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    Mit dem verdienten Sieg gegen Benfica geht für Leverkusen die Champions League richtig los. Das Team von ROGER SCHMIDT (47) zeigt zwei Gesichter.


    Seit Mittwoch ist Michael Schade nun ein Jahr im Amt, und man darf wohl sagen, es waren zwölf Monate mit Höhen und Tiefen. Als die Werkself in der Rückrunde der vergangenen Saison die Champions-League-Qualifikation zu verspielen drohte, wurde Sami Hyypiä entlassen, erst im Nachsitzen und mit dem neuen Trainer Roger Schmidt erreichte man die Königsklasse doch noch. Es war also kein ganz einfaches Jahr. Insgesamt, sagte Schade dieser Tage dem Express, könne er aber sagen: „Ich liebe meinen Job.“ Man darf vermuten, dass die Begeisterung des 61-Jährigen über seinen neuen Posten am Mittwoch noch ein Stück größer geworden ist.


    Wie üblich mit schwarz-rotem Fan-Schal fieberte Schade auf der Tribüne neben Sportdirektor Rudi Völler mit, und beide sahen diesmal, wie gut der Spielstil des neuen Trainers funktionieren kann. Sie beobachteten aber auch die Anfälligkeiten, die in den Wochen zuvor zum Vorschein gekommen waren.


    Nach dem Fehlstart in die Gruppenphase der Champions League durch das 0:1 in Monaco und die Niederlage in der Liga in Wolfsburg waren ja erste Zweifel an dem spektakulären, aber auch risikoreichen Pressing-Fußball des 47-Jährigen laut geworden. „Klar stehen wir unter Druck“, hatte Völler vor der Partie gegen Lissabon gesagt und von einem „Endspiel“ gesprochen. Mit dem Sieg gegen Benfica hat die Champions League nun für Bayer so richtig begonnen. Mit dem verdienten Erfolg sind die Rheinländer wieder zurück im Rennen um den Einzug in das Achtelfinale der Königsklasse. „Wenn wir gewinnen, ist alles offen“, meinte Schmidt. Entsprechend groß war die Erleichterung nach dem Schlusspfiff.


    Ohne zumindest zwischenzeitliches Zittern ging es aber auch diesmal nicht. Ein „Spiel auf des Messers Schneider“, wie es Torwart Bernd Leno erwartet hatte, war die Partie zwar nicht. Als aber Benfica überraschend zum 1:2 verkürzte, hätte die Partie auch kippen können. Der Elfmetertreffer durch Calhanoglu sorgte schnell für Ruhe, war allerdings irregulär. Und mit solchen Geschenken sollte man nicht immer rechnen.


    Ansonsten aber zeigte sich Bayer beim ersten Sieg über die Portugiesen im fünften Vergleich weitgehend souverän und – anders als in den Vorwochen – konsequent. Vor allem in der einseitigen ersten Halbzeit funktionierte vieles nahezu perfekt, das galt auch für die zuletzt mangelhafte Chancenverwertung. Als Lars Bender in der stürmischen Anfangsphase den Pfosten traf, wurden Erinnerungen an die Auftritte gegen Bremen und Freiburg wach. Dort hatte Bayer mehrfach Aluminium getroffen, was Schmidt zu der Erkenntnis gebracht hatte: „Wir waren zuletzt nicht vom Abschlussglück verfolgt.“


    Gegen Benfica aber, das dem Tempofußball kaum folgen konnte, zeigte sich Leverkusen effektiv. Insbesondere über die Außen riss Bayer immer wieder Löcher in die Defensive der Portugiesen. „Was sich bei den Chancen gezeigt hat, war, dass sich die äußeren Mittelfeldspieler nicht im Rückwärtsgang auszeichnen“, analysierte der verletzte Bayer-Kapitän Simon Rolfes in der Halbzeitpause bei Sky. Diese Schwächen bestrafte insbesondere Heung-Min Son, dabei hätte der Koreaner angeblich gar nicht von Beginn an spielen sollen. Vor dem Anpfiff hatte es eine gewisse Verwirrung gegeben, weil es zunächst hieß, Josip Drmic stehe für Son in der Startelf. Das erwies sich allerdings als Falschmeldung. „Keine Ahnung, was da im Hintergrund war. Es war völlig klar, dass Son spielt“, sagte Schmidt.


    Dadurch blieb es dann bei nur einer Änderung. Für den verletzten Tin Jedvaj (Muskelverhärtung) kehrte der zuletzt angeschlagene Ömer Toprak in die Innenverteidigung zurück. Mit den drei Punkten gegen Benfica entledigte sich Bayer einer Sorge, wie die Aufstellung aber am Samstag im Heimspiel gegen Aufsteiger Paderborn aussieht, wenn Schmidt auf seinen Ex-Klub trifft, ist noch fraglich.


    Gegen Lissabon glänzte Bayer mit dem vorletzten Aufgebot, da auch Rolfes, Gonzalo Castro, Sebastian Boenisch und Kyriakos Papadopoulos fehlten. Sollte Jedvaj auch am Wochenende ausfallen, ist die Frage, wer den nach seinem Platzverweis in Freiburg gesperrten Emir Spahic ersetzt. Das aber war beim Sieg am Mittwoch noch Zukunftsmusik.


    Quelle: kicker-Printausgabe vom 02.10.14

    Trotz des frühen Platzverweises für Spahic zeigt sich BAYER LEVERKUSEN den Freiburgern überlegen – und verpasst trotzdem den Auswärtsdreier.


    Lars Bender redete nicht lange drum herum: „Es wird Zeit, dass wir unsere Kisten machen. Dann kannst du solch ein Spiel auch in Unterzahl für dich entscheiden. Wir haben in der zweiten Halbzeit doch fast nichts mehr zugelassen.“


    Stolz über die starke Leistung in Unterzahl, Ärger über das Pech bei zwei Lattenschüssen – Bayer zwischen Baum und Borke, der eine nippte am halbvollen, der andere am halbleeren Glas.


    Tatsächlich gibt es nicht allzu viele Bundesligateams, die bei eigener Unterzahl auf des Gegners Platz dermaßen überlegen auftreten, wie Bayer dies in Freiburg gelang. Das deutliche Chancenplus spricht eine klare Sprache, ebenso die Tatsache, dass der gegnerische Torhüter der beste Spieler auf dem Platz war und mit satten 87 Ballkontakten die meisten aller Spieler auf dem Rasen hatte.


    Man darf sich darüber ärgern, dass am Ende nur ein Zähler verbucht werden konnte. Ebenso durfte man aber auch im Bewusstsein dessen den Heimweg antreten, dass man vorne dranbleibt, dass man phasenweise wieder in der Lage ist, den Fußball zu spielen, den man sich vorgenommen hat. Und: Die Werkself lernt. Zwar ist Freiburg ein anderes und sicherlich kleineres Kaliber als Wolfsburg dies am vergangenen Sonntag war. Doch während die Mannschaft dort in Unterzahl wenig Mittel fand, hatte man im Breisgau ständig Oberwasser. So ärgerlich der Platzverweis auch war – das große Ganze stimmt bei Bayer. Rudi Völlers Fazit: „Mit elf gegen elf hätten wir gewonnen.“


    Der Leverkusener Sportchef hatte bereits zur Pause bei Schiedsrichter Felix Brych vorgesprochen, „ganz ruhig“, wie er betonte. Die deutschen FIFA-Referees ziehen nach Völlers Eindruck „zu schnell“ Gelbe Karten – allerdings nur in der Bundesliga, „international machen sie das nicht“. Immerhin habe Brych („Er ist ein exzellenter Schiedsrichter!“) seine Linie durchgezogen, merkte Völler an, der selbst freilich keinen der beiden Platzverweise gegeben hätte.


    Völler wird allerdings auch nicht entgangen sein, dass viele Entscheidungen der Schiedsrichter völlig nebensächlich wären, würden die Leverkusener etwas genauer zielen. Satte sieben Aluminiumtreffer in sechs Spielen bilden einen Spitzenwert in der Liga, ein wenig mehr Abgebrühtheit täte Not. Man gewinnt den Eindruck, dass diese Mannschaft – die so viel Spielfreude ausstrahlen kann – mal wieder einen deutlichen Sieg braucht, um vielleicht vorhandene Restzweifel und Nervosität abzulegen. Und die Selbstverständlichkeit auszustrahlen, die Bayer Leverkusen zu Beginn der Saison zu einem Kandidaten für einen Spitzenplatz machte.
    F.L.



    Quelle: kicker-Printausgabe vom 29.09.14

    Nach den Ausfällen von Castro und Calhanoglu fehlen LEVERKUSEN zeitweise sechs Spitzenkräfte. Ist daran die Mehrfachbelastung Schuld?


    Der Trend ist gestoppt, nach drei Pflichtspielen mit acht Gegentoren und nur einem Punkt mühte sich Bayer Leverkusen gegen den FC Augsburg zum Sieg – doch das Mühen hat Gründe. Gut eine Woche ist es her, da schien Roberto Hilbert (29) völlig außen vor in Leverkusen. Weder stand er im Kader für das Champions-League-Spiel in Monaco noch durfte der Rechtsverteidiger am Abschlusstraining teilnehmen, obwohl dies noch vor dem Abflug nach Frankreich in Leverkusen stattfand. Rechts draußen statt Rechtsaußen – für den Ex-Nationalspieler schien das Ding mit Bayer durch.


    Gegen den FC Augsburg stand Hilbert plötzlich in der Startformation. Das Verletzungspech, das Leverkusen in diesen Wochen ereilt, erwischte kurz vor dem Spiel Gonzalo Castro (muskuläre Probleme), und Trainer Roger Schmidt musste ja auch noch den gesperrten Giulio Donati ersetzen.


    Aus der Not geboren und dennoch effektiv war die Maßnahme mit Hilbert, der die Führung durch Son geschickt vorbereitete, die rechte Seite gut im Griff hatte.


    Castros Verletzung kurz vor Spielbeginn wirft Fragen auf, die seit Wochen quer durch die Liga gestellt werden. Das Thema betrifft jeden Trainer, dessen Spieler Mehrfachbelastungen ausgesetzt sind. Zwischen den Spielen bleibt immer weniger Möglichkeit, effektiv zu regenerieren, kleinere Blessuren können nicht auskuriert werden, und diese Vorschädigungen führen im schlimmsten Falle eben dazu, dass sich Spieler schon während des Aufwärmens verletzen. Noch tiefer wurden die Sorgenfalten, als Hakan Calhanoglu nach der Pause in der Kabine blieb – freiwillig geschah dies wohl nicht.


    Zwar konnte Bayer nach Beendigung der Einkäufe den breitesten Kader seiner Bundesligahistorie präsentieren und sicherlich auch den qualitativ besten der vergangenen Jahre. Doch als nacheinander Simon Rolfes, Julian Brandt, Kyriakos Papadopoulos und Ömer Toprak („Es wird von Tag zu besser, ich hoffe, es reicht bis Samstag.“) ausfielen, war die Grenze erreicht, bei der man zur Tagesordnung übergehen konnte. Wenn Schmidt Sätze sagt wie „Wir glauben weiter an unser Spiel“ oder „Wir wollen unseren Spielstil optimieren“, dann ehrt ihn das – ohne sechs Topspieler (inklusive Castro) ist dieses Spiel aber nicht mehr ganz so einfach durchzusetzen. Zwar freuen sich Hinterbänkler wie Hilbert oder Debütant Vladlen Yurchenko. Doch fehlende Qualität und Quantität sorgen dafür, dass aus dem begeisternd aufspielenden Ensemble der ersten Saisonwochen eine Mannschaft geworden ist, die sich mühen muss. Was gegen Augsburg immerhin verdiente drei Punkte einbrachte. Und den Trend stoppte.
    F. Lußem



    Quelle: kicker-Printausgabe vom 25.09.14

    LEVERKUSEN: Ein Duo ist völlig außen vor


    Ausgerechnet in Wolfsburg, wo sich Bayer Leverkusen fast schon traditionell schwertut (siehe Info-Fläche), ist Trainer Roger Schmidt gezwungen, die Abwehr massiv umzubauen. Ömer Toprak (25) erlitt ohne gegnerische Einwirkung eine vom Verein nicht näher bezeichnete „muskuläre Verletzung an der rechten Wade“, der Einsatz am kommenden Sonntag in Wolfsburg sei fraglich. Aber: Wer Toprak am Mittwoch auch nur langsam gehen sah, kann sich nicht vorstellen, dass der türkische Nationalspieler vier Tage später harten Bundesliga-Alltag bewältigen kann. Sollte dieser Fall eintreten und Toprak tatsächlich als vierte Spitzenkraft (nach Simon Rolfes, Julian Brandt und Kyriakos Papadopoulos) länger ausfallen, wird der diplomierte Ingenieur Schmidt zum Tüftler: Zieht er Tin Jedvaj in die Innenverteidigung, käme Giulio Donati hinten rechts zum Einsatz. Möglich ist auch, dass Stefan Reinartz als Toprak-Ersatz aufläuft, er fehlt dann allerdings als Alternative im Mittelfeld.


    Ob der Trainer angesichts der drohenden Zwangs-Umstellungen auch freiwillig etwas ändert, ist zweifelhaft. Bedarf gäbe es durchaus: Sebastian Boenisch wirkt hinten links überspielt, in einigen Phasen agiert er verunsichert und überhastet. Da wächst die Neugier auf den jungen Brasilianer Wendell, der bislang noch ohne Einsatz in der Bundesliga ist und auf seine Chance brennt. Zwei andere Akteure dürften ihre Zukunft bei Bayer hinter sich haben: Robbie Kruse und Roberto Hilbert sind offenbar komplett außen vor, waren auch beim Abschlusstraining vor der Reise nach Monaco überhaupt nicht mit von der Partie.
    FRANK LUßEM



    Wolfsburg feierte nur gegen Leverkusen zwölf BL-Heimsiege.
    Die letzten drei BL-Heimspiele gegen Bayer gewann der VfL und traf dabei immer dreimal.


    Einseitig: Beide Teams spielten am letzten Spieltag remis.
    Stefan Kießling erzielte gegen Wolfsburg elf BL-Tore, nur gegen Stuttgart traf er öfter (14-mal).
    Der VfL hält mit Bas Dost und Ivica Olic dagegen, die beide zweimal gegen Bayer trafen.


    Bisherige Bilanz dieser Paarung:
    Heimsiege 12
    Remis 1
    Auswärtssiege 4



    Quelle: kicker-Printausgabe vom 18.09.14

    LEVERKUSEN: Bayers Doppelsechs überzeugt


    Kurz sorgte die UEFA vor der Partie in Monaco für Verwirrung, als sie Stefan Kießling als Kapitän führte, obwohl Lars Bender – „Vize“ des verletzten Simon Rolfes – in der Startelf stand. Dann aber trug natürlich der Nationalspieler die Binde und er machte von der ersten Minute an klar, dass er ein würdiger Kapitän ist.


    Im dritten Einsatz nach viermonatiger Verletzungspause imponierte Bender als kampfstarker Balleroberer, setzte den Monegassen immer wieder ein Stoppzeichen, oft tief in deren Hälfte.


    Benders Spielintelligenz hilft ihm, die Praxis-Defizite auszugleichen. Bereits gegen Werder Bremen hatte er sich verblüffend agil präsentiert, auch deutliche Spuren in der Offensive hinterlassen.


    Gemeinsam mit Gonzalo Castro bildet er nach dem Ausfall von Rolfes eine Doppelsechs, die in Deutschland keinen Vergleich zu scheuen braucht. Dabei übernimmt der Deutsch-Spanier zunehmend den gestalterischen Part, geht häufig in die Spitze, während Bender absichert, das Gegenpressing eröffnet, für Ballgewinne sorgt. Eine Stunde reichte die Kraft gegen Werder, nun bereits 75 Minuten in Monaco, starke Minuten, in denen er keinen Laufweg, schon gar keinen Zweikampf scheute. Und auch keine klaren Worte: „Wer nicht trifft, darf sich nicht wundern, dass er am Ende nicht gewinnt.“
    F. Lußem



    Quelle: kicker-Printausgabe vom 18.09.14

    Zum Auftakt der Königsklasse setzte es eine unnötige Pleite. Dennoch ist Coach ROGER SCHMIDT (47) stolz auf sein Team.


    Das laue Nacht-Lüftchen, das einen herrlichen Spätsommertag an der Cote d’Azur abrundete, konnte die Gemütslage der Leverkusener Delegation nicht wegpusten: „Bonjour Tristesse“ hieß es direkt nach der Pleite gegen die AS Monaco. Und es schien und klang vielfach so, als sei die „Werkself“ erneut da angekommen, wo sie schon so häufig stand: irgendwo im Nirgendwo, talentiert zwar, aber nicht wirklich bereit, alles zu tun für den Erfolg.


    Ist es tatsächlich wieder so weit? Es spricht vieles dagegen. Es müssen Stellschrauben gedreht werden, das zeigten die 90 Minuten. Aber: Das große Ganze stimmt. „Wir haben in der ersten Halbzeit ein fast perfektes Spiel gezeigt“, durfte Roger Schmidt nach der Partie unwidersprochen behaupten. Bayer hatte Monaco beherrscht, allerdings erneut (wie schon zuletzt gegen Werder Bremen) die Qualität im Abschluss vermissen lassen. Fünf klare Chancen und ständige Spielkontrolle ließen Schmidt schwärmen: „Ich bin begeistert von dem, was meine Mannschaft über weite Strecken geleistet hat, als das Spiel noch ausgeglichen war.“


    Warum sie nach dem Rückstand den Schlüssel nicht fand, der die Tür zum Ausgleich hätte öffnen können, wird in den kommenden Tagen Gegenstand der nötigen Analyse des Trainerteams sein. Schmidts Ansatz: „Wer so viele Chancen herausspielt, geht vielleicht nicht so konzentriert mit der Situation um wie die Mannschaft, die nie vor das Tor kommt.“ Der Dienstag im Fürstentum mag als Beleg für die These taugen – Monacos erster Torschuss war drin …


    Bayer-Sportchef Rudi Völler kann sich als ehemaliger Stürmer in diese spezielle Situation hineinversetzen, relativiert das Geschehen: „Besorgt wäre ich nur dann, wenn wir überhaupt keine Chancen gehabt hätten.“


    Was bleibt, ist das Bemühen, die gute Stimmung nicht kippen zu lassen: „Die Euphorie war sicherlich ungesund“, sagte Geschäftsführer Michael Schade, „aber der Trainer hat es geschafft, in der Mannschaft eine Stimmung zu erzeugen, wie wir das lange nicht erlebt haben.“


    Davon will man nun, in Zeiten des ersten Gegenwindes, profitieren. Auch Stefan Kießling fordert: „Wir müssen jetzt aufpassen, dass nicht alles schwarzgemalt wird. Wir waren enttäuscht, die Pleite war bitter. Aber wir sind überzeugt von unserem Spiel und ziehen das durch.“


    Das klingt nicht nach „Bonjour Tristesse“. Das mag das Leverkusen von heute von dem vergangener Zeiten unterscheiden: Die Köpfe sind oben. Motto: Im Fußball ist nicht alles immer erklärbar. Aber was gestern in ganz Deutschland bejubelt wurde, muss heute nach einer Pleite nicht auf den Prüfstand gestellt werden. Noch mal Kießling: „Irgendwann geht die Kugel rein!“
    Frank Lußem



    Quelle: kicker-Printausgabe vom 18.09.14

    Erneut bereitete BAYER LEVERKUSEN seinen Fans einen spektakulären Abend. Doch es blieben Fragen.


    Plötzlich war sie da, die Szene, vor der sich alle so ein bisschen gefürchtet hatten in Leverkusen. Diese in Fachkreisen „Verlagerung gegen das Pressing“ genannte Finte, in der die Kugel urplötzlich aus der „Chaoszone“ (viele Spieler, ein Ball) in die diagonal entgegengesetzte Ecke des Rasens geschlagen wird. Also dorthin, wo sich die pressende Mannschaft im Normalfall in Unterzahl befinden muss. Werder Bremen nutzte diese Situationen und entfachte damit eine Diskussion, die vor allen Dingen von Missverständnissen geprägt wurde.


    Roger Schmidt sah offensichtlich von den Journalisten, die fünf Gegentore in zwei Heimspielen der Leverkusener kritisch hinterfragen wollten, seine Arbeit in Frage gestellt. Womit er sicherlich zu empfindlich reagierte.


    Fakt ist: Jeder zollt Schmidt den Respekt, den er sich in der kurzen Zeit seines Wirkens verdient hat. Die Leistungen seiner Spieler sind spektakulär, die Spiele schön. Leverkusen ist zu Recht Spitzenreiter und hat die meisten Tore erzielt.


    Bei halbwegs normalem Verlauf hätte Werder am Freitag zur Halbzeit in der Kabine bleiben können. Latte und Pfosten standen dem entgegen. Aber: Niemand kritisierte Schmidt oder stellte gar sein Tun in Frage. Doch die Frage, warum Bayer nach dem Treffer zum 3:2 nicht ein bisschen Dampf vom Kessel nahm, um den Gegner auszukontern, die ist legitim. Es ging ja in diesem Spiel nicht mehr um Latte und Pfosten, um Pech und Glück. Die Führung war ja spektakulär zurückerobert worden. Es ging um ungeschicktes Defensivverhalten. Denn nach dem Treffer zum 3:3 gelang Werder erneut ein Überfall auf die Leverkusener Balldiebe, der um ein Haar (bei 4:2-Überzahl der Gäste) zum Siegtreffer für das Team von Robin Dutt geführt hätte.


    Was bleibt? Fans, die sich gut unterhalten fühlen. Aber eben auch berechtigte Fragen, die sich auf Dinge beziehen, die sich auf dem Rasen abspielen – keine Nebenkriegsschauplätze, keine Interna.


    Am Samstag gab sich Schmidt dann auch versöhnlicher: „Wir haben es nicht ideal gemacht. Da werden wir feinjustieren müssen“, konzedierte er, fügte aber auch selbstbewusst an: „Wir wissen, was wir machen. Und wir werden immer weniger zulassen, weil wir immer besser werden.“ Wir werden es beobachten!



    Quelle: kicker-Printausgabe vom 15.09.14

    Mit seinen erst 22 Jahren geht BERND LENO bereits in seine dritte Champions-League-Saison. Der Torhüter hat eine Menge vor.


    Die 64. Minute lief am Freitag in der Bay-Arena, da wechselte der Abend für Bernd Leno seine Farben. Von tiefem Schwarz ins erträgliche Hellgrau – immerhin. Mit einem Reflex klärte Leverkusens Torhüter gegen Bremens Stürmer Davie Selke, der plötzlich mutterseelenallein vor ihm aufgetaucht war. „Wenn du die Dinger um die Ohren geschossen bekommst und keinen Ball hältst, dann ist das sicher kein schöner Abend. So konnte ich wenigstens noch zweimal was für die Mannschaft machen.“ Zweimal, weil Leno acht Minuten später auch gegen Fin Bartels in letzter Sekunde klärte.


    Den Abend verbrachte er weitgehend im Manuel- Neuer-Algerien-Modus. Die offensive Spielweise der Werkself unter ihrem neuen Coach Roger Schmidt verlangt extrem nach einem mitspielenden Torhüter: Ein gelungener Ausflug über 40 Meter, zwei Kopfbälle vor dem Strafraum – Leno überzeugte (trotz eines Wacklers nach einer Flanke) nicht nur in seinem ureigenen Arbeitsbereich zwischen den Pfosten.


    So wie es aussieht, wird sich an seiner Arbeitsplatzbeschreibung als spielender Torhüter kurz- und mittelfristig nichts ändern. Auch für die Partie in Monaco kündigt Bayer Vollgas-Fußball inklusive aller Risiken an – Champions League hin oder her. „Wir haben hart gearbeitet, um diese Gruppenphase zu erreichen“, sagt Leno und fordert: „Wir dürfen uns nicht mehr in die Hose machen. Das ist uns zu oft passiert.“


    18 Spiele (inklusive der diesjährigen Qualifi kationsspiele gegen Kopenhagen) absolvierte Leno in der Königsklasse, die sich für ihn wie für den Klub mal als strahlende Schönheit, dann wieder als wahres Ungeheuer präsentierte. Tolle Siege an stimmungsvollen Abenden gegen den FC Chelsea oder Valencia auf der einen, frustrierende Niederlagen gegen Barcelona, Manchester United oder Paris St.-Germain auf der anderen Seite. „Die Champions League“, das hat der beim VfB Stuttgart ausgebildete Bernd Leno seit seinem Debüt 2011 gelernt, „ist etwas ganz Besonderes. Das sind Spiele, bei denen ganz Deutschland hinschaut.“ Dementsprechend groß sei die Chance für jeden Spieler, auf höchstem Niveau auf sich aufmerksam zu machen: „Der Wettbewerb bietet mir die Voraussetzung, mich zu zeigen.“


    Nun ist es das Eine, sich zu zeigen. Sinnvoll wird dies erst, wenn auch von den richtigen Leuten hingeschaut wird. Im Falle Leno hofft ganz Leverkusen darauf, dass Bundestrainer Joachim Löw sich über die Besetzung hinter Manuel Neuer im Laufe der Zeit Gedanken macht und der 22-Jährige („Es ist sicherlich nicht gewöhnlich, dass man als Torwart in diesem Alter schon zum dritten Mal in der Champions League dabei ist“) in diesen Gedanken eine Rolle spielt. Aktuell blendet Leno das Thema aus: „Ich weiß, dass ich mich vor niemandem verstecken muss, solange ich meine Leistung bringe. Aber solange dies nicht in der Nationalmannschaft geht, heißt es für mich eben: Volle Pulle Bayer Leverkusen.“


    Mit dieser Einstellung passt er bestens in sein aktuelles Team. Auch in Monaco wird Leno bisweilen wohl Probleme haben, die Trikotbeflockung seiner weit aufgerückten Abwehrkollegen zu erkennen. Was ihm wiederum keine Probleme bereitet. Der Torhüter steht voll hinter dem Offensivprogramm, mit dem Roger Schmidt seine Mannschaft ins Rennen schickt. Auch bei Abwägung aller Risiken, wie sie gegen Werder Bremen zutage traten: „Daran ändert auch so ein 3:3 nichts. Wir hatten es vor der Pause auf dem Fuß und Pech mit den Aluminiumtreffern. So weit, wie es gekommen ist, hätte es gar nicht kommen müssen.“


    Monaco, das kleine Fürstentum mit der wohl bekanntesten Spielbank der Welt, wird also am Dienstag „vollen Einsatz“ sehen. Leno: „Ein Auswärtssieg wäre der Big Point, das wäre ganz großes Kino.“ Und so ganz nebenbei eine ordentliche Basis für die kommenden Aufgaben. Bayer will nicht nur ins Achtelfinale, sondern dort zunächst den ganz dicken Brocken aus dem Weg gehen. Was zuletzt nicht gelang. Zum dritten Mal hintereinander startet Bayer im europäischen Königswettbewerb in der Fremde. Beim FC Chelsea setzte es 2011 an der Stamford Bridge ein 0:2 – es war Lenos erstes Spiel in der Champions League, er beendete es als „Man of the Match“ und mit der kicker-Note 1. In Manchester unterlag Bayer 2013 klar mit 2:4. Trotzdem erreichte der Bundesligist jeweils als Gruppenzweiter das Achtelfinale – in dem die Träume dann abrupt beendet wurden. Jetzt ist Platz eins das große Ziel. „Aber“, sagt Leno, „die Gruppe ist komisch.“ Es fehlen Favorit und Außenseiter: „Alles bewegt sich auf Augenhöhe, jedes Spiel wird zum Endspiel“, sagt Bernd Leno. Der Dienstag wird zeigen, wie komisch die Gruppe wirklich ist.
    FRANK LUßEM



    Quelle: kicker-Printausgabe vom 15.09.14

    LEVERKUSEN: Der australische Stürmer hofft auf einen Kaderplatz


    Zunächst erwischte es Kapitän Simon Rolfes, anschließend Hoffnungsträger Julian Brandt. Dem einen riss die Syndesmose, dem anderen Außenband und Kapsel am rechten Sprunggelenk. „Wir sind lange vom Verletzungspech verschont geblieben, jetzt hat es uns auch erwischt“, sagt Rudi Völler vor dem zweiten Heimspiel hintereinander, wobei der Sportdirektor bewusst darauf verzichtet, Trübsal zu blasen: „Für die betroffenen Spieler ist es bitter, aber jetzt wird der Fokus eben auf andere Jungs gerückt.“


    Stefan Reinartz ist erster Kandidat für die Position von Simon Rolfes, der nach erfolgter Operation am vergangenen Montag seine Reha in Leverkusen begann. Dahinter wartet mit Nationalspieler Lars Bender ein prominenter Kandidat auf Einsatzzeiten, aber auch ein Youngster wie Levin Öztunali (18) rutscht nach dem Ausfall des Kapitäns in der Hierarchie eine Stufe nach oben. Für den U-19-Europameister spricht zudem die Vielseitigkeit: Er kann – alternativ zur Doppel-Sechs – durchaus auch offensiv auf der rechten Seite eingesetzt werden, wo zuletzt Julian Brandt (18) als erste Alternative zum Südkoreaner Heung-Min Son galt.


    Einer, der während der Transferperiode hätte wechseln können, sich aber bewusst für einen Verbleib in Leverkusen entschied, bekommt für diesen durchaus mutigen Schritt möglicherweise die Belohnung: Robbie Kruse, der vielseitige Angreifer, der lange wegen eines Kreuzbandrisses fehlte, nun aber wieder angreifen will.


    Sein Vorhaben, sich über Einsätze in der australischen Nationalmannschaft Praxis und Selbstvertrauen auch für den Klub zu holen, wurde kurzfristig jedoch durchkreuzt: Zwar reiste er zur Nationalmannschaft, doch weder gegen Belgien (0:2) noch gegen Saudi-Arabien (3:2) stand er im Aufgebot der „Socceroos“ – außer Spesen nichts gewesen für den „Fußballer des Jahres“ von Ozeanien. Dennoch wird auch er damit rechnen können, demnächst wieder in den Kader der Werkself zu gelangen. „Wir haben jetzt sieben Spiele in vier Wochen“, sagt Rudi Völler, „da können wir jeden gut gebrauchen.“ Bewusst habe man sich für eine Verbreiterung des Kaders entschieden, „jetzt sieht man, wie schnell sich das Blatt wenden kann“.
    FRANK LUßEM


    Quelle: kicker-Printausgabe vom 11.09.14

    Ähnlich wie der englische Topklub setzt auch Leverkusen bei Talenten auf Leihgeschäfte. CHRISTOPH KRAMER (23) reifte so zum Weltmeister, aber nicht alle Youngster dürften diesen Weg gehen.


    Wenn man sich die Karriere des Philipp Lahm anschaut, mag man kaum glauben, dass es eine Zeit gab, in der den Kapitän des FC Bayern München kein Klub verpflichten wollte. Angeboten „wie Sauerbier“ habe er Lahm Anfang der 2000er Jahre, erzählte Bayerns langjähriger Nachwuchs- und aktueller Co-Trainer Hermann Gerland einmal. Dabei war Lahm „mit 17 Jahren schon perfekt“, so Gerland weiter: „Nur den wollte keiner haben.“


    Lahm, inzwischen 30 Jahre alt, Weltmeister, Champions-League-Sieger, je fünfmaliger Deutscher Meister und Pokalsieger, ist eines der prominentesten Beispiele dafür, wie ein Leihgeschäft die Karriere eines Talentes positiv beeinflussen kann. 2003 gaben die Bayern den damals 19-Jährigen, der nur in der Regionalliga-Mannschaft spielte, für zwei Jahre und gegen die bescheidene Leihgebühr von 200 000 Euro nach Stuttgart ab. Beim VfB entwickelte er sich unter Felix Magath nicht nur zum Stamm-, sondern sogar zum Nationalspieler.


    Auf eine ähnliche Entwicklung wie bei Lahm hoffen auch derzeit wieder viele Klubs, die ihre Talente verleihen. In der Bundesliga setzt vor allem Bayer Leverkusen auf das Modell der „Leih- und Optionsspieler“, wie sie beim Werksklub genannt werden. „Die Variante, Spieler zu verleihen, wenden wir für die Spitzenspieler an. Wir machen das nicht, um Geld zu verdienen, sondern wir versuchen, die Spieler besser zu machen, zu entwickeln, um sie später in den Lizenzspielerkader zu bringen“, erklärt Dirk Dreher, bei Bayer für die Leihspieler verantwortlich.


    Wie die Beispiele Lahm, Mats Hummels (einst von Bayern an Dortmund verliehen) oder aktuell Christoph Kramer (von Leverkusen nach Gladbach verliehen) zeigen, kann das Modell hervorragend funktionieren. Neben dem Ansatz, einem jungen Spieler anderswo durch eine Ausleihe Spielpraxis zu verschaffen, um ihn anschließend wieder in die eigene Profimannschaft einzubauen, gibt es aber noch eine weitere Motivation für Leihgeschäfte. Profis, die aussortiert wurden, für die sich aber kein Käufer findet, können sich so andernorts empfehlen. Oftmals übernimmt der Stammverein in solchen Fällen einen (Groß-) Teil des Gehalts, eine Leihgebühr wird, wenn überhaupt, nur in geringem Umfang fällig.


    Bei Bayer, dem „deutschen Chelsea“, ist derzeit fast eine ganze Mannschaft verliehen (siehe Infokasten), zusätzlich kann der Klub einige transferierte Spieler per Rückkaufoption für eine festgeschriebene Ablösesumme zurückholen. Nicht bei jedem wird das wohl passieren. „Wir wissen natürlich, dass wir nicht alle Nachwuchstalente in unsere Bundesligamannschaft bringen können“, sagt Dreher. Leihgeschäfte können für eine Karriere förderlich sein, sie müssen es aber nicht.


    Leverkusen, das in den vergangenen Jahren auch davon profitierte, Talente von anderen Vereinen als Leih- oder Optionsspieler zu holen (beispielsweise Toni Kroos, Dani Carvajal, Emre Can), verfolgt diesen Ansatz nun auch deshalb, weil man auf die eigene U 23 verzichtete. Einige Talente, die zuvor in Bayers Regionalliga-Reserve spielten, besitzen schlicht noch einen gültigen Vertrag in Leverkusen, für sie war aber kein Platz im Profikader.
    JAN REINOLD



    Bayer-Leihspieler: 2 im Ausland
    Name...........................Alter.........aktueller Verein
    Malcolm Cacutalua.........19............VfL Bochum
    Dennis Engelman...........19............Fortuna Köln
    Dominik Kohr.................20............FC Augsburg
    Christoph Kramer...........23............Bor. Mönchengladbach
    Arkadiusz Milik...............20............Ajax Amsterdam
    Joel Pohjanpalo..............19............Fortuna Düsseldorf
    Seung-Woo Ryu.............20............Eintracht Braunschweig
    Konstantinos Stafylidis....20............FC Fulham
    Maximilian Wagener.......19............VfL Osnabrück
    Philipp Wollscheid..........25............1. FSV Mainz 05



    Quelle: kicker-Printausgabe vom 11.09.14

    LEVERKUSEN: Traumeinstand für kroatischen Innenverteidiger – Völler und Schmidt begeistert


    Es sind Tage wie im Traum für Tin Jedvaj. Pokal, Bundesliga, Champions League – der 18-jährige Defensivspieler ist plötzlich überall gefragt. Am Montag reagierte Kroatiens Nationaltrainer Niko Kovac auf die imponierenden Leistungen des Leverkusener Neuzugangs und nominierte ihn erstmals für die Nationalmannschaft seines Landes – ein Höhepunkt jagt für Jedvaj in dieser noch jungen Saison den nächsten.


    „Wir hatten Vertrauen in ihn, weil wir ihn schon länger auf dem Radar hatten“, sagt Rudi Völler, der das Leihgeschäft mit seinem Ex-Klub AS Rom abwickelte. Dort kickte Jedvaj eine Saison, schaffte den Durchbruch nicht. Dies soll nun in Leverkusen passieren. Über zwei Jahre läuft der Zeitvertrag, im ersten Überschwang sagte Jedvaj am Samstag nach dem für ihn denkwürdigen Spiel gegen die Hertha mit Tor und Eigentor: „Ich hoffe, dass es einige Jahre mehr werden.“ Gut möglich, Bayer besitzt eine Kaufoption.


    Seit der zweiten Halbzeit des Spiels in Kopenhagen spielt er rechter Verteidiger, macht seine Sache auf dieser Position sehr gut. Die Arbeitsplatzbeschreibung von Roger Schmidt setzte er jeweils um. „Früh attackieren, schnell nach vorne spielen, schnell abschließen“ – so lautet die Vorgabe des Trainers an seine Außenverteidiger. Umso schöner, dass Jedvaj sein Soll übererfüllte: Gegen Kopenhagen holte er nach einem Sprint über 80 Meter einen Elfmeter heraus, gegen Berlin tauchte er plötzlich in Mittelstürmerposition auf und verwertete Gonzalo Castros Pass zum 1:1. Völler: „Tin ist taktisch sehr gut ausgebildet. Als gelernter Innenverteidiger und Sechser hat er ein Gefühl für das Zentrum, weiß, wann er gehen kann. Vor allen Dingen zieht er seine Sprints durch. Er spielt sehr konsequent.“


    Seine jugendliche Unbekümmertheit half ihm am vergangenen Samstag über das Eigentor hinweg. Sein Trainer bescheinigte ihm ein „kroatisches Herz“, ein Sonderlob für den blonden Kämpfer, den er trotzdem behutsam aufbaut. Gegen die Hertha war nach 65 Minuten Schluss. „Ich hatte vorher damit gerechnet“, verrät Schmidt, „dass es kräftemäßig für 90 Minuten nicht reichen kann.“


    Weil dies so war, saß Giulio Donati vorsorglich als Alternative auf der Bank, was wiederum den Brasilianer Wendell um den Kaderplatz brachte. Der Linksverteidiger – für rund 6, 5 Millionen Euro aus Porto Alegre nach Leverkusen gewechselt und aktuell mit der brasilianischen U 21 unterwegs – konnte sich bislang nicht gegen Sebastian Boenisch durchsetzen. Roger Schmidt bittet um Geduld: „Wir sind zufrieden mit seiner Entwicklung und geben ihm alle Zeit, die er braucht.“
    FRANK LUßEM


    Quelle: kicker-Printausgabe vom 04.09.14

    Schon als es nicht so lief für Bayer, fiel er auf. Karim Bellarabi (24) rannte, trickste, schoss – zunächst erfolglos. Das änderte sich nach der Pause, und der Mann mit dem Neun-Sekunden-Rekordtor beteiligte sich auf seine Art am Erfolg der Werkself gegen Berlin: Fulminant die Vorarbeit zum 3:2, spektakulär der Abschluss beim 4:2. Es ist die Story eines fast Gescheiterten, der offenbar doch noch die Kurve kriegt. Er kam zurück aus Braunschweig, sollte verliehen werden. Doch Roger Schmidt erkannte schnell das Potenzial, besitzt offenbar das richtige Händchen für den in Berlin geborenen Deutsch-Marokkaner. Der will sich noch einen Traum erfüllen und Nationalspieler werden. Für Deutschland oder Marokko? Keine Antwort. Er will alles auf sich zukommen lassen. Und die Pause nutzen, um Kraft zu tanken. Für Spiele wie am Samstag.
    F. Lußem



    Quelle: kicker-Printausgabe vom 01.09.14

    Talent hatten sie schon immer. Doch ROGER SCHMIDT (47) scheint den Spielern etwas Wichtigeres vermittelt zu haben.


    Stefan Kießling ärgerte sich über das Wetter und das ist an einem Sonntag ein gutes Zeichen beim Leverkusener Stürmer. Weil es bedeutet, dass der Samstag gut gelaufen ist. Nach Niederlagen kriegt Kießling meist nicht mit, welches Wetter überhaupt ist – insofern bedeuteten die dunklen Wolken über dem Rheinland am Sonntag nicht wirklich etwas.
    Es läuft bei Bayer – selbst wenn es nicht läuft. Wie in der ersten Halbzeit gegen die Hertha, als man fahrig und umständlich agierte, zwar überlegen, aber nicht wirklich zielstrebig. Dazu der Rückstand. Kurz und schlecht: Faktoren, die dieses Team vor einiger Zeit aus dem Rhythmus gebracht hätten.
    Nicht so im Spätsommer 2014. „Wir kamen aus der Kabine und keiner von uns hat daran gezweifelt, dass wir das Ding noch umbiegen“, fasst Kießling die Gemütslage der Leverkusener zusammen – Entschlossenheit pur! Auch nach dem erneuten Rückstand? Zweifel? „Nein, keine Sekunde!“ So klingt Selbstbewusstsein.
    Roger Schmidt, dem neuen Trainer, ist anscheinend gelungen, woran der eine oder andere seiner Vorgänger gescheitert ist. Vor nicht allzu langer Zeit beschrieb die Süddeutsche Zeitung das Team von Bayer als „trainerkritisch“. Und in der Tat konnten etwa Bruno Labbadia oder Robin Dutt ein garstig Liedchen davon singen, wie es ist, wenn man plötzlich den gesamten Kader gegen sich weiß.
    Aktuell erlebt man in Leverkusen das exakte Gegenteil. Roger Schmidt erreicht offensichtlich die Köpfe seiner Spieler. Sie lassen die Gedanken, die der Trainer sich macht, einfließen, können nachvollziehen, was er möchte. Heraus kommt diese Mischung aus Leidenschaft, Explosivität und Zielstrebigkeit, die – gepaart mit dem ohnehin vorhandenen Talent – für das Mehr an Leistung sorgt, für Begeisterung auf den Rängen und Respekt auf dem Rasen. „Roger Schmidt“, konstatiert Stefan Kießling, „hat uns Siegermentalität vermittelt.“
    Gehen wir getrost davon aus, dass neben der Arbeit auf dem Platz und bei den Videoanalysen auch eine Menge gesprochen wird in Leverkusen. Und dass dabei der Teamgedanke im Mittelpunkt steht. Offensichtlich hat Schmidt bei der Moderation des Kaders die richtigen Worte gefunden: „Er spricht mit jedem Spieler“, verrät Kießling, „er hat einen Plan und jeder das Gefühl, Teil dieses Plans zu sein.“
    Jeder ein Teil des Ganzen – dies äußert sich bei scheinbaren Nebensächlichkeiten wie dem Torjubel. Wo anderswo die Selbstdarsteller immer neue und oft peinliche Posen präsentieren, gilt in Leverkusen: „Schmidteinander!“ Man freut sich gemeinsam: „Wer das alleine machen will, der soll sich eine Einzelsportart suchen“, sagt Kießling. Nebensächlich – und doch wieder nicht. Weil eines immer klar war: Ziehen bei Bayer Teamgeist und Entschlossenheit ein, dann kann diese Mannschaft überraschen.



    Quelle: kicker-Printausgabe vom 01.09.14

    LEVERKUSEN: Ein Wechsel gestaltet sich als schwierig


    Als der britische Independent an diesem Dienstag vom Interesse des Londoner Premiere-League-Klubs West Ham United an Philipp Wollscheid berichtete, überraschte dies keinen mehr. Längst ist man auf der Insel aufmerksam geworden auf den Leverkusener Abwehrspieler, der von Statur und Spielweise auch durchaus zu dem einen oder anderen Klub dort passen würde. Tatsächlich aber überraschte ebenso wenig die Tatsache, dass der Innenverteidiger am Mittwoch auch immer noch auf der Gehaltsliste von Bayer Leverkusen stand.


    Man tut sich derzeit etwas schwer mit dem Wechsel. Bayer hatte bis zum Mittwoch noch keine offizielle Anfrage eines Klubs vorliegen – auch nicht aus England. Dabei wurden die Eckdaten klar kommuniziert, ob bei einem möglichen Verkauf oder bei einer Leihe. Wollscheid weiß durchaus, was Bayer Leverkusen will, und er muss nun eigentlich nur noch einen Verein präsentieren.


    Rund fünf Millionen Euro soll der ehemalige Nürnberger kosten, der bislang stets betonte, dass er nicht ausgeliehen werden will. Sollte es allerdings hart auf hart kommen, wäre auch dies kein Tabu mehr. Zumal sich in Leverkusen die Situation in einem Jahr völlig anders darstellen kann: Emir Spahic wird Bayer 2015 verlassen, ebenso Kyriakos Papadopoulos, dessen Leihe nur eine Saison läuft. Die Karten werden dann also neu gemischt. Vielleicht mit Wollscheid?
    FRANK LUßEM


    Quelle: kicker-Printausgabe vom 28.08.14

    Die Handschrift von Trainer ROGER SCHMIDT (47) ist bereits unverkennbar: Bayer überrumpelt seine Gegner – und macht so auch international Furore.


    Nach den Siegen bei Waldalgesheim, in Kopenhagen und Dortmund durfte Bayer 04 erstmals in der neuen Saison im eigenen Stadion ran – und die Heimpremiere von Trainer Roger Schmidt geriet gleich zum echten Feier-Abend. Im „wichtigsten Spiel der Hinrunde“ (Sportchef Rudi Völler) gelang nicht nur der souveräne Einzug in die Champions-League-Gruppenphase. Vielmehr bewies das Team um Kapitän Simon Rolfes einmal mehr, wie schnell es die Philosophie seines neuen Chefcoaches bereits verinnerlicht hat. Bärenstarkes Gegenpressing führte erneut zu einer blitzartigen Führung, diesmal durch Balleroberer Heung-Min Son nach Doppelpass mit Stefan Kießling nach 69 Sekunden. Eine atemberaubende Parallele aller bisherigen Auftritte: Bei Waldalgesheim lag Bayer auch binnen 120 Sekunden vorn, in Kopenhagen nach fünf Minuten und beim BVB nach neun Sekunden.


    Diese Überrumpelungstaktik ist ein wesentlicher Bestandteil der Handschrift Schmidts, dem Rückpässe zum eigenen Torwart nach dem Anstoß laut eigenem Bekunden „Magengeschwüre verursachen“ würden. Doch derlei Beschwerden bleiben bislang den gegnerischen Abwehrreihen vorbehalten. Die Unerbittlichkeit, mit der Leverkusen seinen Stil durchzieht, erinnert an die Auftritte des jungen Boris Becker in Wimbledon Mitte der 80er Jahre: Serve and volley à la Bum-Bum-Bayer! Beeindruckend auch das überfallartige Umschalten aus der eigenen Abwehr, mustergültig vorexerziert nach einer halben Stunde, als der durchgestartete Außenverteidiger (!) Tin Jedvaj in Mittelstürmerposition nur noch per Foul gestoppt werden konnte. Mit dem fälligen Elfmeter zum 3:0 beseitigte Kießling die allerletzten theoretischen Zweifel am Einzug ins Feld der Top-32, der Bayer rund 20 Millionen Euro garantiert.


    Seit der Rückeroberung des vierten Champions-League-Platzes vor der Saison 2012/13 ist die Bundesliga zum zweiten Mal hintereinander mit einem Quartett vertreten. Lediglich Gladbach scheiterte 2012 an Kiew. Und Bayers aktueller Auftritt nährt die Hoffnung, dass wie vergangene Saison alle vier deutschen Starter sogar ins Achtelfinale einziehen könnten. Wie in Dortmund bewiesen Schmidts Schützlinge am Mittwoch nämlich auch, die Balance zwischen Angriff und Defensive halten zu können. „Erfolgreicher und toller Fußball“ – Völlers Forderung bei Schmidts Amtseinführung wird schon nahezu perfekt erfüllt.


    Quelle: kicker-Printausgabe vom 28.08.14

    EINWURF VON CHRISTOPH DAUM
    Der derzeit vereinslose Trainer arbeitete von 1996 bis 2000 bei Bayer Leverkusen.

    Das Erreichen der Gruppenphase der Champions League war nach dem Auswärtssieg in Kopenhagen keine wirkliche Überraschung mehr. Jetzt bin ich gespannt, ob Bayer Leverkusen auch in der Königsklasse bereit ist, den nächsten Schritt zu machen, und dabei in der Lage ist, die Lücke nach oben zu verkleinern.
    Als ich die Partie der Leverkusener bei Borussia Dortmund verfolgte, traute ich zeitweise meinen Augen nicht. Selbst am Fernsehschirm war die Präsenz greifbar, diese unglaubliche Rasanz, mit der die Mannschaft den Gegner in Bedrängnis brachte.
    Dieses Spiel zeigte bereits exemplarisch, wohin Roger Schmidt mit seiner Mannschaft will: Es gilt, sofort zu agieren, die Initiative zu ergreifen, den Gegner physisch und psychisch zu dominieren. Dabei wird das frühe Attackieren von sofort nachrückenden Spielern unterstützt, dadurch bleibt das gesamte Gebilde kompakt, die Aktionsräume und -möglichkeiten des Gegners werden extrem eingeengt.
    Der Fußball, den Schmidt spielen lässt, stellt höchste Ansprüche an Aufmerksamkeit und Konzentration der Spieler. Er will sie alle immer aktiv im Spiel haben. Das verlangt enorm hohe Laufbereitschaft, vor allen Dingen ohne Ball. Jeder Spieler muss bereit sein, sofort umzuschalten und die nötigen Wege mitzugehen.
    Viele Phasen der ersten Spiele lassen darauf schließen, dass die Profis Schmidts Forderungen in Sachen Aggressivität, Laufbereitschaft und Konzentration verinnerlicht haben. Die Flexibilität wird ergänzt durch die Fähigkeit, ein sicheres, ruhiges Passspiel aufziehen zu können, das den Gegner durch einen plötzlichen, explosiven Tempowechsel vor unlösbare Probleme stellt.
    Ich bin sicher, dass die Balance im Bayer-Spiel stimmt. Es wurden nicht extrem viele Chancen zugelassen. Die Räume, in die der Gegner aufgrund der Leverkusener Strategie der Vorwärtsverteidigung scheinbar stoßen kann, sind alles andere als leicht zu bespielen, da meist weit entfernt vom Geschehen.
    Bayer Leverkusen konnte sich in Europa etablieren. Ergebnisse und Platzierungen zuletzt waren aller Ehren wert. Dennoch war der Impuls, den der neue Trainer nun setzte, nach den Erfahrungen der vergangenen Saison wichtig. Attraktives Offensivspiel, mutig und erfolgreich – das wollen die Menschen sehen. Meine einzige Sorge: Reicht der Kader angesichts der Belastungen? Zwar ist gezielt eingekauft worden, aber die eigenen Ansprüche sind hoch. Ich drücke Bayer Leverkusen die Daumen, dass es klappt.


    Quelle: kicker-Printausgabe vom 28.08.14