Partner, die sich auch stumm verstehen

  • Partner, die sich auch stumm verstehen


    Von Christian Oeynhausen, 14.01.09, 21:27h
    Leverkusens Trainer Bruno Labbadia arbeitet seit vielen Jahren mit seinem "Co" Eddy Sözer zusammen. Ohne seinen 40-jährigen Assistenten wäre der Fußball-Coach nicht zu


    BELEK - Plötzlich stand unlängst Peter Hermann am Leverkusener Trainingsplatz in Belek. 32 Jahre lang war er in Leverkusen als Spieler und Co-Trainer, jetzt ist er Assistent in Nürnberg. Der Zweitligist trainiert in Belek gleich um die Ecke. Es gab ein großes Hallo, Hermann ist fester Teil dessen, was man die „Bayer-Familie“ nennt. Seinen Posten beim Werksklub aber hat seit dem Sommer Eddy Sözer (40) eingenommen.


    Peter Hermann hat eine Menge Cheftrainer in Leverkusen erlebt und viele Konzepte mitgetragen. Als Bayer 04 nach der Entlassung von Michael Skibbe bei der Spielvereinigung Greuther Fürth wegen Bruno Labbadia anfragte, war bald klar, dass der Kandidat nicht allein zu haben war. „Für mich ist es eine Grundbedingung, dass ich meinen Partner mitnehmen kann. Das wäre ein K.o.-Kriterium“, sagt der 42-Jährige. Nicht ohne Eddy. Und andersherum ist es genauso. Nicht ohne Bruno. „Den Schritt nach Fürth hätte ich nur mit Bruno Labbadia gemacht. Fürth war der wichtigste Schritt in unserer Zusammenarbeit“, sagt Sözer, der seinen Beruf als Informatik-Kaufmann aufgab, um beim Zweitligisten hauptamtlich „Co“ zu werden. Er ist ledig, das erleichterte den Schritt.


    Es gibt schon einige feste Gespanne im deutschen Fußball. Christoph Daum und Roland Koch vom 1. FC Köln trafen sich Ende der 80er Jahre an der Deutschen Sporthochschule. In Köln, in Leverkusen, in Istanbul blieben sie zusammen, Kochs iranische Ausflüge als Chefcoach in Teheran blieben Episoden. Ottmar Hitzfeld hatte zwölfeinhalb Jahre lang seinen Michael Henke. „Man muss so viele Dinge einbringen, wenn man neu zu einem Klub kommt. Es sind alles fremde Leute. Du musst ein komplettes Team haben. Eddy geht meine Schlagzahl mit“, sagt Labbadia. Das ist die Stärke eines solchen Duos: Es ist weniger anfällig gegen den Druck gewachsener Strukturen eines Klubs. Labbadia muss nicht Leverkusen-Fußball liefern. Leverkusen kauft sich ein paar Jahre Labbadia-Fußball. Sie sind nicht Familie.


    Labbadia hat den 40 Jahre alten Türken bei Darmstadt 98 kennen gelernt. Sözer, der seine Spielerkarriere mit 21 Jahren wegen Verletzungen beendete, führte die A-Junioren in die Bundesliga, Labbadia an seiner ersten Cheftrainer-Station die Herren in die Regionalliga. Danach übernahm Sözer die zweite Mannschaft der Darmstädter, die Zusammenarbeit wurde enger. „Wir haben uns rangetastet“, sagt Labbadia.


    Der Chef sieht den „Co“ nicht als treuen Hütchenaufsteller, sondern als Partner. Das Wort fällt immer wieder. „Partnerschaft heißt, zusammen für ein Ziel mit allen seinen Stärken zu arbeite, sich zu ergänzen, in vieler Hinsicht quer zu denken, aber gemeinsam auch Entscheidungen zu treffen“, sagt Sözer. Dazu gehört aber, dass die Verhältnisse klar sind. „Labbadia ist das Gesicht unserer Arbeit. Ich mag aus meiner Position heraus eine gewisse Zurückhaltung, Ich bin mir meiner Aufgabe und Position sehr bewusst“, sagt Sözer. Gegenüber der Mannschaft gilt: Labbadia wird gesiezt, bei Sözer ist das Du erlaubt.


    „Wir überprüfen uns“


    Mit drei Jahren kam Sözer als Sohn einer Gastarbeiterfamilie aus Istanbul nach Deutschland. Sein Türkisch ist nicht gut, findet er, sein Deutsch, das er mit hessischem Zungenschlag spricht, ist perfekt. Dass ein Türke seinerzeit in Darmstadt Abitur machte, war keine Selbstverständlichkeit, Sözer betont das gern. Er legt Wert darauf, sich gewählt auszudrücken. Man hört, dass er mal in einem Büro Projekte geplant hat.


    Mit Labbadia versteht er sich auch stumm: „Manchmal müssen wir gar nichts sagen, wir schauen uns nur in die Augen.“ Aber nur manchmal. Denn sowohl Labbadia als auch Sözer sprechen viel und schnell. Zum Beispiel so: „Wichtig sind in unserer Partnerschaft die vier Punkte: Ehrlichkeit, Respekt, Loyalität sowie gegenseitiges Feedback. Wir überprüfen uns täglich und suchen nach Möglichkeiten, uns zu verbessern.“



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