Die Geschichte der Fußballtaktik (8-teilige Spox.com-Reihe)

  • Geschichte der Fußball-Taktik, Teil 1
    Montag, 13.07.2009


    Der Siegeszug der "englischen Krankheit"


    Nie wurde in Deutschland soviel über Fußball-Taktik diskutiert wie heute. Doch woher kommen 4-4-2 und 4-2-3-1 und ballorientierte Raumdeckung? Gemeinsam mit Sky-Kommentator und SPOX-Blogger Andreas Renner haben wir versucht, der Sache auf den Grund zu gehen. Herausgekommen ist die SPOX-Themenwoche: Die Geschichte der Fußball-Taktik in acht Teilen.


    Vor 20 Jahren wäre die Geschichte der Fußball-Taktik sicher kein Thema für die Medien gewesen. Damals war Taktik in Deutschland fast ein Schimpfwort. Bis heute halten sich alte Klischees: Wenn ein Fußballspiel Fahrt aufnimmt, dann liegt das daran, dass die "taktischen Fesseln gesprengt" werden.


    Ein "von der Taktik geprägtes Spiel" ist langweilig. Und dass die Einstellung wichtiger ist als die Aufstellung, hört man immer wieder, wenn es um die taktische Grundordnung einer Mannschaft geht. Hm, wenn die Ordnung einer Mannschaft unwichtig ist, warum gibt man ihr dann eine? Na ja, weil es nämlich sehr wohl darauf ankommt, wer wo und wie spielt.


    In den vergangenen zehn Jahren hat sich aber auch in Deutschland die Erkenntnis durchgesetzt, dass Taktik wichtig ist. Und dass wir im taktischen Bereich Nachholbedarf hatten und haben. Und selten wurde auch von den Fans so intensiv über taktische Fragen diskutiert wie während der Fußball-EM 2008. Sollten Jogis Jungs im 4-4-2 spielen oder doch lieber im 4-2-3-1. Und was ist eigentlich der Unterschied?


    SPOX geht dem Thema ausführlich auf den Grund. Denn die Geschichte der Fußball-Taktik ist schließlich auch die Geschichte des Sports an sich. Wozu das gut sein soll? Nun, jede taktische Innovation im Fußball baut logisch und konsequent auf dem auf, was vorher war. Um Zusammenhänge zu verstehen, muss man die historische Entwicklung kennen. Und die birgt durchaus überraschende Erkenntnisse.


    Deshalb fangen wir ganz vorne an, als Fußball und Rugby noch ein und dasselbe waren. Wir werden sehen,...


    ...dass die Raumdeckung das erste Deckungssystem im Fußball war.


    ...dass das schnelle Spiel nach vorne aus den dreißiger Jahren stammt.


    ...dass die besten Trainer früher aus Ungarn kamen und die Brasilianer taktisch gar nicht so unbedarft waren.


    ...dass der Catenaccio von einem Argentinier geprägt wurde.


    ...dass Pressing schon in den 60ern "modern" war, und dass ein Schuhverkäufer die deutsche Fußballwelt ins Wanken brachte.


    Doch genug der Vorrede: Los geht's mit dem 1. Teil der Geschichte der Fußball-Taktik.


    Am Anfang war die Pyramide
    Am Anfang war der Ball. Und sonst eigentlich nichts. Wobei, streng genommen war nicht einmal der Ball so, wie wir das heute gewohnt sind. Schließlich gab es keine festgeschriebenen Regeln. Deshalb waren weder die Größe des Spielfeldes, noch die Zahl der Spieler oder der Umfang und das Gewicht des Balls festgeschrieben. Am Anfang war Fußball eben noch nicht wirklich Fußball. Am Anfang war Fußball nämlich auch Rugby.


    Und mit Anfang sind nicht irgendwelche mittelalterlichen Spiele gemeint, bei denen die Bewohner zweier Dörfer versuchten, ein ungefähr rundes Spielgerät durch die Stadttore des Gegners zu bugsieren.


    Nein, der Anfang liegt im frühen 19. Jahrhundert, wo an Schulen und Universitäten ein Spiel betrieben wurde, das teils Fußball und teils Rugby war. Erst 1863 wurden nämlich Regeln für Fußball niedergeschrieben. Trotzdem gab es natürlich vorher schon Spiele. Und da jede Schule oder Uni ihre eigenen Regeln hatte, wurde meist einfach nach den Regeln des Heimteams gespielt.


    Der entscheidende Anstoß zur Festschreibung einheitlicher Regeln war die Gründung des englischen Fußballverbands (Football Association, kurz: FA) im November 1863. Fünf Mal trafen sich die Herren, bevor sie sich einig waren, dass sie sich nicht einigen konnten. Und von da an gingen die einen ihres Weges und spielten Rugby. Und die anderen eben Fußball.


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    "Wenn du mit Bayer den Titel holst, dann schreibst du Geschichte. Das ist etwas für die Ewigkeit."

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  • Geschichte der Fußball-Taktik, Teil 2
    Dienstag, 14.07.2009


    Mr. Chapman, der Erfinder von fast allem


    Herbert Chapman war der erste moderne Fußballtrainer. Als Spieler war der Sohn eines Minenarbeiters allerdings keine große Nummer gewesen.


    Chapman wechselte regelmäßig von einem unbedeutenden Klub zum nächsten. Einzig seine letzte Station als Spieler, Tottenham, versprühte so etwas wie Glamour. Allerdings nur, wenn man nicht weiß, dass Chapman dort für das Reserveteam kickte.


    Schon damals war klar: Ein großer Trainer muss nicht unbedingt ein großer Spieler gewesen sein.


    Die Erfindung des Konters
    1907 bekam Herbert Chapman eher zufällig das Angebot, Trainer zu werden. Mit Northampton startete er schlecht, aber er ließ sich etwas einfallen: seine erste taktische Innovation.


    Während die anderen Teams attackierten, was das Zeug hielt, erkannte Chapman, dass man "das Angreifen auch übertreiben" könne, und sorgte dafür, dass seine Truppe sich regelmäßig zurückfallen ließ, um den Gegner aus dessen Hälfte zu locken und so Räume für eigene Attacken zu kreieren. Heute sagt man "kontern" dazu. Am Ende gewann Northampton die Meisterschaft und schoss satte 90 Tore.


    Beinahe das Ende
    Der erste Weltkrieg und ein Skandal um unrechtmäßige Zahlungen an Spieler (für den der aufstrebende Coach von der FA zunächst lebenslang gesperrt wurde) hätten Chapmans Trainerkarriere beinahe frühzeitig beendet. Doch nach zweijähriger Pause begnadigte ihn der Verband und Chapman bekam einen Job als Assistenztrainer von Huddersfield Town.


    Heute spielt Huddersfield in Liga 3, von 1920 bis 1952 waren die Terriers allerdings erstklassig. Nur einen Monat dauerte es, bis der eigentliche Cheftrainer Ambrose Langley sich entschied, seinen Lebensunterhalt lieber als Gastwirt zu verdienen. Was Rückschlüsse auf die Gehaltsstruktur zur damaligen Zeit zulässt. Und schon war Chapman der Chef.


    Torflaute
    Unterdessen steckte der Fußball in einer Krise. Aufgrund der strengen Abseitsregel gab es immer weniger Tore. Die Regel war auch wie gemalt für eine Abseitsfalle.


    Weil drei Gegner bei der Ballabgabe näher am eigenen Tor sein mussten als der vorderste Angreifer, konnten zwei Mann bedenkenlos auf Abseits spielen. Schließlich stand ja noch ein anderer Verteidiger dahinter. Besonders Newcastles Verteidiger Frank Hudspeth und Bill McCracken trieben ihre Gegner so zur Verzweiflung.


    Und so war die Torproduktion auf, so dachte man, unglaublich niedere 2,58 Tore pro Spiel gesunken. Zum Vergleich: Heute entspricht das in etwa dem internationalen Schnitt, die deutsche Bundesliga liegt etwas darüber.


    Dixie Dean trifft 60 Mal
    Damals war die FA der Meinung, einschreiten zu müssen. Und das tat sie dann auch. Der Vorschlag, eine Linie 40 Meter vor dem Tor zu ziehen, hinter der ein Stürmer nicht mehr Abseits stehen konnte, fand keine Mehrheit. Die Variante, von drei Mann vor dem ersten Angreifer auf zwei zu reduzieren, setzte sich stattdessen durch.


    Im Juni 1925 trat die Regel in Kraft. In der darauf folgenden Saison stieg der Schnitt der pro Spiel erzielten Tore auf 3,69. Dixie Dean vom FC Everton erzielte in dieser Saison unglaubliche 60 Treffer. Da wird sogar ein Gerd Müller vor Neid blass.


    Herbert Chapman, FC Arsenal, taktisches SystemNeue Regeln bedeuteten auch neue Strategien; der neu geschaffene Raum auf dem Feld wollte schließlich ausgefüllt werden. Verteidigen war schwerer geworden, so dass die zwei Defensivspieler im alten 2-3-5 System nicht mehr reichten.


    WM-System
    Chapman zog seinen zentralen Mittelfeldakteur, Mittelläufer genannt, in die Abwehr zurück und füllte die Lücke im Mittelfeld mit einem weiteren, zurückgezogenen Angreifer. So wurde aus 2-3-5 ein 3-2-2-3: das WM-System. WM hat übrigens nichts mit der deutschen Abkürzung für Weltmeisterschaft zu tun, sondern mit der Positionierung der Spieler auf dem Feld. (siehe Grafik)


    Nach drei Meisterschaften mit Huddersfield wechselte Chapman nach London. Sein neuer Klub war ein abstiegsbedrohter Verein namens Arsenal, der bis dahin genau gar nichts gewonnen hatte. Es war durchaus ein Wagnis, schließlich war der Vereinsvorsitzende Sir Henry Norris für seine Exzentrik berüchtigt.


    In einer Zeit, in der Ablösesummen von 3000 Pfund Standard waren, verbot er seinen Trainern, mehr als 1000 Pfund für einen Akteur auszugeben. Und es gab eine Regel, dass Neuzugänge nicht kleiner sein durften als 1,70 Meter. Als Chapmans Vorgänger den nur 1,55 Meter großen Hugh Moffat verpflichtete, wurde der vom Vorsitzenden sofort weiterverkauft, ohne auch nur einmal für Arsenal gespielt zu haben.


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  • Geschichte der Fußball-Taktik, Teil 3
    Mittwoch, 15.07.2009


    Ungarn, Brasilien und das Wunder von Bern


    Nandor Hidegkuti war bereits 30 Jahre alt. Ein Alter, in dem die meisten Fußballerkarrieren sich unaufhaltsam dem Ende nähern. Doch Hidegkutis beste Jahre standen noch bevor. Denn er wurde zum Schlüsselspieler von Ungarns "goldener Mannschaft" der 50er Jahre.


    Bis 1952 hatte Hidgekuti meist auf dem rechten Flügel gespielt, sowohl unter Trainer Marton Bukovi bei MTK Budapest als auch im Nationalteam bei Gusztav Sebes, und auch schon große Erfolge gefeiert wie den Olympiasieg 1952.


    Seine Bestimmung fand Hidegkuti als zurückgezogener Mittelstürmer im Angriff der Magyaren. Ein Spiel definierte Higekuti als Schlüsselspieler der Ungarn und machte seine Mannschaft zur besten der Welt. Es war der 25. November 1953, als Ungarn in Wembley mit 6:3 triumphierte. Es war, nach fast 80 Jahren, die erste Heimniederlage der Engländer gegen ein nicht-britisches Team. Und es war der Schlusspunkt einer Entwicklung, die lange vorher begonnen hatte.


    Jahrzehntelang hatten die Engländer konsequent an ihrer Spielweise festgehalten. Als Erfinder des Fußballs waren sie selbstverständlich davon ausgegangen, dass ihre Führungsrolle nicht in Frage gestellt würde. Auf Ewigkeit.


    Österreich als Wegbereiter
    Doch auf dem europäischen Kontinent und in Südamerika gab es durchaus andere Spielideen. Schon in den 20er Jahren hatte es in Österreich ein starkes Team unter Trainer Hugo Meisl gegeben. Der schmächtige Mittelstürmer Mathias Sindelar wurde so etwas wie der erste Künstler der Fußballgeschichte, eine Art Netzer der Fußball-Frühgeschichte.


    Und die Österreicher feierten auch große Erfolge. Zum Beispiel ein 5:0 gegen Schottland im Jahr 1931. Kurz darauf folgte, hoppla, ein 6:0 gegen Deutschland in Berlin. Titel gibt es für die Österreicher aber keine, mehr als Platz vier bei der WM 1934 war für sie nicht drin.


    Das System Meisls war ein gewöhnliches 2-3-5, das WM-System von Herbert Chapman war ihm zu defensiv orientiert. Der entscheidende Unterschied zum englischen Fußball war aber nicht das System, sondern der Stil: Meisl praktizierte die Abkehr vom britischen Kraftfußball und ein Hinwenden zu technisch geprägten Pass-Stafetten.


    Die Österreicher hielten den Ball in den eigenen Reihen und kreierten so den bis heute gängigen Gegensatz zwischen dem physisch geprägten Fußball der Nordeuropäer und dem technischeren Spiel des Donau-Fußballs, der nicht nur in Wien und Budapest, sondern auch in Prag gepflegt wurde. Aus dieser Tradition kamen also die Ungarn in den 50ern.


    WM? Unter Englands Würde
    Davon hatte man jedoch auf der Insel wenig mitbekommen. Schließlich lebte das Fußball-Mutterland fröhlich in selbst gewählter Isolation. 1928 war die englische FA aus der FIFA ausgetreten. Und so fanden die ersten drei Weltmeisterschaften ohne englische Beteiligung statt. Weil man die Teilnahme an einem solchen Wettbewerb unter der britischen Würde fand.


    Bei ihrer ersten WM-Teilnahme 1950 setzte es für die Engländer dann aber eine peinliche 0:1-Niederlage gegen das Fußball-Entwicklungsland USA. Ein deutlicher Hinweis, dass der Rest der Welt die Insel eingeholt oder gar überflügelt hatte. Der ungarische Sieg in Wembley war der logische Endpunkt dieser Entwicklung.


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  • Geschichte der Fußball-Taktik, Teil 4
    Donnerstag, 16.07.2009


    Catenaccio - die dunkle Seite des Fußballs


    Der Mann, der den Ruf von Italiens Fußball weltweit ruinierte, war gar kein Italiener. Helenio Herrera, der den Catenaccio (deutsch: Riegel) weltberühmt machte, wurde in Argentinien geboren, zog mit seiner Familie aber schon bald nach Marokko.


    In Casablanca begann er seine Spielerkarriere, die er anschließend in Frankreich fortsetzte. Herrera bestritt sogar zwei Länderspiele für Frankreich. Mit 25 musste er die aktive Laufbahn wegen einer Knieverletzung beenden.


    In Frankreich begann dann auch Herreras Trainerkarriere. Es folgten diverse Stationen in Spanien und Portugal, unter anderem bei prominenten Klubs wie Atletico Madrid, Sevilla und dem FC Barcelona. Und zwar ohne Catenaccio. Als er schließlich bei Inter Mailand anheuerte, gab es den Catenaccio bereits. Und er hatte auch einen historischen Vorläufer.


    Wer hat's erfunden?
    1937 wurde Karl Rappan Trainer der Schweizer Nationalmannschaft, betraut mit der Aufgabe, das Team zur Fußball-WM 1938 in Frankreich zu führen. Zu dieser Zeit waren die Schweizer wohl das schwächste Team in Zentraleuropa. Und Rappan musste sich etwas einfallen lassen, um gegen die Großen zu bestehen.


    Seine Philosophie fasste er so zusammen: "Man kann eine Mannschaft unter zwei Gesichtspunkten zusammenstellen. Entweder man hat elf Individuen, die mit ihrer Klasse und ihrem Talent stark genug sind, um den Gegner zu besiegen. Brasilien wäre ein Beispiel. Oder man hat elf durchschnittliche Fußballer, die in ein bestimmtes Konzept, einen Plan, integriert werden müssen. Dieser Plan zielt darauf ab, zum Wohle der Mannschaft das Beste aus jedem Mann herauszuholen."


    Der Riegel
    Rappans Lösung hieß "Schweizer Riegel". Im Vergleich zum klassischen 2-3-5 wurden die beiden Halbstürmer zurückgezogen, als Außenverteidiger. Die beiden ursprünglichen Verteidiger agierten nun beide zentral, hintereinander. Und prompt war der Libero geschaffen.


    Da die Lücke zwischen Mittelfeld und Sturm nun aber sehr groß wurde (weil damals die offensiven Flügelspieler nicht nach hinten arbeiteten), zog Rappan sein gesamtes Team weit zurück und setzte auf Konter.(siehe Grafik)


    Mit Erfolg, wie das großdeutsche Team erfahren musste, das bei der WM 1938 in der ersten Runde gegen die Schweiz ausschied. Nachdem sich die Nazis Österreich einverleibt hatten, schickten sie nämlich eine gemischte Mannschaft aus Deutschen und Österreichern nach Frankreich.


    Aber genau das war der Defensivfußball zuerst (und ist es natürlich auch noch bis heute): Das Mittel der Schwächeren, wenn es gegen einen übermächtigen Gegner geht.


    Unfreiwilliges Mauern
    Und genau das war er zu Beginn auch in Italien. Zum Beispiel in Salerno, wo Trainer Gipo Viani für sich die Erfindung des Catenaccio reklamierte. So stieg der Provinzklub 1947 in die Serie A auf, aber der Abstieg folgte prompt nach nur einer Saison.


    Dann gab es da noch Nereo Rocco, der mit Triest einmal Platz zwei und zweimal Platz 8 in der Serie A belegte. Respektable Ergebnisse für einen Klub dieser Größe. Anfang der 50er spielte Inter unter Alfredo Foni Catenaccio und Rocco nahm seine Philosophie von Triest nach Mailand mit, wo er mit dem AC Meisterschaften und Europapokale holte.


    Doch Catenaccio bleibt für immer mit dem Namen Helenio Herrera verbunden, auch wenn er ihn nicht erfunden hat. 1960 kam er zu Inter Mailand und holte mit seiner neuen Mannschaft in acht Jahren drei Meisterschaften und zwei Mal den Europapokal der Landesmeister.


    Der Argentinier machte Schluss mit den romantischen Vorstellungen vom Fußball. "Nichts als Geschwätz", sei das Gerede vom attraktiven, offensiven Spiel. Das Ziel des Fußballs wurde umgedeutet: Es ging nicht mehr darum, mehr Tore zu schießen als der Gegner. Der Fokus lag nun darauf, weniger Tore zu kassieren als die andere Mannschaft. Und ja, das ist ein großer Unterschied.


    Wie freiwillig das geschah, sei zunächst einmal dahin gestellt. Schließlich spielte Inter in den ersten beiden Herrera-Jahren kein Catenaccio und belegte in der Liga erst den dritten und dann den zweiten Platz. Nicht genug für Klubboss Angelo Moratti, bekannt für seine Ungeduld. Herrera bekam ein Ultimatum: Noch eine Saison, dann mussten Titel her.


    Die Angst geht um
    Herreras Antwort: Er nahm einen Mittelfeldspieler aus der Mannschaft und platzierte dafür einen Ausputzer hinter der Abwehr. Dafür bekam der linke Verteidiger mehr Freiheiten nach vorne. Hier ging es also nicht mehr darum, qualitative Nachteile auszugleichen. Stattdessen reagierte die Angst vor dem Verlieren (und zwar des Spiels und des Jobs). So hatte nun wirklich jeder Klub Grund zum Mauern: Groß und klein, arm und reich.


    Und so sah Inters Offensivphilosophie aus: "Im Angriff wussten alle Spieler, was ich wollte: Vertikaler Fußball mit hohem Tempo, nicht mehr als drei Pässe zum gegnerischen Strafraum. Wenn man den Ball durch einen vertikalen Pass verliert, dann ist das kein Problem - aber wenn man ihn bei einem Querpass verliert, dann zahlt man mit einem Gegentor dafür." Sätze, die auch von heute stammen könnten.


    Gesamter Artkel

    "Wenn du mit Bayer den Titel holst, dann schreibst du Geschichte. Das ist etwas für die Ewigkeit."