" Vereinen auch sein mag.


    Wenn der attraktivste Stadionbesuch derjenige des klassenhöchsten Fußballs sein soll, dann müsste sich dies in der Konsequenz in rückläufigen Zuschauerzahlen im gesamten unterklassigen Fußball bis zu jedem Drittligisten hinauf negativ bemerkbar machen.

    Das genaue Gegenteil ist der Fall.


    Warum pilgern was die Niederrhein-Ruhr-Region betrifft Wochenende für Wochenende Fanscharen z.B. aus Bottrop oder Mülheim an der Ruhr in die Wedau, an die Hafenstraße und ins Niederrheinstadion?

    Was das Bergische Land betrifft z.B. aus Remscheid oder Solingen in das Stadion am Zoo?

    Anstatt in die mittlerweile selbst in Köln, Mönchengladbach oder auf Schalke Woche für Woche genügend leere Plätze bietenden Stadien der NRW-Bundes- und Zweitligisten?

    Bayer 04 Leverkusen.
    Weil seit 1904 drin ist, was drauf steht.

  • Ich kann das nachvollziehen.
    Ich geniesse ein "gemütliches" Spiel mit Wurst und Kaffee beim örtlichen Kreisligisten oder benachbarten Bezirksligisten ebenfalls sehr.
    Macht mir auch grossen Spass, ist weniger stressig, hektisch, weniger gestörtes Volk und alles ein paar Nummern kleiner.
    Ich find das auch super.
    Aber das mag auch meinem Alter geschuldet sein.

  • Ich kann das nachvollziehen.
    Ich geniesse ein "gemütliches" Spiel mit Wurst und Kaffee beim örtlichen Kreisligisten oder benachbarten Bezirksligisten ebenfalls sehr.
    Macht mir auch grossen Spass, ist weniger stressig, hektisch, weniger gestörtes Volk und alles ein paar Nummern kleiner.
    Ich find das auch super.
    Aber das mag auch meinem Alter geschuldet sein.

    zu 1.) Demnach, um auf die Thread-Überschrift anzuspielen, hat der Fußball bei dir nicht an Bedeutung verloren.


    zu 2.) Weiß nicht. Ich wohne seit knapp über 20 Jahre in Leverkusen, ich hab' mich bis jetzt nicht wirklich für Roland Bürrig interessiert und werde das (wohl) auch in Zukunft nicht dafür interessieren.


    zu 3.) Auf den Profi-Fußball bezogen, hast du eher ein Problem mit dem Publikum, welches er anzieht.

    Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein. (Albert Einstein)
    Ich bin zu alt, um von der Angst vor dummen Menschen beherrscht zu werden. (Charlie Skinner)

  • Ich geniesse ein "gemütliches" Spiel mit Wurst und Kaffee beim örtlichen Kreisligisten oder benachbarten Bezirksligisten

    Da warst du aber noch nie bei einem zünftigen Dorf-Derby in der 7. Liga... :LEV14

    edit und PS. In meinem Nachbardorf beseitigen sie immer noch die Schäden nach dem Aachen-Münster-Spiel vom Wochenende

  • zu 1.) Demnach, um auf die Thread-Überschrift anzuspielen, hat der Fußball bei dir nicht an Bedeutung verloren.


    zu 2.) Weiß nicht. Ich wohne seit knapp über 20 Jahre in Leverkusen, ich hab' mich bis jetzt nicht wirklich für Roland Bürrig interessiert und werde das (wohl) auch in Zukunft nicht dafür interessieren.


    zu 3.) Auf den Profi-Fußball bezogen, hast du eher ein Problem mit dem Publikum, welches er anzieht.

    .Zu 1.) Hat er aber allgemein nicht, wenn man sich über die angesprochenen Zuschauerzahlen bei Rot-Weiss Essen etc. anspielt. ;)

    Meine persönliche Theorie ist, dass die Leute schlicht die Bundesliga langweilig finden, wenn es eigentlich nur darum geht, wann Bayern als Meister feststeht.

    Wir haben von den vermeintlich "grossen" Ligen doch die, wo es die wenigsten Überraschungen gibt, wie zB gerade Union.


    2.) Das mag jeder anders sehen, aber das ist doch auch OK so :)

    3.) Bestreite ich nicht.

  • zu 3.) Auf den Profi-Fußball bezogen, hast du eher ein Problem mit dem Publikum, welches er anzieht.

    welches wäre?

    Der Profißußball hat doch früher viel mehr kritisches Publikum angezogen.

    Auch wenn das durch die Berichterstattung oft anders wirkt

    w11 Liga2 2019/2020: Schwolow, Flekken - Sinkgraven, Sane, Zimmermann, Halstenberg, Torunarigha - Haberer, Duda, Sabitzer, Schmid, Serdar, Darida - Mateta, Weghorst, Finnbogason, Mamba

  • welches wäre?

    Der Profißußball hat doch früher viel mehr kritisches Publikum angezogen.

    Auch wenn das durch die Berichterstattung oft anders wirkt

    Musst du mich nicht fragen. Es war eine Bemerkung meinerseits auf die Aussage vom User .:1288:. :"Macht mir auch grossen Spass, ist weniger stressig, hektisch, weniger gestörtes Volk"


    PS: Hätte wohl ein Fragezeichen setzen sollen...

    Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein. (Albert Einstein)
    Ich bin zu alt, um von der Angst vor dummen Menschen beherrscht zu werden. (Charlie Skinner)

  • Also sowohl bei den Hunderten Jugendspielen, die ich selbst gespielt habe als auch bei den Spielen meines Neffen, die ich Jahre später alle live gesehen habe, war sehr viel mehr gestörtes Volk als in 25 Jahren Stadion :LEV14


    Unmengen an gescheiterten Persönlichkeiten, die Ihre Kinder zu Höchleistungen gebrüllt haben und sie im Nachgang bei Nichtleistung noch angeschrien und sanktioniert haben. Das war nicht die Mehrheit aber deutlich zu viele von der Sorte


    Sorry für OT

  • Also sowohl bei den Hunderten Jugendspielen, die ich selbst gespielt habe als auch bei den Spielen meines Neffen, die ich Jahre später alle live gesehen habe, war sehr viel mehr gestörtes Volk als in 25 Jahren Stadion :LEV14


    Unmengen an gescheiterten Persönlichkeiten, die Ihre Kinder zu Höchleistungen gebrüllt haben und sie im Nachgang bei Nichtleistung noch angeschrien und sanktioniert haben. Das war nicht die Mehrheit aber deutlich zu viele von der Sorte


    Sorry für OT

    Tatsächlich ist das auch bei anderen Sportarten der Fall. Echt verstörend, was da zum Teil an der Seitenlinie abläuft!

  • Echt? Ehrlicherweise hätte ich das nicht gedacht. Beim Tennis meiner Tochter ist das noch nicht vorgekommen.


    Es sind auch wirklich nicht alle aber beim Fuppes schon so 15-30% der Eltern nach meiner Einschätzung.


    Also ich nenne jetzt keine Namen , um niemanden auf die Füße zu treten, aber wir leben in einem vermeintlich recht „gut situierten“ Stadtteil und hier ist das genauso wie bei Spielen wie in etwas sozial schwächeren Gegenden. Ich würde sogar fast sagen, dass es in unseren Gefilden schlimmer ist. Hier musste dieses Thema über die Jahre hinweg diverse Male auf extra einberufenen Sitzungen besprochen werden und es gab bereits Ausschlüsse für diverse Eltern, weil die Trainer (zu recht) die Nase voll hatten.


    Dabei wollen die Kids einfach nur kicken, weil es ihnen Freude bereitet.

    Druck kommt später im Erwachsenenalter (leider) schon schnell und oft genug….

  • aber wir leben in einem vermeintlich recht „gut situierten“ Stadtteil und hier ist das genauso wie bei Spielen wie in etwas sozial schwächeren Gegenden.

    Ich störe mich an dem Begriff "sozial schwach". Finanziell schwach trifft es eher, denn gerade in den sogenannten "gut situierten Kreisen" (finanziell stark) ist die soziale Einstellung eher unterdurchschnittlich, die egoistische dagegen eher überdurchschnittlich ausgeprägt.

    "Sozial schwach" ist die übliche verschleiernde Herrschaftssprache aus den Medien.

    "Vieles wünscht sich der Mensch und doch bedarf er nur wenig." (J.W.Goethe)