Fussball ist alles... auch schwul!

  • Fankultur
    Fußball ist auch schwul


    Früher haben sie sich versteckt, heute bringen sie Transparente im Stadion an: Schwule Fanklubs gibt es inzwischen fast überall in der Bundesliga. Die Fanklubs wollen auch Vorbild sein – damit sich vielleicht bald ein Spieler outet.



    An den Samstag vor zwei Jahren erinnert sich Werner genau. Es war der 21. Oktober 2006, ein Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach, als er und zwei Freunde sich im Berliner Olympiastadion über eine Ballustrade beugten und ein zwölf Meter langes, schmales Banner entrollten. „Fußball ist alles – auch schwul“ stand darauf in dicken schwarzen Lettern geschrieben. Dort, halb über das Geländer gelehnt, sah er aus den Augenwinkeln plötzlich hunderte Fotoblitze im gegenüberliegenden Fanblock aufleuchten. Werner schielte in Richtung Osttribüne, wo die Ultras sitzen. Auch von dort war das Banner gut zu lesen. „Ich war schon nervös“, gesteht er heute und grinst. Doch die Osttribüne verhielt sich ruhig, die Fotoblitze wurden weniger – seitdem hängt so ein Banner immer im Stadion, bei jedem Spiel von Hertha BSC.


    Werner, groß und gebräunt, im blauen Poloshirt, ist 42 Jahre alt, Fußballfan – und der zweite Vorsitzende des schwul-lesbischen Hertha-Fanklubs, der Hertha-Junxx. Doch, großes Stadion-Banner hin oder her, seinen Nachnamen möchte er lieber nicht in der Zeitung lesen. Gegründet im Jahr 2001, waren die Berliner Junxx der erste schwul-lesbische Fanklub in Deutschland. Inzwischen gibt es davon ein gutes Dutzend, etwa in München und Dortmund, Stuttgart und Hamburg, Bielefeld oder Köln.


    Beleidigungen kommen sogar von Offiziellen


    Gegründet wurden sie alle, weil ihre Mitglieder genug hatten von homophoben Sprechchören und Witzen im Stadion, von Fans, die den Schiedsrichter als „schwule Sau“, das Spiel der gegnerischen Mannschaft als „schwuchtelig“ und den feindlichen Torwart hämisch als „homosexuell“ bezeichneten. Eine gute Abwehr bestehe aus Schwulen, „weil die von hinten richtig Druck machen“, lautet nur einer der vielen Witze, die unter Fußballfreunden kursieren. Mehr noch: die Beleidigungen schallen nicht nur über die Ränge im Stadion, sondern kommen sogar von Offiziellen. Erst Ende Mai 2008 sprach der Kölner Trainer Christoph Daum im Zusammenhang mit Homosexualität von notwendigem Jugendschutz. Inzwischen hat er sich beim schwulen Fanklub des 1. FC Köln, „Andersrum Rut-Wiess“, entschuldigt.


    Für die homophobe Stimmung im Stadion haben die Hertha-Junxx eine einfache Erklärung. „Fußball ist die letzte Bastion der Männlichkeit“, meint Werners Freund Heinrich. Homosexualität werde als Angriff auf diese Männlichkeit gesehen. „Dabei“, sagt er und schüttelt verständnislos den Kopf, „hat die sexuelle Orientierung mit Fußball nichts zu tun“. So treffen sich auch die Hertha-Junxx vor allem wegen ihrer Begeisterung für Fußball – nicht wegen der Vorliebe fürs gleiche Geschlecht. Rund 40 Mitglieder im Alter von 18 bis Anfang 40 zählt der Klub zur Zeit, etwa 20 von ihnen engagieren sich aktiv und zehn gehen auch regelmäßig zusammen ins Stadion. Schwul sein ist für sie der gemeinsame Nenner, der das Zusammensein angenehmer macht. Nicht nur im Stadion, sondern auch beim Fußballspielen im Tiergarten, beim Grillen oder in der Kneipe.


    Das Spiel mit Sieg oder Niederlage steht im Vordergrund


    Ähnlich beschreibt es auch Dirk Brüllau, 45, vom FC-Bayern-Fanklub Queerpass. Dass sich Schwule oder Lesben in einem Fanklub zusammenfinden, sei absolut verständlich. „Kaffeetrinker und Südkurvensteher haben sich ja auch organisiert“, sagt er. Klar diskutierten die Männer von Queerpass (momentan gibt es nur drei weibliche Mitglieder) auch über attraktive Spieler, Lukas Podolski zum Beispiel oder Philipp Lahm. Auch die Berliner Junxx schwärmen – für Arne Friedrich. Und läuft Patrick Ebert ein, dann schallt es aus ihrer Ecke schon mal „Du hast die Haare schön“.


    Doch das Spiel mit Sieg oder Niederlage, so betonen die Klubs, stehe natürlich im Vordergrund. Denn in erster Linie seien sie eben Fußballfans, die sich aktiv gegen Diskriminierungen jeder Art einsetzten. Wie viel Arbeit da noch zu leisten ist, wissen sie alle, egal ob in Berlin oder München. Neulich, beim Fußballschauen in der Kneipe – Hertha verlor gegen Bayern – hat Werner einen pöbelnden Fan zur Rede gestellt. „Zieht den schwulen Bayern die Lederhosen aus“, sang der.


    Für Toleranz werben – aber nicht verprügelt werden


    Dirk Brüllau erzählt, dass manche Queerpass-Mitglieder darum bitten, keine Post vom Fanklub mehr zu bekommen, weil das Logo auf dem Umschlag abgebildet ist. Der Briefträger könnte es ja sehen. Eigentlich tragen die Bayern-Fans auch Queerpass-Trikots, doch wer nach dem Spiel mit der S-Bahn zurück ins Münchner Umland fährt, zieht lieber eine Jacke drüber. Sie wollen zwar Präsenz zeigen, für Toleranz werben – aber nicht verprügelt werden.


    „Mit der Kennzeichnung ,schwul-lesbisch’ diskriminiert ihr euch doch selbst“, lautet ein Vorwurf, den sich die Fanklubs oft anhören müssen. „Das ist natürlich schwierig zu widerlegen“, sagt Tanja Walther-Ahrens. Die 37-jährige, ehemalige Spielerin von Turbine Potsdam engagiert sich schon seit Jahren gegen Diskriminierung und Homophobie im Stadion und ist Projektleiterin bei der European Gay and Lesbian Sport Federation (EGLSF).


    Hochrangigen Verbündeten: DFB-Chef Theo Zwanziger


    Die Fanklubs sieht sie nicht als schwules Ghetto, sondern als eine Art „Schutzraum, in dem die Leute endlich sein können, wie sie wollen“. Mit Aktionsabenden gegen Homophobie, die der EGLSF gemeinsam mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) organisierte, will Walther-Ahrens das Thema weiter in die Öffentlichkeit bringen. Zwei der Abende fanden bereits statt, in Köln und Berlin. Vereine und Verbände unterschrieben dabei eine Erklärung gegen Diskriminierung. Ob sich langfristig etwas ändert, wird sich zeigen. Doch die Ex-Fußballerin ist überzeugt: „Wir müssen immer wieder darauf hinweisen und dürfen nicht aufhören.“


    Bei den Vereinen integriert und akzeptiert, haben die Fanklubs seit einigen Jahren auch einen hochrangigen Verbündeten: DFB-Chef Theo Zwanziger. Der bekundet nicht nur öffentlich sein Interesse an Frauenfußball, sondern kämpft mit seinem Verband seit 2007 auch offiziell gegen Homophobie. „Es ist uns wichtig, dass Diskriminierung jeder Art, auch Homophobie, abgelehnt wird“, sagt Harald Stenger, Mediendirektor des DFB. In der Rechts- und Verfahrensordnung des Verbandes sind Sanktionen gegen schwulenfeindliche Äußerungen allerdings nicht explizit vorgesehen. Ob so etwas bestraft wird, muss, so sagt Stenger, „von Fall zu Fall entschieden werden“.


    Momentan wäre das Coming-out eines Spielers sein Karriereende


    Durch ihre Präsenz in der Bundesliga wollen die schwul-lesbischen Fanklubs nicht nur homophobe Sprüche unterdrücken, sondern auch Vorbild sein. Für die potenziellen schwulen Spieler, die es in der Liga möglicherweise gibt. Natürlich kursieren Gerüchte. „Die Spieler müssen das Gefühl haben, dass die Fans hinter ihnen stehen“, sagt Werner. Dass sich jemand in den nächsten Jahren outet, ist sein größter Wunsch.


    Momentan, so sind sich alle einig, wäre das Coming-out eines Spielers jedoch sein sicheres Karriereende. Denn was derjenige von den eigenen Mannschaftskollegen, vor allem aber von den gegnerischen Fans einstecken müsste, sei noch immer kaum auszumalen. Positive Gegenbeispiele gibt es im Fußball nicht. Justin Fashanu, der einzige Profi, der je die Courage für ein Coming-out besaß, scheiterte. Der Brite outete sich 1990 – und nahm sich acht Jahre später, verfolgt von Presse und Öffentlichkeit, das Leben.


    [URL=http://www.tagesspiegel.de/sport/Fankultur-Fussball-schwul;art272,2622661]Tagesspiegel[/URL]

  • Homophobie und Fußball: Regenbogen über der Kurve

    Offener Rassismus wurde aus den Profiligen verdrängt. Fans flüchten sich stattdessen in weniger tabuisierte Diskriminierungsformen – unter anderem in Homophobie. Doch Aktivis ten wie Tanja Walther, schwullesbische Fanklubs oder der DFB wollen die Ausgrenzung nicht akzeptieren, sie engagieren sich gezielt für ein toleranteres Klima. Der Journalist Ronny Blaschke, Autor von „Versteckspieler“, dem ersten Buch über Homosexualität im Fußball, über den Beginn einer wichtigen Bewusstseinsbildung.


    Tanja Walther sagt, sie sei immer ein biss chen rebellisch gewesen, schon während ihrer Jugend auf dem Dorf. In den 90er-Jahren war sie für Tennis Borussia Berlin und Turbine Potsdam aktiv. Sie war eine der wenigen Fußballerinnen, die ihre Homosexualität nie geheim gehalten haben, sie nahm regelmäßig an schwullesbischen Turnieren teil. Oft nahm sie dafür Widerstand in Kauf. Eine Trainerin in Berlin untersagte Tanja Walther einmal, mit ihrer Freundin Hand in Hand über das Trainingsgelände zu gehen, sie hätten von Mädchen aus der Jugendabteilung gesehen werden können. Walther machte damals deutlich: „Wenn wir nicht dazu stehen, wie können wir das von anderen verlangen? Wer ein Problem mit mir hatte, sollte mir das ins Gesicht sagen.“ Dies äußert sie manchmal noch heute mit Nachdruck.


    Seit dem Ende ihrer Karriere 1998 engagiert sich Tanja Walther gegen Homophobie im Fußball. Sie ist Mitglied des Frauen- und Lesbensportvereins Seitenwechsel in Berlin und arbeitet als Botschafterin in der European Gay and Lesbian Sport Federation (EGLSF), dem schwullesbischen Sportverband Europas. Auf der Antirassismus-Konferenz der Europäischen Fußball-Union (UEFA) 2006 bot die Sportlehrerin einen viel beachteten Workshop an. Zudem organisierte sie zwei Aktionsabende gegen Homophobie. Bei der zweiten Veranstaltung im vergangenen Mai in Köln begrüßte sie DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger. Die Arbeit Walthers durchzieht ein Leitmotiv: der Kampf gegen das Klischee.


    Mit den klassischen Rollenmustern kam Walther bereits während ihrer Kindheit in Berührung. Ihre Großmutter hatte sich gewünscht, dass sie mit Puppen spielen würde, aber die interessierten sie nicht. Tanja Walther brauchte Bewegung, sie tobte im Garten herum, schlug sich die Knie auf und kam nach Hause, wenn es dunkel wurde. Die Verpflichtung, sich weiblich verhalten zu müssen, nach einem altertümlichen Muster, zurückhaltend, weich, ignorierte sie – damals und jetzt.


    Es sind jene Vorurteile, die oft die Ursachen für Sexismus und Homophobie sind. Der Fußball, Volkssport Nummer eins, gleicht einem Brennglas, in dem gesellschaftspolitische Probleme verschärft wahrgenommen werden. Darüber hinaus besitzt der Fußball – anders als die Einzelsportarten, anders als Politik, Kultur, Wirtschaft – eine hohe Körperlichkeit. Spieler reißen sich nach geschossenen Toren die Trikots vom Leib, umarmen sich. Die Kulturwissenschaftlerin Dr. Tatjana Eggeling be zeichnete dieses Verhalten als eine mit „Ruppigkeit gepaarte Zärtlichkeit“. An Sexualität denkt dabei niemand.


    Stadien und Spielfelder sind nicht schwulen- und lesbenfeindlicher als andere Bereiche der Gesellschaft. Laut der Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ des Bielefelder Gewaltforschers Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer hielten 21,8 Prozent der Befragten Homosexualität im Jahr 2006 für unmoralisch. Dieser Trend dringt auf den Tribünen durch Schmähgesänge deutlicher an die Oberfläche als im Arbeits alltag oder daheim am Kaffeetisch, schließlich spielen Anonymität und Massen eine wichtige Rolle, wenn es um den Ausbruch von Frustrationen geht. So war es auch in den 80er- und frühen 90er-Jahren gewesen, als Bundesligastadien als Bühnen für offenen Rassismus missbraucht wurden.


    Rassistische Gesänge sind danach in Fußball-Kreisen noch intensiver als ohnehin bekämpft worden, sie sind nicht ganz verschwunden, sondern verdrängt worden. Durch diese Tabuisierung flüchten sich manche Anhänger in andere Diskriminierungsformen, unter anderem in Homophobie. „Wir müssen ein Klima schaffen, in dem sich Schwulen und Lesben nicht bedroht fühlen“, sagt Tanja Walther, die mit dem DFB eine intensive Zusammenarbeit pflegt. Auf dem ersten bundesweiten Fankongress 2007 in Leipzig tauschte sie sich daher lange mit Dr. Theo Zwanziger aus. „Wir hatten Homophobie lange nicht im Blickfeld, das räume ich freimütig ein. Ich habe gemerkt, dass wir hier Nachholbedarf haben und uns intensiver aufstellen müssen“, betont der DFB-Präsident.


    Und geht in die Offensive. Auf fast jeder Veranstaltung streut er Sätze über die Bekämpfung von Gewalt und Diskriminierung ein. Als er in den 60er- und 70er-Jahren für seinen Heimatverein spielte, den VfL Altendiez in Rheinland-Pfalz, stand Homosexualität noch unter Strafe. Hätte sich jemand in seiner Mannschaft bekannt, hätte er großen Druck aushalten müssen. Wie würde er heute reagieren? „Wenn ein Spieler käme und mich um Rat fragen würde, dann würde ich sagen: Hab’ den Mut. Wenn er Argumente nennt, die dagegen sprechen, sich zu outen, würde ich versuchen, diese Argumente zu reduzieren. Ich werde aber nie sagen: Du musst ein Vorzeigesportler sein. Eine öffentliche Aufforderung halte ich für respektlos. Doch meine Pflicht ist es, ein Bewusstsein zu schaffen, damit das Ganze nicht zu einem Spießrutenlauf wird.“ Allmählich wächst das Bewusstsein für Toleranz. Der DFB unterstützte im vergangenen Juli zum ersten Mal einen Wagen der schwullesbischen Fanklubs auf dem Christopher Street Day in Köln.


    „Wir haben endlich das Gefühl, dass wir ernst genommen werden“, sagt Christian Deker. Er hat sich viele Gedanken gemacht, wie die Ver bindung zwischen Fußball und seinem Pri vatleben ihm schaden könnte. Denn einmal erhielt er im Internet eine Morddrohung. Ein anderes Mal tauchten Fotos von ihm im Netz auf, niemand hatte ihn um Erlaubnis gebeten.


    Christian Deker ist Sprecher der Stuttgarter Junxx, des ersten schwullesbischen Fanklubs des VfB Stuttgart. „Wir wollen zeigen, dass die Verbindung Fußball und Homosexualität kein Widerspruch ist“, sagt Deker. Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Mitglieder der Stuttgarter Junxx nicht von ihren Kollegen anderer Fanklubs. Sie gehen ins Stadion, singen, schreien, schimpfen und klatschen. Doch die Junxx sind nicht nur Treffpunkt und Pilgerstätte, sie sind auch ein politisches Forum. Ihre Regenbogenfahne, Symbol der Schwulenbewegung, haben sie immer dabei.

    Den ersten Schritt in diese Richtung wagten Fans aus der Hauptstadt: 2001 gründeten sich die Hertha-Junxx. Der Bundesligist sagte seine Un ter stützung sofort zu, er stellte den Fanklub in seinem Magazin vor, die Mitgliederzahl wuchs, wenngleich nicht alle zu den Spielen kommen. „Wir holen das Thema aus der Schmuddelecke“, sagt Mitglied Werner Pohlenz, „und wir zeigen, dass das Leben von Homosexuellen normal und langweilig sein kann wie das von Heterosexuellen. Diese Akzeptanzarbeit ist uns wichtig.“ Inzwischen ist aus dem Fanklub ein eingetragener Verein geworden.


    Das Modell machte Schule. Nach den Hertha-Junxx entstanden Queerpass in St. Pauli, die Rainbow-Borussen in Dortmund oder die Stuttgarter Junxx. Mitte des Jahres 2008 waren zwölf schwullesbische Fanklubs deutscher Vereine gegründet worden. Sie schlossen sich in einem Netzwerk zusammen, das den Titel Queer Football Fanclubs trägt, hinzu kamen Queerpass Basel vom FC Basel, die Wankdorf-Junxx von den Young Boys Bern und Penya Blaugrana vom FC Barcelona. Weitere Gründungen sind in Planung. „Sie sind hoffentlich erst der Anfang“, sagt Tanja Walther. Die Fanklubs wollen auf Veranstaltungen weiter auf sich aufmerksam machen.


    Widerstand gegen Klubgründungen leisten nur noch wenige Vereine. „Wir müssen weiter in die Fortbildung investieren und die Kommunikation verbessern“, fordert Tanja Walther. Die EGLSF, gegründet 1989, ist auf diesem Weg eine wichtige Institution. Das Netzwerk vertritt 10.000 Mitglieder aus 100 Organisationen und Vereinen in 15 Ländern, es kooperiert mit dem Europarat, der Europäischen Union oder der Internationalen Lesben und Schwulen-Vereinigung (ILGA). Die EGLSF vergibt die EuroGames, ein sportliches Großereignis, bei dem ebenso für Toleranz geworben wird wie bei den Outgames oder den Turnieren des Fußball-Weltverbandes für Lesben und Schwule (ILGFA). Die Gay Games, die Olympischen Spiele für Homosexuelle, finden 2010 in Köln statt.


    Die Spiele sollen ein weiteres Zeichen in Deutschland setzen, wo dutzende Sportvereine für Homosexuelle gegründet worden sind. Vereine wie Vorspiel oder Seitenwechsel in Berlin, Warminia in Bielefeld, Queerschläger in Chemnitz, Startschuss in Hamburg, Janus in Köln oder Rosalöwen in Leipzig. Viele von ihnen, besonders außerhalb der großen Städte, haben es schwer, Sponsoren zu finden. Ihr Ziel ist sportliche Normalität: Leis tungen steigern, Wettkämpfe gewinnen – ohne sich dabei als Minderheit zu fühlen.


    DFB.de




    Tolerantia-Preis für Dr. Zwanziger, Philipp Lahm und Tanja Walther

    DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger, Nationalspieler Philipp Lahm und Tanja Walther, die Repräsentantin der European Gay and Lesbian Sport Federation, wurden am Dienstag zu Beginn des öffentlichen Trainings der Nationalmannschaft in Düsseldorf mit dem Tolerantia-Preis ausgezeichnet.


    Bastian Finke, der Leiter des schwulen Anti-Gewalt-Projekts, nahm die Ehrung in der LTU-Arena vor. Der Preis wird alljährlich in Frankreich, Polen und Deutschland an Personen vergeben, die sich gegen Diskriminierung, Hass und Gewalt engagiert.


    Tanja Walther und Dr. Zwanziger wurden für ihr Eintreten im Kampf gegen Homophobie im Sport ausgezeichnet. Philipp Lahm wurde der Preis verliehen, weil er sich in einem Interview mit einem Schwulen-Magazin klar gegen die Diskriminierung von Homosexuellen positioniert hatte.



    Ebenfalls erschienen auf DFB.de

  • [URL=http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,582530,00.html]HOMOSEXUALITÄT IM FUSSBALL
    Das Talent, das sich verstecken musste[/URL]

    Marcus Urban galt als begnadeter Jugend-Nationalspieler der DDR - den Sprung zu den Profis schaffte er nie. Die Angst, geoutet zu werden, stand der Karriere des schwulen Fußballers im Weg. Ronny Blaschke hat seine Laufbahn in einem Buch nachgezeichnet.




    Sehr lesenswerter drei Seiten Bericht im Spiegel Online. Ein Bericht über einen ehemaligen Jugend Nationalspieler der DDR, der unteranderem mit oder gegen Enke, Schnix oder Linke gespielt hat.

  • Mindestens "ein dutzend schwule Profis" in England

    In England hat der ehemalige Fußballprofi Paul Elliott laut Internetmagazin ggg.at öffentlich bekannt, während seiner Karriere einem Dutzend schwuler Spieler begegnet zu sein. Elliot hat zwölf Jahre als Profi bei Celtic, Chelsea und Aston Villa gespielt. Jetzt ist er Berater bei der Kommission für Gleichheit und Menschenrechte. Im Rahmen einer Diskussion des Englischen Fußballverbandes über Homophobie sagte er, diese Spieler outen sich nicht, weil sie Angst vor der Reaktion ihrer Fans haben.


    Der britische Homo-Aktivist Peter Tatchell sagte bei der Veranstaltung: "Ich würde mich freuen, wenn ein dutzend heterosexueller Premier-League-Spieler Homophobie in einem Video im MTV-Style verurteilen. Heteros haben die größte Wirkung auf schwulenfeindliche Fans", so Tatchell. Dieses Video könnte vor Spielen gezeigt und an Schulen verteilt werden.


    Aufklärung in diesem Bereich ist wichtig: In einer Umfrage aus dem Jahr 2006 glauben 56% der Fußballer, dass ihre Sportart homophob ist. Die Organisation "Kick It Out" hat deshalb auch einen Schwerpunkt gestartet, um in mehr als 1000 Veranstaltungen Vorurteile abzubauen und für Vielfalt zu werben.


    Bis jetzt hat sich nur ein englischer Spieler geoutet: Justin Fashanu hat 1990 zugegeben, schwul zu sein. Acht Jahre später begang er Selbstmord.


    Mehr dazu:
    Daily Mail Online: Former Chelsea and Celtic star Paul Elliott goes to war on anti-gay culture

    Quelle: QFF

  • (K)ein ganz normaler Fanclub


    Er ist einer von inzwischen weit über 300 offiziellen Fanclubs von Bayer 04 Leverkusen. Der Fanclub Bayer 04-Junxx ist aber kein ganz gewöhnlicher, denn die Junxx sind der erste schwul-lesbische Fanclub der Werkself.


    Wobei die Junxx gar nicht viel Aufhebens um schwul oder lesbisch machen. "Wir sind in erster Linie Fans von Bayer 04. Bei uns können alle Mitglieder werden, egal ob homo- oder heterosexuell - das spielt überhaupt keine Rolle", sagt Jens Langenberg.


    Offene Türen eingerannt


    Der 28-Jährige ist der Vorsitzende des Fanclubs, der sich offiziell Anfang dieses Jahres gegründet hat. Nach reiflicher Überlegung und vielen Gesprächen. "Wir waren uns nicht sicher, ob die Zeit für einen schwul-lesbischen Fanclub in einer kleinen und eher konservativen Stadt wie Leverkusen schon reif war", erzählt Langenberg.


    Doch bei Bayer 04 rannten die Junxx offene Türen ein. Der Fanbeauftragte Andreas "Paffi" Paffrath nahm Langenberg in einem ausführlichen Gespräch die Unsicherheit; "überreif" sei die Zeit für die Fanclub-Gründung.


    Letzter Anstoß durch Kölner Fanclub


    Den alles entscheidenden letzten Anstoß gab ausgerechnet der 1. FC Kön. Genauer gesagt der schwul-lesbische Fanclub "Andersrum Rut-Wiess", der im November 2007 gegründet wurde. "Wir haben uns gesagt: Was die Kölner können, das können wir schon lange", sagt Langenberg.


    Natürlich treten die Junxx entschlossen gegen Homophobie ein, nehmen aber die im Fußball üblichen Sprüche und Gesänge mit Humor.


    Mit zehn Mitgliedern haben die Junxx begonnen, heute sind es schon 16 - darunter drei Heteros. Die Junxx sind auch im Dachverband Queer Football Fanclubs (QFF) organisiert, zu dem zwölf gleichgesinnte deutsche Fanclubs gehören, sowie zwei aus der Schweiz und einer aus Barcelona.


    Teilnahme am Christopher Street Day


    Ein Höhepunkt für die Junxx und die anderen Teilnehmer aus dem QFF war im Sommer die Teilnahme am Christopher Street Day (CSD) in Köln, der größten schwul-lesbischen Parade in Europa: vor über einer Million Zuschauer.


    "Ein Riesen-Erlebnis", erinnert sich Langenberg an die CSD-Parade, von der sogar Bayer 04-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und Sportchef Rudi Völler einen Erlebnisbericht hören wollten.


    Heiß auf das Derby


    Traten die Junxx beim CSD noch gemeinsam mit den befreundeten Fanclubs aus Köln, Dortmund und München auf, so ruht am Spieltag für 90 Minuten jede Freundschaft - wie bei allen anderen Fanclubs eben auch.


    Erst recht vor dem Derby gegen den 1. FC Köln, bestätigt Langenberg: "Seit dem Aufstieg der Kölner freuen wir uns auf dieses Spiel. Auch wenn wir uns sonst mit Rut-Wiess gut verstehen, am Freitagabend zählt für uns nur der Derbysieg. Ganz klar, das ist für uns kein Spiel wie jedes andere."


    Bundesliga.de

  • Sollen schwule Fußballer sich outen?


    Im Sportclub (Sonntag, 26.10.08 um 22.45 Uhr im NDR) diskutieren wir die Frage, ob schwule Fußballer sich outen sollen. Dazu im Studio Marcus Urban, ein ehemaliger Jugendnationalspieler, der sich nach seiner Karriere öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt hat und ein freiberuflicher Journalist, der sich mit zwei gegenwärtig aktiven schwulen Profis getroffen und mit ihnen gesprochen hat.



    [URL=http://www3.ndr.de/ndrtv_pages_std/0,3147,SPM2470,00.html?redir=1]NDR[/URL]



  • jetzt im NDR....


    falls es jemanden interessiert....

  • Die DSF-Reportage wird am Freitag um 20:15 wiederholt! Hab eben folgende E-Mail bekommen..






    Eine wirklich gute und sehenswerte Reportage vom DSF!


  • Das ist doch die Sendung mit dem viel zitierten Daum-Zitat, oder? Hatten wir da nicht einen Bereich wo wir drüber diskutiert hatten?

    Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein. (Albert Einstein)
    Ich bin zu alt, um von der Angst vor dummen Menschen beherrscht zu werden. (Charlie Skinner)

  • Der Bericht war wirklich gut. Aber Basler war besser als :LEV18

    Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein. (Albert Einstein)
    Ich bin zu alt, um von der Angst vor dummen Menschen beherrscht zu werden. (Charlie Skinner)

  • DSF Reportage
    Homosexualität und Fußball
    Heute, 20:15



    Homosexualität und Fußball scheinen noch immer unvereinbare Gegensätze. Fußball gilt als Macho-Sport - reserviert für echte Kerle. Dabei kennen echte Kerle untereinander z.B. beim Torjubel kaum Berührungsängste. Toleriert werden diese Körperkontakte aber nur in einer garantiert schwulenfreien Welt. Dabei müsste - rein statistisch betrachtet - einer von elf Bundesligaspielern homosexuell sein. Sie führen oft ein Doppelleben. Viele sind verheiratet und verheimlichen ihre Homosexualität vor der Ehefrau, sie bringen zu Vereinsfeiern die eingeweihte beste Freundin mit oder Hostessen spielen die Lebensgefährtin. Sie müssen sich verleugnen - vor dem Trainer, der Mannschaft und den Medien. In der DSF Dokumentation "Das große Tabu - Homosexualität & Fußball" äußern sich bekannte Fußballer und Funktionäre wie DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger, Bundestrainer Joachim Löw, Nationalspieler Philipp Lahm und Köln-Trainer Christoph Daum zu dem Thema. Auch Marcus Urban, ehemaliger DDR-Jugendauswahlspieler, kommt zu Wort. Er stand bei Rot-Weiß Erfurt unter Vertrag bis er mit 20 Jahren aufgrund seiner Homosexualität seine Karriere beendete. Erzählt wird auch die Geschichte der deutschen Ex-Nationalspielerin Anouschka Bernhard (Europameisterin, Vize-Weltmeisterin 1995), die zum ersten Mal öffentlich über ihre Homosexualität spricht.


    dsf.de

  • Andersrum im Stadion: Homosexualität und Fußball




    Homosexualität im Fußball ist ein Tabu. Dafür, dass sich das ändert, kämpft der schwule Ex-Fußballer Marcus Urban. Gleichzeitig bauen schwul-lesbische Fanclubs wie die Rainbow-Borussen an der Basis Vorurteile ab.



    Die Südtribüne im Dortmunder Westfalenstadion ist ein schwarz-gelbes Meer, das im Takt hin und her wogt. Mitten drin auf Block 14: Alexander, Jens und ihre Freunde. Sie schauen mit feuchten Augen auf den Scheinwerfer-bestrahlten Rasen unter ihnen und halten ihre Schals nach oben. "Rainbow-Borussen" steht drauf. Das Gruppengefühl hüllt alle ein. Eine halbe Stunde später ist das Spiel gegen Herta BSC in vollem Gange.


    Schwul oder hetero - bei Fußballfans egal?


    "Herr Sobotic, aufwachen, Torgefahr!", ruft Alexander der Nummer Vier auf dem Spielfeld zu. Die Rainbow-Borussen benutzen weniger Kraftausdrücke als der Prototyp des Borussiafans. Was die Liebe für den Verein angeht, unterscheidet sie aber nichts von ihren Nachbarn auf der Südtribüne. Man kenne sich inzwischen, sagt Jens, der Präsident der Rainbow-Borussen: "Das ist ne richtig schöne Clique, die da entstanden ist." Als er einem Block-Nachbarn mal gesagt habe, er sei schwul, habe der andere zwei kurze Sätze darüber verloren - dann war das Thema schon wieder Fußball, erzählt Jens.


    Es scheint also ganz einfach zu sein, sich als schwuler Fußballfan zu outen. Aber ist die Idylle der hunderttausend Freunde im Stadion Wirklichkeit, wie sie die Fans besingen? Im deutschen Profifußball hat sich noch kein Spieler zu seiner Liebe zu Männern bekannt. Die Angst, in der Männerdomäne Fußball verachtet und ausgegrenzt zu werden, ist nach wie vor groß.


    Versteckspiel im Sportlerinternat


    Der ehemalige DDR-Jugendnationalspieler Marcus Urban kämpft dafür, dass das anders wird. Der Sportjournalist Ronny Blaschke hat seine Geschichte in dem Buch Versteckspieler festgehalten. Marcus Urban durchlief als Jugendlicher einen Alptraum: Im Sportlerinternat merkte er, dass er auf Männer steht. Das Thema wurde in den 80er Jahren in der DDR noch tot geschwiegen. Niemand klärte Marcus auf, er fühlte sich abnormal.



    Umgeben von Jungs und Männern versuchte er, vergeblich, seine Gedanken weg zu schieben. Er trainierte immer härter, um sich abzulenken. Damit die anderen nur ja nichts merkten, gab Marcus sich betont männlich, riss Machowitze und gab sogar vor, für Frauen zu schwärmen.


    Aus der Traum


    Anfang der 90er Jahre war Marcus Urban kurz davor, in die zweite Bundesliga aufzusteigen. Er brach seine Karriere ab, weil er es nicht mehr aushielt, sich ständig verstellen zu müssen.


    Noch heute hat er psychische Probleme wegen der Gefühle, die er in der Vergangenheit unterdrückt hatte. Dabei hat sich Urban am meisten selbst unter Druck gesetzt: Als Schwuler beschimpft wurde er nie, sagt Blaschke. Der Journalist glaubt nicht an den Spießrutenlauf, den viele dem ersten bekennenden schwulen Bundesligaspieler prophezeien. Trotzdem bezweifelt er, dass sich so schnell jemand im Profifußball outen wird.


    Am leichtesten wäre es noch für einen ehemaligen Spieler, der seine Karriere schon hinter sich hat, glaubt Blaschke. Am Besten ein Spieler, der als sehr männlich gilt und gleichzeitig erfolgreich war. "Wenn jemand wie Oliver Kahn sagen würde, er wäre schwul - auch wenn Kahn meines Wissens nicht schwul ist - hätte die Fußballwelt ihre Vorbildrolle", sagt Blaschke.


    Auf Schreihälse zugehen


    Bis so ein Beispiel eintritt, versuchen schwul-lesbische Fanclubs wie die Rainbow-Borussen in den Stadien für mehr Offenheit zu sorgen. Schwulenfeindlichkeit persönlich auf die Leute zuzugehen, bringe viel mehr, als sämtliche Anti-Homophobie-Kampagnen im Stadion, sagt Alexander. Ein Beispiel: Ein befreundeter Fanclub hörte hinter sich das Gebrüll: "Wiese ist `ne schwule Sau". Es ging um den Bremer Torwart, erzählt Alexander. Sein Bekannter sprach darauf hin einen der Schreihälse an und sagte, er sei selber schwul und fühle sich diskriminiert. Daraus sei ein interessanter Dialog entstanden, bei dem der Fan sich für seine schwulenfeindlichen Sprüche entschuldigt habe.


    [URL=http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,3766805,00.html]Deutsche Welle[/URL]




    Audiodatein zum Bericht:


    [URL=http://www.dw-world.de/popups/popup_single_mediaplayer/0,,3767251_type_audio_struct_12285,00.html?mytitle=Alexander%2Bbleibt%2Bgelassen%252C%2Bwenn%2Ber%2BFans%2Bim%2BStadion%2B%2522schwule%2BSau%2522%2Brufen%2Bh%25C3%25B6rt] Alexander bleibt gelassen, wenn er Fans im Stadion "schwule Sau" rufen hört[/URL]



    [URL=http://www.dw-world.de/popups/popup_single_mediaplayer/0,,3767248_type_audio_struct_12285,00.html?mytitle=Ronny%2BBlaschke%253A%2BFr%25C3%25BCher%2Bwurden%2BSchwarze%2Bdiskriminiert%252C%2Bheute%2BSchwule]Ronny Blaschke: Früher wurden Schwarze diskriminiert, heute Schwule [/URL]


    Weitere Audiodateien unter dem Link zum Artikel.

  • "Nur für harte Männer?"
    Warum Homosexualität immer noch ein Tabu-Thema im Fußball ist



    Das WDR-Fernsehen zeigt heute Abend (Montag, 24.11.2008) um 22.45 Uhr im Magazin "sport inside" den Beitrag "Nur für harte Männer? Warum Homosexualität im Profifußball immer noch ein großes Tabuthema ist" von Jochen Leufgens



    Montag, 24. November 2008, 22.45 - 23.15 Uhr .
    Dienstag, 25. November 2008, 09.20 - 09.50 Uhr (Wdh.).


    Nur etwas für harte Jungs? Im Fußball geht es oft auf die Knochen.Bisher ist aus den deutschen Profiligen kein Fall eines schwulen Fußballspielers bekannt. Doch kann das sein? Rund 1.000 Fußballprofis gibt es Deutschland und keiner ist schwul? „Es gibt unzählige schwule Kicker in allen Ligen, nur sind die meistens nicht bekannt, noch nicht einmal ihren Mitspielern“, sagt Marcus Urban in sport inside. Urban ist selbst schwul, brach seine Profikarriere bei Rot-Weiß Erfurt aber ab, als er sich eingestand, Männer zu lieben. Aus Angst vor Reaktionen der Spieler und Fans zog er sich aus dem Fußball zurück.


    Schwule Fußballprofis verstecken sich, haben oft zum Schein eine Freundin oder sind sogar verheiratet. „Nicht wenige schwule Spieler leiden unter Ängsten oder Depressionen“, erzählt Martin Schweer in sport inside. Er berät schwule Spieler, darunter auch Profis. Ständig müssten sie sich selbst verleugnen. Noch größer aber sei die Angst davor, erkannt zu werden oder sich zu outen. Existenzangst. Das Coming Out würde wohl mindestens einen Karriereknick, wenn nicht gar das Ende bedeuten. sport inside zeigt wie sehr schwule Fußballprofis unter Druck stehen und geht der Frage nach, ob Fußball und Homosexualität tatsächlich nicht miteinander vereinbar sind.

  • HOMOSEXUELLE FUSSBALLFANS
    Angefeindet, aber nicht eingeknickt

    Von Ronny Blaschke


    Der Trend ist unumkehrbar: Immer mehr schwullesbische Fanclubs werben in den Fußballstadien um Akzeptanz. Doch weiterhin gibt es große Widerstände in vielen Vereinen. Die Aktivisten denken dennoch nicht daran aufzugeben.


    Wenn ihn jemand verprügeln würde, wäre es schlimm. Aber wenn jemand seine Mutter zu Hause anrufen und ihr drohen würde, wäre es unerträglich. Christian Deker hat sich viele Gedanken gemacht, wie die Verbindung zwischen Fußball und Privatleben seinem Umfeld schaden könnte. Einmal erhielt er eine Morddrohung, in der Anonymität des Internets. Er war eingeschüchtert, der Absender hatte sein Ziel erreicht.



    Ein anderes Mal tauchten Fotos von ihm im Netz auf, niemand hatte ihn um Erlaubnis gebeten. "Damit müssen wir leider leben", sagt Deker. Er ist kein Politiker, Gerichtsvollzieher oder Insolvenzverwalter, er hat keinen Beruf, dem das Volk gern seinen Zorn aufbürdet. Er ist Fußballfan und homosexuell, nicht im Verborgenen, er trägt diese Kombination in die Öffentlichkeit, für ihn ist das normal wie Zähneputzen nach dem Aufstehen - für andere ist es das nicht.


    Deker, Mitte 20, hat Jura studiert und sich inzwischen einen Namen als Journalist gemacht. Auch deshalb wurde er zum Sprecher der Stuttgarter Junxx ernannt, des ersten schwullesbischen Fanclubs des VfB Stuttgart. "Wir wollen zeigen, dass die Verbindung Fußball und Homosexualität kein Widerspruch ist", sagt Deker.


    Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Mitglieder der Stuttgarter Junxx nicht von ihren Kollegen anderer Fanclubs. Sie gehen ins Stadion, singen, schreien, schimpfen und klatschen, sie fahren zu Auswärtsspielen, pflegen ihre Beziehung zum VfB mit Hingabe. Doch die Junxx sind auch ein politisches Forum, vielleicht das wirkungsvollste auf der Tribüne. Sie treten nicht in Nadelstreifen auf, sondern in Rot und Weiß, mit Vereinsschal und Trikot.



    Deker erinnert an das Halbfinale des Ligapokals gegen den FC Bayern 2007, er stand wie immer in der Kurve des VfB und stimmte ein in die Gesänge der Fans. Plötzlich schickten die Stuttgarter dem Torwart des Gegners einen donnernden Gruß. "Michael Rensing ist homosexuell." Deker hatte diese Schmähungen oft gehört, sie haben ihn auch persönlich getroffen, wie eine wuchtige Ohrfeige, dieses Mal brachte er den Mut auf, um zu rebellieren.


    "Was soll das?", fragte Deker seine Platznachbarn, "ich bin schwul und fühle mich dadurch diskriminiert." Schweigen, verwirrte Blicke. Schwul? Fußball? Kann das sein? Nach einer Weile antwortete ein Stuttgarter Fan: "Du hast recht. Ich unterstütze dich." Die Anekdote verdeutlicht, wie leicht Klischees und Unwissenheit mit Worten entgegengewirkt werden kann. Deker hatte eine Weile gebraucht, um das zu verstehen. In der Pubertät war bei ihm der Gedanke gereift, dass er auf Männer stehen könnte, mit 17 war er sich sicher.


    Zu Hause hat es nie ein Problem gegeben. Seine Mutter war überrascht, hatte ein wenig Angst, schnell vertrieb sie Klischees von zwangsläufigen Krankheiten und Drogenproblemen aus ihren Gedanken, bald wirkte sie nur noch erleichtert.



    Gemeinsam sollten sie Jahre später für eine Titelgeschichte des "Stern" posieren, er stand im Vordergrund, lächelte, die Hände in den Taschen vergraben, sie saß hinter ihm, lächelte, die Hände auf dem Schoß verschränkt. Die Symbolik war eindeutig, die Mutter hält ihrem Sohn den Rücken frei.


    "Nicht jeder hatte es so einfach wie ich", erzählt Deker. Nachdem sich einer seiner Freunde aus dem Fanclub offenbart hatte, ließen ihm dessen Eltern acht Wochen Zeit, um sich eine neue Wohnung zu suchen. Ihre Position war weit verbreitet, und sie ist es noch immer: Schwul? Dann hat die Familie eben ein Mitglied weniger.



    2. Teil: Hertha Junxx: Aufbruch in Berlin



    Werner Pohlenz ist aktiv bei den Hertha-Junxx, dem ersten schwullesbischen Fanclub Deutschlands. Pohlenz, Anfang 40, ist Nachrichtensprecher, seine tiefe, klare Stimme ist sein Kapital. Er genießt die Zeit bei den Junxx, er ist gern mit Leuten zusammen, die ähnlich denken, fühlen, und die gemeinsam mit ihm über Figuren und Frisuren neuer Spieler diskutieren, ohne einen strafenden Blick zu erhalten.


    Den Vorwurf, sie würden sich abschotten, hört Pohlenz nicht gern. Dass sie während der Heimspiele im Berliner Olympiastadion nicht in der Kurve der hartgesottenen Hertha-Fans stehen, hat auch Sicherheitsgründe. Noch sind sie nicht überall willkommen, sie verfolgen die Spiele lieber auf der anderen Seite der Arena. Ihr Banner mit den Regenbogenfarben und dem Vereinswappen ist aus jedem Winkel zu erkennen, darauf steht geschrieben: "Fußball ist alles - auch schwul".


    Damit werde Homosexualität ins Bewusstsein der Zuschauer getragen, glaubt Mitstreiter Gerd Eiserbeck. Er ist Polizist, im Dienst war er gegen seinen Willen geoutet worden. Sein Chef sagte daraufhin, wer mit Schwulen ein Problem habe, solle gefälligst die Klappe halten. Eiserbeck hat nie einen Misston vernommen, seine Kollegen schätzen ihn, nur seine Familie weiß nichts von seiner Neigung, sie kann es sich vermutlich denken.


    Entsprungen ist die Idee für die Gründung der Hertha-Junxx 2001, nach Diskussionen in Internet-Foren und im schwulen Stadtmagazin "Siegessäule". Hertha BSC sagte seine Unterstützung zu, stellte den Club in seinem Magazin vor, die Mitgliederzahl wuchs, wenngleich nicht alle zu den Spielen kommen. "Wir holen das Thema aus der Schmuddelecke", sagt Pohlenz, "und wir zeigen, dass das Leben von Homosexuellen normal und langweilig sein kann wie das von Heterosexuellen. Diese Akzeptanzarbeit ist uns wichtig."


    Inzwischen ist aus dem Fanclub ein eingetragener Verein geworden, der sich etabliert hat. Einmal erschien der ehemalige Hertha-Abwehrspieler Malik Fathi auf der Weihnachtsfeier. Er brachte Zeit mit, war freundlich, schrieb Autogramme. Und vergaß nicht zu betonen, dass er hetero sei, hundertprozentig, ganz sicher, ohne Zweifel.


    Das Modell machte Schule. Nach den Hertha-Junxx entstanden Queerpass auf St. Pauli, die Rainbow-Borussen in Dortmund und die Stuttgarter Junxx, mittlerweile sind zwölf schwullesbische Fanclubs deutscher Vereine gegründet worden.


    Sie schlossen sich in einem Netzwerk zusammen (Queer Football Fanclubs). Hinzu kamen Queerpass Basel vom FC Basel, die Wankdorf-Junxx von den Young Boys Bern und Penya Blaugrana vom FC Barcelona.


    Weitere Gründungen sind geplant, doch ein Selbstläufer ist der Aufbruch heute nicht: In vielen Vereinen stehen Funktionäre solchen Initiativen weiterhin skeptisch gegenüber, in Teilen Osteuropas sind sie undenkbar.



    [URL=http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,594003,00.html]Spiegel Online[/URL]

  • Homo-Profis in der Serie A
    Schleifers Staunen


    Ein szenekundiger Callboy offenbart, dass Italiens Topfußballer gern mal aus der Hetero-Bastion ausbüxen. VON TOM MUSTROPH



    ROM taz Sie sind alte Herren. Sie kennen sich im Fußball aus, wenn es um Training, Taktik und Karriereplanung geht. Aber die Welt, in der sie sich bewegen, nehmen sie verblüffend eingeschränkt wahr. Marcello Lippi, 60 Jahre alt und hoch dekorierter Fußballtrainer, hält das Universum des runden Leders für eine absolute Hetero-Zone. Ex-Juve- Manager Luciano Moggi, 71 Lenze zählend und gerade wegen Nötigung zu 18 Monaten Gefängnisstrafe verurteilt, würde diese Bastion des gegengeschlechtlichen Verkehrs sogar aktiv gegen jeden homosexuellen Eindringling verteidigen. "Ich würde keinen Schwulen in der Mannschaft dulden", hatte Moggi im Frühjahr letzten Jahres in einem Interview gedroht. Nach dem Zwiegespräch mit dem offiziell aus dem Sport verbannten Fußball-Paten Moggi hatte der Fernsehmann auch dem 89-jährigen Gründer der P2-Loge, Licio Gelli, Gelegenheit gegeben, modernden Konservatismus zu verbreiten.


    Mit seinem jüngsten Interview mit Marcello Lippi hat Klaus Davi sich im Alter eine Generation nach vorn bewegt, kaum aber im Gedankengut. "Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, das es im Fußball Schwule gibt. In 40 Jahren haben ich keinen kennen gelernt. Keiner, mit dem ich in dieser Zeit zusammengearbeitet habe, hat mir je davon erzählt", sagte Lippi, der Mister mit dem Silberhaar. Mit dem Anglo-Terminus "Mister" werden im kastengläubigen Italien alle Schleifer tituliert.


    Rein faktisch leidet der Mann an Gedächtnisschwäche. Bei seinem Kurzauftritt bei Inter Mailand um die Jahrhundertwende - eine Saison und ein Spiel dauerte das Engagement - hatte er den Brasilianer Vampeta im Kader. Der einstige Mannschaftskollege von Ronaldo beim PSV Eindhoven war ein spielstarker Mittelfeldakteur. Er hatte 42 A-Länderspiele bestritten und noch vorm Fußball das Leben und die Feste geliebt. Eine Nacktfoto-Session für die brasilianische Schwulenzeitschrift G-Magazine hatte einen Karriereknick bewirkt.


    Vampetas Schicksal ist typisch. Wer sich outet, muss mit Anfeindungen durch Kollegen und Fans rechnen. "So wie wir Fußballer gemacht sind, fiele es einem homosexuellen Profi schwer, seinen Beruf auf natürliche Art und Weise auszuüben", bemerkt Lippi denn auch. Sein Lieblingsschützling Fabio Cannavaro hat sich kürzlich gegen die Homo-Ehe geäußert. In Spanien, wo der Profi derzeit unter Vertrag ist, existiert diese Möglichkeit per Gesetz. "Mmmh, da bin ich doch zu italienisch", so Cannavaro. In seiner Zeit bei Juve hatte der wegen seines geölten Gladiatorenkörpers in der Schwulenszene als Idol verehrte Spieler anklingen lassen, dass er nichts gegen schwule Kollegen hätte. "Früher oder später wird es einen geben", hatte Fabio Cannavaro gemeint.


    Nach Schätzungen des Präsidenten der Schwulenorganisation Arcigay, Aurelio Mancuso, bevorzugt jeder fünfte Profi der Serie A Männer. Auf dem Berlusconi-Kanal La7 hatte im Dezember ein früherer Spieler der dritten Liga erklärt, dass er seinen Lebensunterhalt jetzt mit Escort-Diensten für seine prominenteren Kollegen bestreite. 30 Fußballerklienten habe er, ein Dutzend davon aus der Serie A. Im Schnitt 1500 Euro nehme er pro Termin. Die meisten seiner Kunden hätten sich eine bürgerliche Fassade mit Frau und Kindern zugelegt. Hilfreich sei, dass er selbst aus dem Fußball käme.


    Und bevor der anonym bleiben wollende Mittzwanziger die Karriere als Gigolo begann, hatte er in den Umkleideräumen der Lega Pro manche Orgie mit Mannschaftskollegen und Gegenspielern organisiert, verriet er. Sexualität und Fußball sind zumindest in der dritten italienischen Liga ganz natürlich vereint. Marcello Lippi würden die Augen herausfallen.



    taz.de

  • 4. Treffen: QFF geben sich eine Satzung



    An diesem Wochenende trafen sich die Queer Football Fanclubs (QFF), das Netzwerk schwul-lesbischer Fußball-Fanclubs, zu seiner vierten Tagung. Nach konstruktiven Diskussionen fiel das Votum der Vollversammlung einstimmig aus: Die QFF gaben sich eine Satzung!


    Die Name des Versammlungsortes hätte nicht symbolträchtiger sein können: Mariaspring in Bovenden, ein reizvolles Örtchen mit einer Wasserquelle bei Göttingen. Hier trafen sich die Queer Football Fanclubs zu ihrem bislang vierten internationalen Treffen. Und es sollten an diesem 17. Januar 2009 wegweisende Ziele erreicht werden: die Errichtung einer Satzung und die Wahl des QFF-Sprecherrats.



    Insgesamt zehn schwul-lesbische Fanclubs unterschiedlicher europäischer Fußballvereine waren der Einladung zu diesem Strukturworkshop gefolgt. Der Dachverband QFF hatte sich 2007 erstmals in Dortmund getroffen und dort bereits den Rahmen für die weitere Arbeit gelegt. Kann aus einem freundschaftlichen und lockeren Miteinander ein ernst zu nehmender Gesprächspartner für Verbände und Institutionen werden?


    Treffen in Mainz und Basel folgten bald. Der Ruf der inzwischen 15 Fanclubs unterschiedlicher Vereine aus Deutschland, Spanien und der Schweiz nach einem gemeinsamen Dach wurde laut. In Mariaspring nun sollte sich zeigen, ob das zarte Pflänzchen „gemeinsame Ziele“ auch schon Früchte in Form von gemeinsamen Strukturen tragen könnte.



    Freudig und doch angespannt kamen die Delegierten zu diesem vierten Treffen in die beschauliche Ländliche Heimvolkshochschule „Mariaspring“ nach Bovenden. Hier trafen Freunde aufeinander, die alle große Ziele verfolgen: ein tolerantes, faires, vereinsübergreifendes Miteinander, Kampf gegen Diskriminierung, insbesondere aufgrund der sexuellen Orientierung und Unterstützung von schwulen, lesbischen, bisexuellen und transidentischen Fußballfans bei der Gründung von Fanclubs. Das einende Ziel: „Getrennt in der Farbe – vereint in der Sache!“


    Auf Grundlage eines Arbeitspapiers wurde nun in Diskussionsrunden an der Satzung gebastelt. Nach überraschend kurzer Zeit konnte der Moderator jedoch das Ergebnis der Abstimmung durch die Vollversammlung verkünden: die Satzung war einstimmig angenommen!



    Und nicht nur das: Auch ein Sprecherrat wurde schnell gewählt. Dieser kann sofort seine Arbeit aufnehmen und bereits den Termin für das nächste Treffen verkünden: vom 9. bis 11. Oktober 2009 in Kaiserslautern. Vorher werden sich die Fanclubs jedoch zum gemeinsamen Feiern beim EUROPRIDE in Zürich und dem CSD in Köln wieder sehen.


    Wir werden sehen, ob die Quelle von Mariaspring einen kümmerlichen Rinnsal nährt oder einen großen Fluss, der irgendwann die schwul-lesbischen Fußballfans in ganz Europa verbindet. Wir bleiben am Ball! (Text: db, Fotos: mg)


    [URL=http://queerfootballfanclubs.com/qff/content/view/131/30/lang,german/#]QFF.com[/URL]

  • Ehemaliger Hamburger Auswahl-Fußballer spricht über das Schwulsein
    "Meine Homosexualität hat mir geschadet"


    Minderwertigkeitsgefühle und fehlendes Selbstvertrauen führten zum Suizidversuch. Seine Hoffnung: das Outing eines prominenten Profis.
    Von Till Müller


    Michael Schmitt (Name von der Redaktion geändert) hat jahrelang in der Jugendabteilung des HSV gespielt und war danach sogar ein Jahr bei den Amateuren. Er war lange Zeit Hamburger Auswahlspieler. Schmitt ist 1,90 m groß, wiegt 90 kg und spielt mittlerweile in der fünfthöchsten deutschen Spielklasse. Auf dem Platz ist er ein Leader-Typ. Schmitt ist schwul. Im Hamburger Abendblatt spricht er über sein Leben als homosexueller Fußballspieler.


    Abendblatt : Herr Schmitt, warum stellen Sie sich für dieses Interview zur Verfügung?


    Michael Schmitt: Ich weiß noch ganz genau, wie ich mich zwischen meinem 15. und 20. Lebensjahr gefühlt habe. Ich kannte keine anderen Schwulen. Höchstens diese Klischeeschwulen aus dem Fernsehen. Ich hatte das Gefühl, der einzige schwule Sportler zu sein und hatte deshalb unheimlich viel mit mir selbst zu tun. Ich glaube, wenn ich damals so ein Interview gelesen hätte, hätte es mir sehr geholfen.


    Abendblatt : Wie alt waren Sie, als Sie gemerkt haben, dass Sie homosexuell sind?


    Schmitt: Das war kein fester Zeitpunkt, sondern ein Prozess. Ich glaube, ich war damals 17 Jahre alt, als ich es definitiv wusste. Da war ich seit anderthalb Jahren mit meiner damaligen Freundin zusammen. Ein nettes Mädchen - aber ich merkte, dass ich viel lieber etwas mit meinem Mannschaftskameraden und besten Kumpel unternahm. Ihn habe ich vermisst, wenn ich ihn eine Woche lang nicht gesehen hatte. Bei ihr war es kein Problem.


    Abendblatt : Sie waren zu der Zeit ein verheißungsvolles Talent, haben den Sprung zum Profifußballer aber nicht geschafft. Hat die Homosexualität Ihre sportlichen Leistungen eingeschränkt?


    Schmitt: Definitiv. Ich bin mir im Nachhinein sicher, dass ich im Fußball mehr hätte erreichen können. Gerade auf dem Fußballplatz ist Selbstvertrauen das A und O. Ich aber fühlte mich als schwuler Sportler einsam und minderwertig. Andererseits sollte ich dann auf dem Platz ausstrahlen, dass ich besser bin als die anderen. Das stand in einem absoluten Spannungsverhältnis. Es war eine sehr harte Zeit.


    Abendblatt : Hatten Sie ernstzunehmende psychische Probleme?


    Schmitt: Ja, über einen längeren Zeitraum. Mit 16 habe ich in diesem Zusammenhang einen Selbstmordversuch unternommen. Ich schluckte einen Becher voller Tabletten aus unserem Medikamentenschrank. Nach fünf Minuten hatte ich aber dann schon so viel Angst, dass ich mir den Finger in den Hals steckte. Es war insgesamt ein langer Weg, aber ich habe gelernt damit umzugehen. Mittlerweile bin ich gerne schwul.


    Abendblatt : Inwiefern beeinträchtigt Sie Ihre Homosexualität heute noch im Sport?


    Schmitt: Psychisch gar nicht mehr. Alltägliche Dinge sind jedoch sehr anstrengend.


    Abendblatt : Was meinen Sie?


    Schmitt: Ich fahre oft mit einem Mannschaftskollegen zum Training. Wenn ich mich jedoch vorher oder hinterher mit meinem Freund treffen möchte, muss ich mir immer eine Ausrede einfallen lassen, warum ich selber fahre und meinen Mitspieler nicht mitnehmen kann. Besonders nervig ist auch die Frage von Teamkollegen, ob ich eine Freundin habe. Dann muss ich immer schnell eine Ausrede parat haben. Über einen längeren Zeitraum wundern sich die Jungs ja sonst schon.


    Abendblatt : Wird Ihr Leben abseits des Sportplatzes beeinträchtigt?


    Schmitt: Ich habe schon bei Mannschaften mit erhöhtem Zuschaueraufkommen gespielt. In dieser Zeit habe ich es vermieden auf Schwulenpartys zu gehen. Man kann ja nie wissen, ob man dort von einem Fan gesehen wird.


    Abendblatt : Erkennen Sie einen schwulen Fußballer?


    Schmitt: Ich würde ganz klar verneinen, dass man einen Schwulen sofort erkennt. Viele Leute glauben das, weil sie die "Klischee-Tucken" aus irgendwelchen Talkshows kennen. Dann meinen sie, die ganze Bandbreite von Schwulen zu kennen. Aber ich selbst bin ja das beste Beispiel. Mich hat über Jahre hinweg bis heute nicht ein einziger Mitspieler erkannt.


    Abendblatt : Sie haben einen festen Freund. Ein Mann in einer Heterobeziehung wäre wohl eifersüchtig, wenn seine Freundin jede Woche mit 20 Männern duscht...


    Schmitt: Das ist bei uns unproblematisch. Ich glaube, Schwule sind etwas entspannter, was das Thema Eifersucht anbelangt. Mein Freund ist höchstens neidisch, dass er nicht mit meiner Mannschaft duschen darf. (lacht)


    Abendblatt : Wie reagieren Sie, wenn jemand auf dem Platz ruft: "Du schießt wie ne Schwuchtel!"?


    Schmitt: Das geht auf der einen Seite rein und auf der anderen wieder raus.


    Abendblatt : Und wenn jemand in der Kabine einen Schwulenwitz erzählt? Lachen sie dann mit?


    Schmitt: Meistens lache ich nicht. Schlimm ist es immer im Vorfeld von Weihnachtsfeiern. Die Mannschaft sitzt zusammen, und der Trainer sagt: "Ihr könnt eure Freundin mitbringen - oder natürlich auch euren Freund." Die ganze Truppe grölt, und ich sitze da und ärgere mich.


    Abendblatt : Fast überall stellt Homosexualität heutzutage kein Problem mehr dar - sogar in der Politik. Warum hat dieses Tabuthema im Sport Bestand?


    Schmitt: Das hat sicherlich viele Gründe. Einer davon ist die Zielgruppe, die der Sport bedient. Wenn man einen groben Schnitt durch die Fankurve macht, erhält man eher ein unteres Bildungsniveau. Meine Erfahrung geht in die Richtung, dass Leute, die das Ganze ein bisschen besser reflektieren können, auch toleranter sind. Platt gesagt: Ich weiß nicht, ob Manni mit Schalke-Schal aus dem Ruhrpott darüber stehen könnte, wenn Kevin Kuranyi oder sonstwer schwul wäre und trotzdem einen guten Ball spielt. Außerdem glaube ich, dass auch innerhalb der Mannschaft die Toleranz nicht gegeben ist.


    Abendblatt : Haben Sie mal darüber nachgedacht sich zu outen?


    Schmitt: Das war bei mir eigentlich noch nie ein Thema.


    Abendblatt : Warum nicht?


    Schmitt: Vor allem aus Angst davor, in der Mannschaft und vom Trainer nicht mehr akzeptiert zu sein. Ich spiele leistungsbezogen Fußball. Es herrscht immer ein harter Konkurrenzkampf um Stammplätze. Die Homosexualität könnte immer als Waffe gegen mich verwendet werden. Im Fußball gibt es einfach dieses Männlichkeitsbild. Man muss kämpfen, man muss grätschen, man muss was ausstrahlen und die Mitspieler anbrüllen. Einem Schwulen traut man das leider nicht zu. Jeder Konkurrent hätte von Beginn an einen Vorteil mir gegenüber.


    Abendblatt : Wieso traut man Schwulen nicht zu, gute Fußballer zu sein?


    Schmitt: Das Problem ist, dass einem immer nur die offensichtlich Schwulen auffallen, diejenigen, die sich weiblich geben. Und jeder, der an einen Schwulen denkt, hat dann dieses weiche Klischee vor Augen. Die denken dann: "Eine Tucke grätscht ja keinen um, wenn es denn mal sein muss." Bei Lesben ist es genauso, man spricht immer nur von den "Kampflesben". Dabei muss man sich ja nur mal Anne Will anschauen.


    Abendblatt : Es gibt lesbische Sportlerinnen, die sich geoutet haben. Warum wird Homosexualität im Sport bei den Frauen besser akzeptiert?


    Schmitt: Weil es bei Frauen besser ins Bild passt. Lesben werden ja immer als männliche Typen gesehen. Männer sind nun mal sportlicher, deshalb spricht man einer Lesbe eher die Sportlichkeit zu als einem Schwulen, der ja vermeintlich eher die weiblichere Seite verkörpert.


    Abendblatt : Ist Outing für Sie in der Zukunft ein Thema?


    Schmitt: Es müsste eine generelle Enttabuisierung im Sport geben. Das kann allerdings nur von ganz oben beginnen. Ich würde mir wünschen, dass schwule Profis offensiver mit ihrer Homosexualität umgehen würden. Wenn ein Fußballidol oder viele Profis gleichzeitig an die Öffentlichkeit treten würden, dann könnte auch ich mir ein Outing vorstellen. Ich denke, es würde vielen so gehen, das könnte zu einer allgemeinen Bewegung werden.


    Abendblatt : In England hat sich Anfang der 90er Jahre ein schwuler Fußballer geoutet. Acht Jahre später erhängte sich Justin Fashanu, der mit den Folgen seines Outings nie glücklich wurde.


    Schmitt: Die Gesellschaft ist heute weiter. Aber es kommt natürlich ganz extrem darauf an, um wen es sich handelt. Es müsste schon ein Spieler mit einem großen Bekanntheitsgrad und einer hohen Akzeptanz sein. Ein besonders männlicher Nationalspieler zum Beispiel.


    Abendblatt : Wenn sich ein schwuler Profi zu seiner Homosexualität bekennen würde, wäre er dann in der Szene ein Held?


    Schmitt: Absolut. Wenn es ein smarter Spieler wäre, würde er im Anschluss wahrscheinlich 200 Briefe pro Tag bekommen. (lacht) Aber im Ernst: Ich kann mir sogar vorstellen, dass er dadurch Werbeverträge generieren würde, denn die Zielgruppe der Schwulen ist riesig, hat Statistiken zur Folge ein erhöhtes Einkommen, wird aber bislang im Spektrum der Werbung so gut wie gar nicht angesprochen.

  • Abendblatt : Es gibt Statistiken, die besagen, dass jeder zehnte Mann schwul ist. Gibt es in jedem Kader also ein bis zwei schwule Kicker?


    Schmitt: Es gibt definitiv nicht in jeder Mannschaft einen Schwulen.


    Abendblatt : Also lässt sich diese Statistik nicht auf den Fußball übertragen.


    Schmitt: Nein. Dann dürfte in jeder Boygroup ja nur ein halber Schwuler sein. Da gibt es aber meistens drei. (lacht) Ich vermute, von zehn Frisören sind auch mehr als einer schwul. Andersherum gibt es im Frauenfußball plötzlich sieben Lesben in einer Mannschaft. Es gibt eben Bereiche, in denen viele Schwule auftreten, in anderen eher weniger.


    Abendblatt : Was für das Vorurteil spräche, dass Schwule zu weich zum Fußballspielen sind.


    Schmitt: Bei vielen Schwulen trifft es sicher zu. Aber nicht bei allen.


    Abendblatt : Waren Sie schon einmal in einen Mitspieler verliebt?


    Schmitt: Es gab schon den einen oder anderen, für den ich mal geschwärmt habe...


    Abendblatt : Hatten Sie schon sexuelle Erlebnisse mit Mitspielern?


    Schmitt: Nein. Mit 13 oder 14 habe ich mal mit welchen rumgeknutscht. Aber das war nicht ernst zu nehmen. Die haben mittlerweile alle eine Freundin.


    Abendblatt : Wären Sie aufgrund der ganzen Probleme manchmal gerne heterosexuell?


    Schmitt: Es wäre in vielen Dingen mit Sicherheit einfacher. Aber mittlerweile bin ich gerne schwul. Ich stehe nun mal auf Männer und kann mit Frauen in einer Liebesbeziehung nichts anfangen. Und wenn ich manchmal die Geschichten von Freundinnen meiner Kumpels höre, bin ich ganz froh, dass ich einen Freund habe.



    Hamburger Abendblatt