Henrique: Glaube an den Titel, Rückkehr zu Barça

  • SPORT BILD: Henrique, Sie tragen Mütze und Handschuhe hier in den Katakomben der BayArena. Frieren Sie etwa?

    Henrique (22): (lacht) Ich komme zwar aus Coritiba, da ist es im Winter auch mal fünf Grad an ein paar Tagen, aber mit dem deutschen Winter ist
    das natürlich überhaupt nicht zu vergleichen.



    Wie war die Umstellung für Sie?


    Die war in den vergangenen Monaten nicht ganz einfach. Hier habe ich vor ein paar Wochen das erste Mal in meinem Leben Schnee gesehen. Das war für mich eine völlig neue und unbeschreiblich schöne Erfahrung. Sie müssen wissen: Für mich und für viele andere Brasilianer ist es ein Kindheitstraum, einmal im Schnee zu spielen. Das hat mich unheimlich beeindruckt. Ich habe sofort meine Mutter angerufen und ihr davon erzählt.



    Sportlich lief es allerdings nicht mehr rund für Sie, seitdem es kalt wurde.


    Stimmt. Die Hinrunde war gut für Leverkusen und für mich persönlich – ich habe alle 17 Spiele über 90 Minuten absolviert. Aber als Profi darf man nie zufrieden mit seiner Leistung sein. Man muss immer bereit sein, den nächsten Schritt zu machen, versuchen, über sich hinaus zu wachsen. Das ist das, was Profi auszeichnet.



    War das bei Ihnen zuletzt nicht mehr so? Oder sind Sie zufrieden mit sich und Ihrer Leistung?


    Ich kann nicht sagen, dass ich mit mir zufrieden bin. In den ersten Spielen der Rückrunde saß ich plötzlich auf der Bank, das ist keine schöne Situation für mich. Schließlich muss man tatenlos zusehen und kann der Mannschaft nicht helfen. Aber ich denke positiv: Es spornt mich an, noch härter an mir zu arbeiten. Die Entscheidung liegt beim Trainer und nicht bei mir.



    Die Entscheidung darüber, wie es im Sommer mit Ihnen weitergeht auch nicht...


    Richtig. Aber ich will mich derzeit aber voll auf Bayer konzentrieren. Wie es weiter geht, das muss man demnächst sehen. Es besteht reger Kontakt mit Barcelona, sie beobachten mich, erkundigen sich, wie es mir geht und schauen, wie ich mich entwickle.



    Man hat gehört, dass Barcelona Sie unbedingt zurückholen will.


    Natürlich freue ich mich schon darauf, mit den vielen Weltstars zu spielen. Barca gehört für mich zu den Top-Mannschaften auf der Welt. Natürlich ist es mein Traum, Teil eines solchen Teams zu sein. Aber hier in Leverkusen fühle ich mich derzeit auch sehr wohl.



    Juan, Emerson, Lucio – ist das auch Ihr Plan, in Leverkusen den Durchbruch zu schaffen?

    Die Karrieren dieser Spieler kennt in Brasilien jedes Kind und der Name Leverkusen gehört fest dazu. Man weiß ja von ihnen und anderen, dass Leverkusen ihr Sprungbrett in Europa war und sie später eine Weltkarriere hinlegten. Das ist mein Traum, ganz klar.



    Waren Sie vorigen Sommer denn überhaupt in Barcelona?


    Ja, einen Tag, um die sportärztliche Untersuchung über mich ergehen zu lassen und meinen Vertrag zu unterschreiben. Ich habe Andres Iniesta, Xavi und Carles Puyol kennen gelernt – die sind alle gut drauf und freundlich. Und erfolgreiche Fußballer sind es auch. Die Meisterschaft ist ihnen kaum zu nehmen.



    Die Bundesliga ist spannender – was ist für Leverkusen drin?


    Es ist sehr eng da oben. Wir haben ein tolles Team mit einem guten Mix aus jungen und erfahrenen Spielern, deshalb sage ich ganz deutlich: Der Titel ist für uns möglich, daran glauben wir hier alle.



    Was ist mit den Bayern?


    Die haben eine starke Mannschaft mit tollen Einzelspielern – wir aber auch. Wir haben auch Spieler, die den Unterschied machen können. Aber unsere Stärke ist vor allem das Einheitsgefühl, das ist sehr wichtig um Erfolg zu haben. In anderen Mannschaften, in denen ich gespielt habe, habe ich das so noch nicht erlebt.



    Wie zeigt sich das?


    Wir gehen zum Beispiel gemeinsam essen, aber es geht um die Grundstimmung: Jeder hilft dem anderen. Keiner ist auf seinen persönlichen Vorteil aus. Alle wollen die Mannschaft als Gruppe weiterbringen, es gibt keine Egoisten, das ist unser Erfolgsgeheimnis.



    Also am liebsten Deutscher Meister werden, zu Barca wechseln und dann zur WM 2010 fahren?


    Genau so stelle ich mir das vor. (lacht). Klar, mein nächstes Ziel ist die Meisterschaft. Und wenn ich hier weiter gut arbeite, hoffe ich natürlich, dass ich in Barcelona eine Chance bekomme und bei der WM 2010 in der Seleção spielen darf.




    Quelle: www.sportbild.de