Rene Adler exklusiv - "Bereit zu kämpfen"

  • Rene Adler exklusiv - Teil 1


    "Bereit zu kämpfen"


    Rene Adler hat große Ziele. Er will mit Leverkusen international spielen, in der Nationalmannschaft zur Nummer 1 werden und irgendwann ins Ausland wechseln.


    Zu einem Top-Klub, versteht sich. "Das ist auf jeden Fall ein Ziel", so Adler. "Allein schon, um als Persönlichkeit zu reifen und eine andere Sprache zu lernen." Doch noch ist es nicht soweit. Seit Mitte August laboriert Adler an einer Schulterverletzung, verpasste sein Debüt für den DFB sowie den Bundesligastart. Und so spricht er vor dem Bundesliga-Start bei SPOX über die Nachfolge von Jens Lehmann in der Nationalmannschaft, persönliche Stärken, den Umbruch bei Bayer Leverkusen und inwiefern ihn seine Verletzung zurückgeworfen hat.


    SPOX: Herr Adler, was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie vom Rücktritt von Jens Lehmann aus der Nationalmannschaft erfahren haben?


    Rene Adler: Ich denke, Jens hat es sich gut überlegt. Er hat genug Erfahrung, um für sich die beste Entscheidung zu treffen.


    SPOX: Mehr nicht? Zum Beispiel "Jetzt ist der Weg frei für mich"?


    Adler: Nein, so denke ich nicht. Es ist nicht so, dass ich mich freue, weil ein Konkurrent weg ist. Ich versuche einfach, meine Leistung zu bringen und mich anzubieten. Alles andere liegt in der Hand des Bundestrainers.


    SPOX: Der will keine neue Nummer 1 ausloben, sondern den Konkurrenzkampf eröffnen. Wie schätzen Sie Ihre Position ein?


    Adler: Natürlich ändert sich jetzt einiges. Aber der Konkurrenzkampf motiviert mich. Ich bin bereit, für meine Chance zu kämpfen. Aber ich denke, dass alles offen ist und einige Kandidaten in Frage kommen.


    SPOX: Sie sind extra früher aus dem EM-Urlaub gekommen, um ins Training einzusteigen, hatten eine gute
    Vorbereitung und dann die schwere Schulterverletzung kurz vor Saisonstart. Was ging Ihnen da durch den Kopf?


    Adler: Natürlich war ich nicht begeistert. Aber ändern kann man es ja sowieso nicht. Zuerst dachte ich sogar, es wäre nicht so schlimm. Die OP war nötig, um mögliche Folgeschäden auszuschließen. Es hätte aber noch schlimmer kommen können. Eigentlich hatte ich sogar Glück im Unglück.


    SPOX: Wie geht's der Schulter jetzt?


    Adler: Schon wieder sehr gut. Der Heilungsprozess verläuft planmäßig.


    SPOX: Wann kommen Sie zurück? Gegen Hamburg?


    Adler: Möglich ist es. Ich werde demnächst wieder voll ins Training einsteigen. Dann muss man abwarten, ob es schon reicht. Ich werde allerdings nichts riskieren und mich wenn nötig auch bremsen.


    SPOX: Sie verpassen jetzt die Länderspiele und können nicht am Konkurrenzkampf der Nationalkeeper teilnehmen. Ein Nachteil? Wie bewerten Sie Ihre persönliche Situation?


    Adler: Wenn ich wieder fit bin und im Verein meine Leistung bringe, hoffe ich, bald wieder im Kreis der Nationalmannschaft zu sein. Letztlich entscheidet das der Bundestrainer, aber so lange war meine Pause ja dann nicht. Wichtig ist, dass ich erstmal wieder spiele. Alles andere kommt von alleine.


    SPOX: Könnte es ein Nachteil gegenüber Tim Wiese, Roman Weidenfeller oder Manuel Neuer sein, dass Sie diese Saison nicht international spielen?


    Adler: Das sehe ich nicht so. Es ist sicher nicht optimal, aber ich versuche einfach meine Leistung in der Bundesliga zu bringen.


    SPOX: Wie sieht für Sie die perfekte deutsche Nummer eins aus?


    Adler: Schwer zu sagen. Da gibt es zu viele individuelle Dinge, die eine Rolle spielen.


    SPOX: Beschreiben Sie doch mal Ihre persönlichen Stärken.


    Adler: Ich sehe mich als offensiven, mitspielenden Torwart. Ich kann das Spiel lesen und Situationen gut vorausahnen, bin aber auch risikobereit und übernehme Verantwortung. Fußballerisch kommt mir zugute, dass ich beidfüßig bin und dadurch nicht so leicht unter Druck gerate. Zudem bin ich ein akribischer Arbeiter und in jedem Training und jedem Spiel hochkonzentriert.


    SPOX: Inwiefern hat Sie als junger Keeper die Erfahrung der EM 2008 weitergebracht? Als Außenstehender hört sich "Nummer 3 sein und nur trainieren statt Urlaub machen" irgendwie nicht so prickelnd an.


    Adler: Im Gegenteil. Für mich persönlich war es ein super Erlebnis. Alles hautnah mitzubekommen, mit den besten Spielern zu trainieren. Das ganze Drumherum,
    das Medieninteresse, der öffentliche Druck. Ich denke, dass die EM für meine Entwicklung Gold wert war.


    Rene Adler exklusiv - Teil 2


    "Ich gebe immer Vollgas"


    Im zweiten Teil spricht Rene Adler über Leverkusens Saisonstart, schildert seine Eindrücke von Bruno Labbadia, weshalb er sich in seiner Jugend gegen Manchester und Arsenal entschied, und welche Rolle Rüdiger Vollborn in seinem Leben spielt.


    SPOX: Wie bewerten Sie den Saisonstart von Bayer Leverkusen?


    Adler: Die letzten beiden Spiele waren wirklich sehr gut. Vor allem in der Offensive haben wir viele Möglichkeiten. Unsere Stürmer sind immer für Tore gut. So sind wir schwer zu schlagen. Natürlich müssen wir uns insgesamt noch verbessern, aber daran arbeiten wir täglich im Training. Das ist ein längerer Prozess.


    SPOX: Bruno Labbadia wurde - laut Aussage der Verantwortlichen - geholt, um einen Neuanfang zu starten. Was hat sich unter Labbadia im Gegensatz zu Michael Skibbe verändert?


    Adler: Einen Vergleich zwischen den Trainern möchte ich nicht ziehen. Michael Skibbe hat in Leverkusen hervorragende Arbeit geleistet und das Team hat sich toll
    entwickelt. Bruno Labbadia kann mit seinen Vorstellungen darauf aufbauen.


    SPOX: Es heißt, die Mannschaft musste wegen der hohen Anforderungen von Labbadia ganz schön schlucken. Was ist er für ein Typ?


    Adler: Er ist eine Respektperson, legt großen Wert auf Disziplin und Ordnung auf und neben dem Platz. Auch ist es seine Art, die Distanz zwischen Trainer und Spielern zu wahren, um optimal arbeiten zu können. Er geht mit sehr viel Leidenschaft voran und fordert das auch von seiner Mannschaft.


    SPOX: Bernd Schneider ist verletzt und wird voraussichtlich nicht vor Dezember zur Mannschaft stoßen. Carsten Ramelow und Sergej Barbarez sind zurückgetreten. Fehlt es der aktuellen Bayer-Mannschaft im Kampf um die internationalen Plätze nicht an Erfahrung?


    Adler: So unerfahren sind wir nicht. Selbst die jungen Spieler wie Castro, Rolfes oder Kießling haben alle schon um die 100 Bundesligaspiele absolviert. Ich sehe das eher positiv. So haben die jungen Spieler die Chance, in jungen Jahren bereits Verantwortung zu tragen. Trotzdem hoffe ich, das Schnix möglichst schnell wieder fit wird. Den brauchen wir natürlich.


    SPOX: Im Winter zieht Bayer aufgrund des Stadionumbaus in die Düsseldorfer LTU Arena. Ist der Umzug ein Nachteil?


    Adler: Das ist sicherlich ein Nachteil, den wir aus den Köpfen bekommen müssen, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen.


    SPOX: Sie selbst spielen seit eineinhalb Jahren konstant auf hohem Niveau. Es heißt, junge Torhüter fallen irgendwann in ein Loch? Haben Sie Angst davor?


    Adler: Darüber mache ich mir gar keine Gedanken. Ich glaube auch nicht, dass dies eine Gesetzmäßigkeit im Fußball ist. Wenn ich anfange, mir über eventuelle schwächere Phasen Gedanken zu machen, ist das schon ein Fehler.


    SPOX: Sie wirken für Ihr Alter schon sehr abgezockt, spielten entsprechend konstant über die letzte Saison. Was oder wer gibt Ihnen Ruhe und Selbstvertrauen?


    Adler: Ich habe einfach Spaß an meinem tollen Beruf und versuche, immer Vollgas und mein Bestes zu geben.


    SPOX: Mit 15 Jahren kamen Sie vom VfB Leipzig zu Bayer. Angeblich sollen Sie auch Angebote von Manchester United und Arsenal London gehabt haben. Wieso sind Sie in Leverkusen gelandet?


    Adler: Bayer passte einfach am besten zu mir. Hier hatte ich als junger Torwart optimale Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten.


    SPOX: Als Sie nach Leverkusen kamen, haben Sie bei Torwarttrainer Rüdiger Vollborn gelebt. Beschreiben Sie mal diese Zeit und Ihr Verhältnis zu Vollborn.


    Adler: Das war und ist bis heute schon eine ganz besondere Bindung, sportlich wie menschlich. Für mich ist er nicht nur Trainer, sondern auch ein väterlicher Freund, dem ich mich auch in privaten Dingen anvertrauen kann.


    SPOX: Ihr Vertrag läuft noch bis 2012. Müssen Sie sich Gedanken machen, wenn Leverkusen in dieser Saison erneut das internationale Geschäft verpasst?


    Adler: Davon gehe ich momentan überhaupt nicht aus. Deshalb ist es für mich kein Thema. Ich fühle mich hier absolut wohl und konzentriere mich voll auf Leverkusen.


    SPOX: Kommt für sie ein Wechsel ins Ausland in Frage, oder hat Sie das Beispiel Timo Hildebrand abgeschreckt?


    Adler: In meinem Karriereplan ist es auf jeden Fall ein Ziel, einmal im Ausland zu spielen. Allein schon, um als Persönlichkeit zu reifen und eine andere Sprache zu lernen. Aber dafür ist es noch zu früh.


    SPOX: Gibt es denn schon Angebote ausländischer Top-Klubs?


    Adler: Wenn das so sein sollte, dann bekomme ich davon gar nichts mit. Im Moment ist es für mich auch nicht interessant.


    SPOX: Merken Sie, dass der Hype um Ihre Person Ihr Leben verändert hat? Wie bleiben Sie auf dem Boden?


    Adler: Das gesteigerte Interesse merke ich schon, nehme es aber gerne in Kauf. Als Profi und Nationalspieler habe ich schließlich eine Vorbildfunktion den Kids gegenüber zu erfüllen. Daher ist es für mich selbstverständlich, zum Beispiel Fußballschulen zu betreuen oder geduldig Autogramme zu schreiben. Ich habe nicht vergessen, dass ich auch mal ganz klein angefangen habe.


    SPOX: Fahren Ihre Eltern eigentlich immer noch von Leipzig aus zu jedem Spiel nach Leverkusen?


    Adler: Ja, das ist immer noch so. Wir sind eine ziemlich sportverrückte Familie.


    Quelle: http://www.spox.com/de/sport/f…ler-interview-teil-1.html