"Der Weg ist das Ziel."
Es ist immer wieder auf's Neue interessant, zu verifizieren, dass Jahrhunderte oder gar Jahrtausende alte Weisheiten wie die zitierte von Konfuzius
a) einen zeitlosen Wahrheitsgehalt aufweisen;
b) über eine schier unglaubliche Aussagekraft verfügen;
c) mehr Gripsnahrung beinhalten als der handelsübliche Small Talk unserer Jetztzeit.
All das allerdings nur für diejenigen, welche den tieferen Sinn solcher Weisheiten für jedwede konkrete Situation zu interpretieren suchen.
Und ja, dies gilt ausdrücklich auch für den Fußball.
Mit erstaunlichen Konsequenzen.
Man schaue genau hin und staune, wie der Mensch sein "Ziel" laut Konfuzius erreicht.
Nämlich dadurch, begreifen zu lernen, dass das Ziel kein anzusteuernder abschließender Zeitpunkt ist.
Sondern sich aus der Summe sehr vieler kleiner Momente zusammensetzt, genauer gesagt aus der bewussten Würdigung jeder einzelnen Etappe des Weges.
Umfasst der "Weg" doch all jene Begebenheiten, welche sich vor dem Zeitpunkt ereignen, welchen homo ("sapiens"?) als "Ziel" definiert.
Auf den Fußball übertragen bedeutet "Weg" also, an einer Saison teilzuhaben, und nicht, das "Ziel" irrtümlich mit dem Saisonende gleichzusetzen.
Sich im Verlauf derselben (Saison) bewusst zu werden, dass sich das "Ziel" aus allen einzelnen erlebten Momenten = aus der Summe des Erlebens aller Spiele zusammensetzt.
Wer das "Ziel" hingegen unbedingt verfehlen und sich die Saison selbst entwerten möchte, der definiert am besten ständig imaginäre "Saisonziele".
Denn der wahre Wert jeder Saison zerfällt im Sinne von Konfuzius' Zitat ausgerechnet in jenem Moment zu Asche, wo das Ende dieser Saison erreicht ist.
Weil das wirklich Wertvolle, der in seiner Einmaligkeit erlebte Weg dorthin, weder geplant, noch vorhergesehen, noch nachgeholt, noch festgehalten, noch wiederholt werden kann.
Womit sich so ganz nebenbei sehr trefflich der Begriff "Traditionsverein" selbsterklärend definiert, der in der Tat nichts anderes beschreibt, als dem in alle Zukunft wirkenden Betrauern von nicht Wiederholbarem.
Haben wir uns wirklich schon einmal bewusst gemacht, wie einmalig jedes unserer Spiele der soeben erlebten Saison 2022/23 ist?
Nach dem ersten Saisondrittel zittern wir wie Espenlaub.
Wir befürchten, jenen Saisonverlauf erleben zu müssen, von welchem Hertha, Schalke, Stuttgart, Augsburg, Bochum oder Hoffenheim heimgesucht werden.
Vor der Winter-WM-Pause ein Durchatmen, eine erste zarte Hoffnung auf den doch noch möglichen Klassenerhalt, nicht mehr und nicht weniger.
Dazu das drohende vorweihnachtliche Aus im Europacup, nur dank Lukas Hradeckys Parieren dieses unsäglichen Elfmeters von Madrid in den Februar verschoben.
Um mit der 2:3-Heimpleite gegen die AS Monaco dann doch endgültig besiegelt zu werden.
Ach ja?
Die von jedem von uns persönlich erlebte einmalige Geschichte der EL-Rückrunde brauchen wir nicht an dieser Stelle in Worte zu fassen, denn sie wird ohnehin jeder von uns seinen (Ur-)Enkeln in den kommenden Jahrzehnten vorschwärmen.
In der Liga-Rückrunde gelingt dem "Abstiegskandidaten unter Trainer Alonso" in der BayArena Unbegreifliches.
Nach menschlichem Ermessen in der Tat nur schwerlich Imitierbares.
Was in der Bundesligageschichte wohl höchsten Seltenheitswert hat.
Wir gewinnen ausnahmslos alle Heimspiele gegen sämtliche drei amtierenden 2022er Titelträger Deutschlands.
Mit einer wie am Reißbrett geplanten, sagenhaften, ja einzigartig grandiosen Terminkonstellation:
Es sind drei unmittelbar aufeinanderfolgende Heimspiele.
Am 25.Spieltag schlagen wir den amtierenden 2022er Meister und Supercup-Sieger aus München (2:1).
Am 27.Spieltag als nächstes den amtierenden 2022er Europa League-Sieger aus Frankfurt (3:1).
Am 29.Spieltag auch noch den amtierenden 2022er DFB-Pokalsieger aus Leipzig (2:0).
Drei Heimsiege gegen die amtierenden Titelträger gelingen keinem einzigen anderen Club der oberen Tabellenhälfte.
Weder einem der drei auf CL-Kurs aufspielenden Granden Ballspiel Vize Borussia, Union Berlin, SC Freiburg.
Noch einem der beiden seltsam höflich Zurückhaltenden aus Wolfsburg und Mainz.
Auch die komplette untere Tabellenhälfte bleibt ohne dreifachen Sensations-Sieger-Heimbesieger außen vor.
Bayer 04 ist somit der einzige Bundesligist, der dieses Kunststück exklusiv nur für sich verbuchen kann.
Zudem gibt es in der Rückrunde eine anerkennenswerte Ungeschlagenen-Serie in den drei Auswärtsspielen bei CL- und/oder EL/UCL-Anwärtern für die kommende Saison 2023/24.
Weder unser Auswärtsspiel beim SC Freiburg geht verloren (1:1).
Noch das Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg (0:0).
Noch jenes bei Union Berlin (0:0).
Unter dem Strich bleibt festzuhalten.
Gleich ob für die Liga oder den Europacup.
Eine Spielanlage wie die in dieser Rückrunde, welche es (fast) jedem Gegner derart schwer macht uns zu besiegen, hatte eine W11 seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr.
Ergo.
Wer sich erst jetzt dazu entschließt, sich seine Jahreskarte zu holen (gleich ob erstmals überhaupt, oder nach einem Pausieren wieder mal eine), der kommt, was diese mitreissende Saison betrifft, zwar schlicht und ergreifend zu spät.
Denn, richtig:
Der Weg war das Ziel.
Das Bayer 04-Abo empfiehlt Konfuzius für die Zukunft trotzdem, beinhaltet es nach seinen Worten doch den Weg und das Ziel in einem.
Wohl all denjenigen Bayer 04-Fans, die klug genug waren/sind/bleiben, mit ihren Familienangehörigen und Freunden Saison für Saison zu allen Heimspielen in die BayArena zu pilgern.
Denn sie gehören zu den Beneidenswerten, die niemals das wirklich Wichtige JEDER Bayer 04-Saison verpasst haben werden.