Urteil löst Erdbeben im Transfersystem aus

  • Urteil löst Erdbeben im Transfersystem aus


    Es ist das wohl spektakulärste Urteil seit dem Fall Bosman: Der Oberste Sportgerichtshof hat entschieden, dass Spieler nach spätestens drei Jahren ihren Vereinen den Rücken kehren dürfen – ablösefrei. Die Fifa ist entsetzt. Sie befürchtet, dass das Urteil die Klubs in eine schwere finanzielle Krise stürzen wird.

    Ein Urteil hat das internationale Transfersystem in seinen Grundfesten erschüttert: Der Oberste Sportgerichtshofs (Cas) in Lausanne entschied, dass ein Spieler bei einem Wechsel ins Ausland seinen Vertrag nach einer, wie es hieß, „geschützten Laufzeit“ von drei beziehungsweise zwei Jahren einseitig auflösen kann – je nachdem, ob der Profi bei Vertragsunterzeichnung bereits 28 Jahre alt war oder noch nicht. Seinem Verein muss dann nur die Summe der ausstehenden Gehälter überwiesen werden. Das Urteil hat eine ähnliche Dimension wie die, die 1996 der Belgier Jean Marc-Bosman vor Gericht erwirkt hatte. Er setzte damals durch, dass Spieler nach Vertragsende ablösefrei wechseln können – und stürzte die Vereine in eine tiefe Krise.


    Vor dem Cas hatte der schottische Profi Andy Webster (25) geklagt und nach mehreren Jahren Recht bekommen. Webster, der 2006 ein Jahr vor Vertragsende ohne Einverständnis seines Heimtklubs Heart of Midlothian zu Wigan Atheltic in die englische Premier League wechselte, wurde vom Cas angewiesen, 150.000 Pfund (rund 200.000 Euro) Strafe an Midlothian zu zahlen. Die Summe entspricht genau seinem damaligen Jahresgehalt bei Midlothian. Der schottische Verein hatte dagegen 5,4 Millionen Euro als Schadensersatz verlangt. Die Summe hätte den mutmaßlichen Transferwert des Spielers gedeckt. „Der Verein hat keine wirtschaftliche, moralische oder legale Berechtigung, den Marktwert eines Spielers als verlorenen Gewinn einzufordern“, hieß es in der Begründung des Cas. Für die Vereine hat das verheerende Folgen. Wechselwillige Spieler sind auf einen Schlag sehr viel billiger für Interessenten aus dem Ausland zu haben. So wäre Rafael van der Vaart im Sommer nur noch einen Bruchteil dessen Wert, was der Bundesligist Hamburger SV vor dem Urteilsspruch mit ihm hätte einnehmen können. Sein Marktwert wird auf rund 23 Millionen Euro geschätzt. Der bis 2010 an den HSV gebundene van der Vaart, der unter anderem von Juventus Turin umworben wird, würde den italienischen Klub nur noch zwei Jahresgehälter kosten. Also rund vier Millionen Euro. Denn der 24 Jahre alte Niederländer hat bereits drei Jahre in Hamburg gespielt, kann also nach dem Urteil zum Schnäppchenpreis wechseln. Der Wert des Spielers bricht dramatisch ein, das Dilemma von Vereinen wie dem HSV ist groß. Sie können bei ihren Topstars kaum noch mit größeren Transferentschädigungen planen.


    Fifa befürchtet schlimme Folgen für Vereine


    Tief besorgt ist der Fußball-Weltverband (Fifa). Dieses Urteil zugunsten des Spielers könne „weitreichende und verheerende Folgen für den gesamten Fußball“ haben, teilte die Fifa mit. „Die Entscheidung des Cas schadet dem Fußball. Er ist ein Pyrrhussieg für Spieler und Spielervermittler, die mit einer vorzeitigen Vertragsauflösung liebäugeln“, haderte Fifa-Präsident Joseph S. Blatter. Der Cas habe die Besonderheit des Sports in Missachtung von Artikel 17 Absatz 1 des Reglements bezüglich Status und Transfer von Spielern nicht angemessen berücksichtigt. Mit diesem unglücklichen Entscheid sei der Grundsatz der Vertragsstabilität hinter die kurzfristigen Interessen des betroffenen Spielers gestellt worden. Webster war unter Berufung auf Artikel 17 der Transferordnung von Midlothian zu Wigan gewechselt. Der Artikel der Fifa-Regularien ermöglicht es Spielern, nach Ablauf der geschützten Laufzeit ohne sportliche Sanktionen ins Ausland zu wechseln. Artikel 17 wurde 2001 auf Druck der EU-Kommission ins Regelwerk aufgenommen, die Frage der Entschädigung jedoch bewusst offen gelassen.


    Im Fall von Webster entschied im April 2007 in erster Instanz die Schlichtungskommission der Fifa auf 843.000 Euro Strafe für ihn und Wigan. Der streitbare Schotte legte allerdings Einspruch gegen das Urteil ein – und bekam nun Recht. „Das ist die bedeutendste Veränderung im Fußball seit Bosman. Fußballer haben nun die gleichen Rechte wie normale Arbeitnehmer“, sagte Tony Higgins von der internationalen Spielergewerkschaft Fifpro.


    http://www.welt.de/sport/artic…m_Transfersystem_aus.html

    Neverkusen. Es ändert sich ein Buchstabe, aber das verändert die Welt. :bayerapplaus

  • Ich kapiere dieses Urteil ehrlich gesagt noch nicht voll.


    Heißt das dann u.a., dass wesentlich mehr ausländische Spieler in die BL kommen werden und deutsche Spieler im Gegenzug häufiger ins Ausland wechseln?


    So wie ich es verstanden habe, gilt diese Regelung ja nur bei Wechseln ins Ausland. :LEV9

  • Hm ,
    das wäre echt bitter,
    da Spieler wie Schneider,Rolfes oder Barnetta
    und einfach verlassen könnten, ohne dass wir
    finanziell wirklich entschädigt würden
    (außer minimal durch das noch ausstehende Gehalt).

    Wolfgang Holzhäuser : Bis 2011 wollen wir Meister sein !!! :)

  • Zitat

    Original von lupo
    Ich kapiere dieses Urteil ehrlich gesagt noch nicht voll.


    Heißt das dann u.a., dass wesentlich mehr ausländische Spieler in die BL kommen werden und deutsche Spieler im Gegenzug häufiger ins Ausland wechseln?


    So wie ich es verstanden habe, gilt diese Regelung ja nur bei Wechseln ins Ausland. :LEV9


    Vom Prinzip schon, aber ich glaube das wird eher eine Einbahnstrasse, Spieler wechseln von Deutschland aus nach England / Italien und / oder Spanien, aber weniger nach Deutschland. Die Deutsche Liga ist einfach noch nicht interessant genug und wird eher als Sprungbrett angesehen.

    Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein. (Albert Einstein)
    Ich bin zu alt, um von der Angst vor dummen Menschen beherrscht zu werden. (Charlie Skinner)

  • Ähm , Leute? Ist das nicht völlig egal, weil es sich rundherum auswirkt und nicht nur einseitig die Bundesliga betroffen ist?


    Der Blatter fürchtet um seinen Milliönchen, klar, aber für die Vereine ist es zumindest Transfer-Abteilungs-intern Jacke wie Hose, wenn diese Regelung europaweit gilt.


    Denn wir BEKOMMEN zwar weniger für einen Spieler, den wir abgeben müssen, aber wir BEZAHLEN doch nun auch weniger!
    Alle sind immer sofort dabei, sich über die unegrechtfertigten gehälter und vor allem Ablösesummen zu beschweren. Jetzt werden sie gesetzlich begrenzt. Ein Traum!


    Warum: Weil das die beste Nachricht für die Bundesliga seit Jahren ist! Eto'o? Ronaldinho? Ballack? Diego? van der Vaart?
    Alle für knapp 8 bis 15 Millionen zu haben!
    Ab jetzt zieht das Gezeter nicht mehr, die Bundesliga könne durch mangelnde PayTV-Einnahmen keine guten Spieler mehr verpflichten. Klar wird sich der Druck auf gute Gehälter erhöhen. Aber das ist dann Sache zwischen Spieler und neuem Verein. Bisher scheitertern Transfers ja eher daran, dass der abgebende Verein mit der Ablösesummezahlung des neuen Vereins nicht einverstanden wird.
    Jetzt gibt es eben eine direkte Kopplung zwischen der internen Wertschätzung eines Spielers durch Gehaltshöhe und dem, was andere für ihn bieten müssen. Will ich viel Ablöse haben, muss ich Spieler gut bezahlen.


    Meines Erachtens ein Sieg für die Bundesliga.
    Hätte der gute Welt-Redakteur nicht nur die SID-Mitteilung und die Fifa-Presseerklärung abgetippt, wäre er vielleicht selbst drauf gekommen!


  • das Geld, was bisher für Ablösesummen aufgewandt wurde, wird doch dann vermutlich einfach ins Gehalt der Spieler gesteckt - insbesondere Top-Spieler dürften sich dann dumm und dämlich verdienen


  • Glaubst du das wirklich? Was meinst du wo das Geld hinfliesst, wenn es keine Ablösesummen für die Vereine gibt? In die Taschen der Speler und nirgendwo anders hin. Statt 20 oder 30 Millionen Ablöse für den Verein gibt es das jetzt als Handgeld. Es ändert nicht viel, es erhöht nur die Macht der Spieler.

    "Some people think football is a matter of life and death. I don't
    like that attitude. I can assure them it is much more serious than
    that."

  • Ja, aber genau das sage ich ja. Es liegt nun am Spieler und nicht mehr, wie so oft, an den abgebenden Vereinen. Und damit sind wir a) bei einem normalen Arbeitsverhältnis für Fußballer angekommen mit selbstbestimmter Arbeitsplatzwahl. Stell Dir vor, du arbeitest 4 Jahre bei deinem Arbeitgeber und du darfst nicht ordnungsgemäß kündigen und zu einem neuen Arbeitgeber gehen, bei dem es dir aus den diversen Gründen besser gefällt. Wo gibt's denn sowas? Im Sklavenhandel vielleicht.


    b) Glaube ich, dass die Bundesliga im Zweifel davon profitiert, weil nun nicht mehr nur Bayern München ins Gespräch mit Cikhouai (oder so :D ) treten darf, weil sie die Ablöseforderung des VEREINS erfüllen.

  • Zitat

    Original von Kirsten4Ever
    (...)
    b) Glaube ich, dass die Bundesliga im Zweifel davon profitiert, weil nun nicht mehr nur Bayern München ins Gespräch mit Cikhouai (oder so :D ) treten darf, weil sie die Ablöseforderung des VEREINS erfüllen.


    tja, dann dürfen wir zwar mit Chikhaoui sprechen. Aber wir werden dann nur erfahren, dass Bayern München ihm ein Gehalt bietet, welches wir nicht bezahlen können.


    Das Urteil stärkt die Freiheit der Spieler.


    Und Vereine wie wir, die von guten Ablösesummen zum guten Teil abhängig sind, schauen in die Röhre.


    Berbatov bspw. wäre dann für lau nach Tottenham gegangen. Ebenso Juan.

  • Also im großen und ganzen stimmt es ja was Kirsten4ever da geschrieben hat, der Fußballmarkt ist eine Moderner Sklavenhandel in dem Vereine Spieler durch die Weltgeschichte geschoben werden. Passt mir ein Spieler nicht mehr setzt ich ihn auf die Tribüne und erhöhe den Transferpreis (aktuelles Beispiel Schalke) oder schieb ihn ab, wie Bayern mit Elber und Kuffuor gemacht haben.
    Aber ich seh da kein Vorteil für die Bundesliga oder manch andere Ligen in Europa, weil es da nicht die Vereine gibt die dann die passenden Gehälter bezahlen können.
    Das mit den Gehälter könnte man meiner Meinung so regeln, das die am Verein gekoppelt sind (Vermögen / Infrastruktur), damit nicht mehr horrende Summe "Auf Pump" ausgegeben werden können wie damals Dortmund, jetzt Kaiserslautern oder wie in Spanien / Italien (die Stadien sind Schrott, mangelde Sicherheitvorkehrungen aber ein Kaka verdient Millionen). Es ist der erste Schritt in die richtige Richtung jedenfalls.

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  • Genau so sieht es aus. Es profitieren NUR die Spieler. Statt in Ablösesummen wird das Geld dann in Gehalt und Handgeld fliessen. Wir bekommen daher keine besseren Spieler, sonder es ist so wie lupo es sagt. Wir hätten bei z.Bsp. Juan oder Berbatov nix bekommen. Sehr übel.

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    that."

  • Ha ha ich lach mich tot, der Rummeneigge wieder. Alles was nicht sofort für die Bayern von Vorteil ist, ist sch.... (die mit ihren Transfer-Gebaren) Die jammern doch nur weil sie wissen das sie die Gehälter nicht mehr zahlen können. Und von wegen Planungssicherheit, es gibt Spieler die von Vereinen ständig ausgeliehen werden, obwohl die eigentlich nicht weg wollen. Sozusagen haben die auch keine Planungssicherheit.

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  • Das Urteil hat mich total geschockt... wie soll ma den da als Verein, der nich zu den top20 in Europa gehört, eine Mannschaft aufbauen, die im Kern für längere Jahre bestehen sein soll? Da kommt einfach einer der großen, lockt gute Spieler mit einem höheren Gehalt, und zack is der Kerl fast für lau weg...

  • Jetzt sind wohl die Juristen der Fifa gefragt, hier schnell eine Lösung zu finden, um den Klubs wieder mehr Vertragssicherheit bieten zu können. Das Urteil geht jedoch an der Realität vorbei. Wie sollen nun kleine Klubs Spieler verpflichten und mittelreiche Klubs wie wir diese länger als 3 Jahre halten könnnen? Ciao Barnetta, Rolfes, Kießling und Vidal...

  • Habt Ihr schon mal darüber nachgedacht das wir in Deutschland steuerrechtlich erhebliche Nachteile gegenüber allen anderen europäischen Ligen haben?


    Das bedeutet das die Flucht der guten Spieler in die Steueroasen noch größer wird und die Bundesliga weiter benachteiligt wird.

    Gruß GWM04


    Träume nicht Dein Leben sondern lebe Deine Träume. Vergiss aber nicth was dafür zu tun, denn geschenkt kriegst Du nix.