Leverkusen-Trainer Peter Bosz (55) über seine Star-Truppe, holländische Pop-Festivals und Spieler mit eigener Meinung.
BILD am SONNTAG: Herr Bosz, für Bayer Leverkusen geht es heute zurück nach sechs Tagen im Trainingslager. Worauf freuen Sie sich am meisten?
Peter Bosz: Auf zwei freie Tage. Am ersten freien Tag werde ich lange schlafen – ohne Wecker. Die Tage im Trainingslager gingen meistens von 7 Uhr morgens bis nachts um 2 Uhr. Ich habe zum Beispiel mit allen 26 Spielern Einzelgespräche geführt, das muss alles vorbereitet sein. Auch die Besprechungen, die ich abends im Hotel gemacht habe. Das kostet Zeit. Wenn ich dann in mein Hotelzimmer kam, bin ich meistens nach fünf Minuten eingeschlafen.
In Ihrer Dortmunder Zeit wurde oft kritisiert, dass Sie zu lange stur an Ihrem System festgehalten haben. Hat Sie das getroffen?
Es gibt Menschen, die mich beurteilen, die aber noch nie ein Training von mir gesehen haben. Die haben vielleicht mal ein Spiel gesehen, vielleicht im TV oder sogar nur die Ausschnitte. Deren Meinung ist mir nicht wichtig. Wichtig ist mir die Meinung derer, die nah an mir dran sind – meine Co-Trainer, Rudi Völler, Simon Rolfes, Fernando Carro. Eben die, die mich täglich arbeiten sehen.
Was ist mit den Spielern?
Die sind mir auch sehr, sehr wichtig. Zu ihnen muss und möchte ich eine Verbindung aufbauen, ich arbeite ja täglich mit ihnen. Sie dürfen und sollen eine Meinung haben.
Letzte Saison Platz 4 am letzten Spieltag. Was ist für Leverkusen in der Liga drin?
Unser größter Konkurrent wird Bayer 04 sein.
Sie meinen für Bayern, Dortmund, Leipzig?
Nein, für uns selbst. Wir arbeiten hier an einer Spielweise, die größtenteils immer gleich sein wird. Es gibt kleine Unterschiede je nach Gegner, wobei man keinen unterschätzen darf in der Bundesliga. Aber gegen Bayern werden wir sicher etwas anders anlaufen als zum Beispiel gegen Schalke. Deshalb denke ich, dass es an uns liegt. Wenn wir es richtig gut machen, wird es für jede Mannschaft schwer, uns zu schlagen. Aber dafür müssen wir uns weiter steigern. Im Top-Fußball musst du immer schneller und immer besser werden. Denn das versuchen die anderen Klubs auch.
Kann Leverkusen in der Champions League ein Überraschungsteam wie Ihr Ex-Klub Ajax werden?
Noch steht unser Kader nicht endgültig. Klar, als Trainer muss ich langfristig planen. Aber kurzfristig zählen für uns nur die ersten beiden Pflichtspiele – Aachen im Pokal und Paderborn in der Liga. Die Frage, ob wir in der Champions League erfolgreich sein können, stellt sich für mich jetzt noch nicht. Das ist noch sehr weit weg.
Mit Ihrem Co-Trainer Hendrie Krüzen bilden Sie jeden Morgen eine Fahrgemeinschaft von Düsseldorf nach Leverkusen. So ein Verhältnis ist ungewöhnlich ...
Wir fahren immer zusammen, richtig. Wir sind Nachbarn und arbeiten jetzt seit fast 20 Jahren zusammen. Hendrie war früher mein Spieler, jetzt ist er seit vielen Jahren mein Co-Trainer. Unser Verhältnis ist sehr vertrauensvoll – wir sind Freunde.
Bleibt bei Ihrem Stress-Job Zeit für ein Hobby?
Fußball ist ein Hobby.
Und sonst, ohne Fußball?
Ich fahre gerne auf meinem Motorrad – mit dem Kopf im Wind. Das Gefühl liebe ich, auch wenn ich natürlich einen Helm trage. Ein Freund von mir hat eine DJ-Schule, und ich habe zu Hause ein kleines Mischpult. Aus Musik, die ich besonders mag, versuche ich etwas Schönes zu machen.
Was mixt „DJ Bosz“?
Das hängt von meiner Stimmung ab. Wenn ich gute Laune habe und mit meiner Frau zusammen bin, kann das sehr romantisch sein. Zum Beispiel R’n’B aus den 90ern. R. Kelly fand ich super. Aber ich stehe auch auf die neue Dance-Musik. Es gibt ja viele Holländer, die absolute Top-DJs sind.
Könnten Sie sich vorstellen, bei einem Festival als DJ aufzulegen?
Wie Schiedsrichter Deniz Aytekin? Nein, das nicht. Aber ich gehe jedes Jahr mit meinen alten Freunden in Holland zum Pinkpop-Festival. Da kommen immer über 100.000 Leute. Ich war das erste Mal da, um die Rolling Stones live zu sehen.
Mit wem fahren Sie hin?
Ich habe mit Hendrie Krüzen bei Heracles Almelo gearbeitet, die alten Physios kommen auch immer alle mit. Wir sind sieben, acht Jungs, schlafen in einem Zelt und haben für drei Tage Spaß wie Kinder.
Sorry, dass jetzt die Klischee-Frage kommt: Sie reisen aber nicht in einem Wohnwagen an?
(lacht) Nein, nein.
Sprechen wir noch mal über Ihren aktuellen Klub: Leverkusen und Peter Bosz – das passte offenbar vom ersten Tag an perfekt.
Das stimmt. Ich hatte gleich ein sehr gutes Gefühl. Ich bin am für mich richtigen Ort, weil ich einen Super-Staff und Fachleute um mich herum habe.
Ihre Mannschaft ist mit Spielern wie Kai Havertz, Kerem Demirbay, Charles Aranguiz oder Karim Bellarabi top besetzt. Hatten Sie jemals einen Kader, der besser zu Ihrer Idee von Angriffs-Fußball gepasst hat?
Wir haben einen guten Kader, er hat eine Kombination aus Talent, Qualität und Willen. Und gerade Willen ist eine sehr wichtige Eigenschaft für das Erreichen gemeinschaftlicher Ziele. Ich habe mit vielen besonderen Spielern gearbeitet, die aber auch oft ihre Egos hatten. Das spüre ich hier nicht. Das ist eine gute Basis für Erfolg.
Ihr Vertrag läuft noch bis 2020. Wollen Sie verlängern?
Das ist noch sehr früh. Was ich aber sagen kann: Wir sind zufrieden miteinander und ich hoffe, dass wir noch länger zufrieden miteinander sein werden.