Schock:Bayer dreht Sportlern den Geldhahn zu!

  • Die neue „Freiheit“


    VON UDO BONNEKOH


    (RP) Die veränderte Strategie des Konzerns löste bei betroffenen Abteilungen einen Schock aus. Den Sparten Basketball, Handball und Volleyball sind bei der erzwungenen Suche nach anderen Finanziers keine Grenzen gesetzt.


    Klaus Beck wollte wenigstens noch ein bisschen Feingefühl beweisen als der bedrückte Postillon schlechter Nachrichten. Und so überbrachte der Vorsitzende des TSV Bayer den Leverkusener Handball-Frauen die niederschmetternde Botschaft der einschneidenden, existenzbedrohenden Finanzmittel-Kürzung durch den Sponsor Bayer AG erst nach dem verlorenen Finale von Nürnberg. „Das ist für uns alle ein unheimlicher Schock. Das wird Zeit brauchen, um das zu verarbeiten“, sagte Tessa Wienstroer, die Teammanagerin in der Truppe von Trainerin Renate Wolf.


    „Klar, überall herrscht Betroffenheit“, betonte der 62-jährige Beck, der einem der stärksten deutschen Sportvereine seit vier Jahren vorsteht. Gestern musste er den Mitarbeitern die veränderte Situation schonend erläutern, heute Abend (19 Uhr, Grünewald-Halle) tritt er vor die Mitglieder in deren turnusmäßigen Jahresversammlung. Wenn es nach ihm geht, ist der Spitzensport in Leverkusen über den Fußball hinaus noch nicht tot. „Wir wollen ihn retten“, bekräftigt der Jurist Beck. „Ob das in allen vier Sparten Basketball, Handball, Volleyball und Leichtathletik möglich sein wird, ist abzuwarten. Wir haben nun ein Jahr Zeit, uns schön zu machen für die alten, aber auch besonders für neue Partner.“


    Die Rettung soll erfolgen durch eine neue, ungewollte Freiheit: Den Abteilungschefs sind bei der erzwungenen Suche nach Finanziers offenbar keine Grenzen gesetzt. Selbst Trikotsponsoren werden von der Bayer AG erlaubt, wie der für den Sport zuständige Unternehmenssprecher Michael Schade gestern Mittag erläuterte. Und wenn ausreichende Mittel durch „lokale oder regionale Sponsoren“ nicht fließen? Michael Schade: „Dann sind Budgets zu reduzieren oder die Mannschaften zu verändern.“


    Otto Reintjes, Chef der Giants und so etwas wie ein Basketball-Urgestein in Leverkusen (seit 1971 dabei) will sich der Enttäuschung darüber, dass „eine unglaubliche Erfolgsstory, die für beide Seiten erfolgreich war“, zu Ende zu gehen droht, nicht vollends hingeben. „Wir werden positiv nach vorne schauen, um den Basketball-Standort Leverkusen zu erhalten“, versicherte Reintjes. Er begann noch auf der Fahrt zurück vom Play-off-Spiel in Ludwigsburg mit moralischem Aufbau. „Ich habe den Spielern deutlichst gesagt, dass sie in den nächsten 14 Monaten nichts zu befürchten haben, dass sie sich auf den Sport konzentrieren können und alle bestehenden Verträge erfüllt werden.“


    Klaus Beck freilich schließt personelle Konsequenzen auf Dauer nicht aus. „Doch das werden wir dann mit Anstand und Augenmaß lösen“, meinte der Vorsitzende, der den TSV „vor einer neuen Herausforderung“ sieht.


    rp-online


  • Was da passiert ist?
    Ein Zuschauerwachstum von 20%!
    3000er Zuschauerschnitt
    Livespiele auf Premiere
    Rekordmeister sowie Pokalsieger
    Eine starke Mannschaft die dieses Jahr trotz Niederlage noch die Halffinals erreichen kann.

  • Nächstes Opfer für die Schlachtbank



    VON HARTMUT ZITZEN, 22.05.07, 09:51h


    Klingt ja nicht schlecht: Bayer unterstützt den Breitensport künftig mit 14 Millionen Euro jährlich und stiftet außerdem zehn Millionen Euro zur Förderung von Wissenschaft und Bildung. Aber die Erfahrung lehrt, dass gute Nachrichten von der Kaiser-Wilhelm-Allee schon seit vielen Jahren ausgesprochenen Seltenheitswert haben. Der Pferdefuß in der jüngsten Verlautbarung folgt denn auch nur ein paar Absätze später.
    Mit Ausnahme des Fußballs verabschiedet sich der Konzern komplett aus dem Sponsoring des Profisports. Das betrifft nicht nur die Hand- und Volleyball-Mannschaften in Leverkusen, Dormagen und Wuppertal. Auch den künftig wohl zu Zwergen schrumpfenden Basketball-„Giants“, die in der Vergangenheit etliche Male das Double aus Meisterschaft und Pokal gewonnen haben, wird der Geldhahn Mitte nächsten Jahres zugedreht.


    Buchstäblich ebenso arm dran, wenn auch mit einem weiteren Jahr Schonfrist, sind die Leichtathleten, die mit bisher 60 (!) olympischen Medaillen - von den Erfolgen bei Welt- und Europameisterschaften ganz zu schweigen - sicherlich am meisten zum weltweiten Ruf Leverkusens als Sportstadt beigetragen haben.


    Dieses schier unbezahlbare Image, für das Sportidole von Willi Holdorf über Ulrike Meyfarth, Heide Rosendahl und Heike Henkel bis Arnd Schmitt und Stephan Volkert stehen, kann Leverkusen sich demnächst also abschminken.


    Wie schon so viele Errungenschaften zuvor. Zur Erinnerung (aus Platzgründen kann hier kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden): Werks-Kindergärten und -Bücherei, das Carl-Duisberg-Bad, die „Kolonie Eins“, ja sogar die eigenen Jubilare und die Konzern-Keimzelle Chemie - von all dem hat Bayer sich rigoros befreit, nur um als „Global Player“ mit zweistelligen Renditen glänzen zu können.


    Wetten, dass die Bayer-Kultur als nächstes Opfer zur Schlachtbank geführt wird, werden übrigens nicht angenommen. Aber nur deshalb, weil den Konzernstrategen, bevor es in ein, zwei Jahren soweit ist, noch schnell etwas anderes einfallen könnte, das genauso „überflüssig“ ist.




    http://www.leverkusener-anzeig…ikel.jsp?id=1179819681431

  • Wie schade es für die Abteilungen auch ist, aber Bayer ist halt ein Wirtschaftsunternehmen und nicht Caritas.
    Deutsche Basketballliga ist in Europa Unterdurchschnittlich.. Werbewert in Europa ist somit gleich null. Es ist halt immer ein geben und nehmen. Bin aber zuversichtlich das sich ein Regionaler Sponsor finden wird für die basketballer und die anderen Abteilungen.

  • Statt Aufschrei nur Schweigen


    VON TOBIAS KRELL


    (RP) Die Diskussion der Bayer 04-Mitglieder über die Kürzungspläne bei der Sportförderung wurde nur vor dem Halleneingang geführt – aber nicht in der eigentlichen Mitgliederversammlung.


    Renate Wolf nahm die Zeremonie mit versteinerter Miene zur Kenntnis. Zu Beginn der Mitgliederversammlung von Bayer 04 wurden die Trainerin der Handballerinnen und ihr Team für die Vize-Meisterschaft geehrt. Der TSV-Vorsitzende Klaus Beck wünschte „weiterhin viel Erfolg“. Von der Kürzung der Werksförderung für die Mannschaft sprach er in dem Zusammenhang nicht.


    Wolfs Team kam nahezu komplett, und auch die anderen betroffenen Abteilungen waren prominent vertreten. Unter anderem kamen Volleyball-Manager Jürgen Rothe und Spielerin Nadja Schaus, Speerwerferin Steffi Nerius, Stabhochspringer Danny Ecker, seine Mutter Heide Ecker-Rosendahl, gleichzeitig Stellvertretende Vorsitzende der Leichtathletik-Abteilung, deren Geschäftsführer Paul-Heinz Wellmann sowie Giants-Coach Achim Kuczmann in die Herbert-Grünewald-Halle. Ihre Meinung äußerten sie jedoch ausnahmslos nicht, obgleich einigen – zuvorderst Wolf – die Empörung angesichts der Kürzungen deutlich vom Gesicht abzulesen war. Am Ende der Rede bekam der Vereinschef sogar – wenn auch einigermaßen verhaltenen – Applaus.


    Die mit Ausnahme von Fred Muschke fehlende Kritik an der Entscheidung der Bayer AG führte zu unterschiedlichen Bewertungen. „Dieser Verein ist tot. Wenn sich nicht einmal jetzt Widerstand regt, wann dann“, waren sich mehrere Mitglieder einig bei ihrer anschließenden Diskussion vor dem Halleneingang. Andere konnten die Betroffenen verstehen. „Mich überrascht es überhaupt nicht, dass es so ruhig geblieben ist. Der große Aufschrei kam am Montag. Nun ist die Luft da raus“, meinte der TSV-Schatzmeister Karl-Heinz Kleedörfer etwa. Er versicherte, dass die Kürzung der Zuwendungen für die drei betroffenen Klubs in Leverkusen, Dormagen und Wuppertal insgesamt bei rund 3,5 Millionen Euro liege und genannte höhere Summen nicht der Wahrheit entsprächen. Der Konzern habe dem Klub außerdem erheblich geholfen, was angefallene Defizite anging. Das dürfe bei allem Ärger der Abteilungen über Kürzungen für den Spitzensport nicht vergessen werden.


    Er rief alle Beteiligten im Verein zu weiterem Sparen auf. „Das ist ganz unabhängig von der Entscheidung der Bayer AG in Bezug auf den Spitzensport zu sehen. Wir müssen in Zukunft mit dem Geld auskommen, das wir zur Verfügung haben“, forderte Kleedörfer.


    rp-online



    Die Ohnmacht vor dem schleichenden Tod


    VON GÜNTER MÜLLER, 23.05.07, 16:56h


    Von wegen Aufmucken, von wegen Protestaktion, geschweige denn Palastrevolution. Die Bayer AG zieht Leverkusens Leistungssportlern, Ausnahme sind die Fußballprofis, den Teppich unter ihren meist schnellen Füßen weg: Und was passiert: so gut wie nichts. Rund 240 Mitglieder hatten sich in der Herbert-Grünewald-Halle 9 auf der Kurt-Rieß-Anlage zur jährlichen Versammlung des TSV Bayer 04 eingefunden.


    „Eine beachtliche Zahl im Vergleich zu vorhergehenden Jahren“, wie Vorsitzender Klaus Beck scheinbar ernsthaft anmerkte. So, als ob es die Hiobsbotschaft im Bereich der Sportförderung im „Profibereich“ nicht gegeben habe. Allerdings erweckte auch die Teilnahmslosigkeit der Mitgliederschar den Eindruck, als sei nichts geschehen. Was der Vorsitzende in seinem Rechenschaftsbericht auch vortrug, niemand regte sich, geschweige denn auf. „Beck hätte möglicherweise erzählen können, wir machen den Laden ganz dicht, und niemand hätte einen Mucks gelassen“, flüsterte einer der Anwesenden in Richtung Tischnachbar.


    Die Mitglieder demonstrierten, wenn davon überhaupt die Rede sein kann, auf ihre Art: Zuhören ja, ansonsten Augen zu, Mund zu - und durch. Allein Fred Muschke begehrte auf. Als Versammlungsleiter zwecks Entlastung des Vorstands auserkoren, nutzte der ehemalige Abteilungschef der Bayer-Leichtathleten die Gelegenheit und hob zur Kritik an: „Kinder- und Jugendsport ist die Basis für den Leistungssport.“ Der Nachwuchs brauche Vorbilder und Idole, denen er beim Training begegnen und denen er nacheifern könne, meinte Muschke - und erntete Beifall.


    Ansonsten bestimmte betretenes Schweigen das Szenario, wenngleich die bedröppelten Mienen mehr auszudrücken vermochten als Worte. Ob zum Beispiel Renate Wolf, Trainerin und Geschäftsführerin der Handballfrauen, ob die Olympiasiegerinnen Heide Ecker-Rosendahl und Ulrike Nasse-Meyfarth, ob Stabhochspringer Danny Ecker oder Volleyballmanager Jürgen Rothe, ihnen allen stand immerhin die riesige Enttäuschung über die Entscheidung der Bayer AG ins Gesicht geschrieben. Die Auszeichnung der Handballfrauen für die Vizemeisterschaft - das Team musste sich vor dem Podium aufbauen und per Handschlag beglückwünschen lassen - kam dem einen oder anderen Beobachter wie ein Gang zur Schlachtbank vor. Daran änderte auch der verdiente Applaus nur wenig. Dass Schatzmeister Karl-Heinz Kleedörfer von einem weiteren Minus sprach - 900 000 Euro im Geschäftsjahr 2006 gegenüber 1,4 Millionen Euro im Jahr davor -, und davon, dass sich das Vereinsvermögen auf nun 1,9 Millionen Euro verringert habe, löste keinerlei Unmut aus. Vielmehr freuten sich die Mitglieder darüber, dass (noch) auf eine Beitragserhöhung verzichtet wird. Nachfragen blieben so gut wie aus. Die Bayer AG sagt - Fußball ausgeklammert - dem Leistungssport ade. Und die Mitglieder haben auch diese bittere Pille offenbar bereits geschluckt.

    http://www.leverkusener-anzeig…ikel.jsp?id=1179819692011