Kann kein normales Spiel sein

  • Für den Trainer von Bayer 04 Leverkusen sind die Derbys das Interessanteste in der ganzen Bundesliga-Saison. Labbadia, ehemaliger Spieler des 1. FC Köln, sieht viele Verbindungen der beiden Vereine.

    KÖLNER STADT-ANZEIGER: Herr Labbadia, als Sie als neuer Trainer in Leverkusen vorgestellt wurden, haben Sie sich strikt geweigert, über ihre Zeit beim 1. FC Köln zu sprechen. Diese Woche müssen Sie sich damit auseinandersetzen.


    LABBADIA: Ich vermeide es eigentlich generell vor den Spielern und auch in der Öffentlichkeit, über meine Spielerkarriere zu reden. Für mich ist das abgehakt. Ich kann mir nichts mehr dafür kaufen, dass ich mal Spieler war. Und ich habe als Spieler die Erfahrung gemacht, dass ein Trainer zu viel von früher erzählt, was die Spieler auf Dauer langweilt. Wichtiger ist, dass wir das, was wir heute machen, genießen und erhalten. Das Spieler-Dasein war der schönste Beruf, und jetzt habe ich den zweitschönsten Beruf.


    Ist das Derby damit für Sie ein ganz normales Spiel?


    LABBADIA: Nein, das kann kein ganz normales Spiel sein. Es ist immer was Besonderes. Ein richtiges Derby, das ist das Interessanteste in der ganzen Saison. Das ist überall so, denken Sie an Lazio gegen AS Rom in Italien oder Liverpool gegen Everton in England. Diese Spiele machen einen besonderen Reiz aus. Diesmal kommt noch dazu, dass Christoph Daum ja hier eine sehr, sehr gute Zeit hatte, dass Patrick Helmes bis zu dieser Saison noch in Köln gespielt hat. Und ich auch, auch wenn es lange her ist. Dieses Derby hat eine große Bedeutung für unsere Anhänger, dessen muss man sich bewusst sein, und so bewerten wir es auch.


    Müssen Sie Ihre Spieler besonders darauf hinweisen oder eher ablenken?


    LABBADIA: Das wird sich in dieser Woche zeigen. Man merkt ja schon jetzt, wenn man die Zeitungen aufschlägt: Jetzt geht's los. Das geht an den Spielern ja nicht vorbei. Entscheidend ist für mich aber, dass es auf sportlichem Weg ausgetragen wird, dass außerhalb Ordnung herrscht, dass jeder mit soviel Vernunft an die Sache geht, so das niemand zu Schaden kommt.


    Welche Berührungspunkte gibt es zwischen Ihnen und Christoph Daum?


    LABBADIA: Wir sind uns ein paarmal begegnet. Ich habe seinen Weg immer beobachtet, hier sowieso und auch in Stuttgart und in der Türkei. Er hat schon Großes geleistet. Für ihn und den 1. FC Köln war es wichtig, aus der zweiten Liga rauszukommen. Jetzt, muss man sagen, haben sie die erste Liga sehr, sehr gut angenommen. Es ist ja auch, was die Punktezahl betrifft, ein sehr interessantes Spiel.


    Stößt man im Innenleben von Bayer 04 Leverkusen noch auf Spuren von Christoph Daum?


    LABBADIA: Man könnte jetzt Dinge nennen wie zum Beispiel das Becken am Trainingsplatz. Aber das fände ich ein bisschen zu klein für die Person Christoph Daum. Er hat hier mit den Verantwortlichen von damals großartige Arbeit geleistet und den Verein nach vorn gebracht.


    Wie schätzen Sie den 1. FC Köln ein? Sie mussten sich ja auch im letzten Jahr als Trainer von Greuther Fürth mit ihm beschäftigen.


    LABBADIA: Die haben sehr gute Leute dazubekommen zu einer Mannschaft, die ja zum großen Teil sowieso keine Zweitliga-Mannschaft war. Vor allem in der Abwehr haben sie sich gut verstärkt. Aber in erster Linie beschäftigen wir uns immer mit uns selbst. Das heißt nicht, dass ich dem 1. FC Köln keinen Respekt entgegenbringe oder wir als Bayer 04 Leverkusen. Aber wir sind der Meinung, das wir aus unserer Mannschaft mehr rausholen können, wenn wir auf uns schauen und uns nicht auf jeden Gegner neu einstellen. Da liegt das meiste Potenzial. In Fürth zum Beispiel musste ich mich aus finanziellen Gründen entscheiden: Lasse ich meine Mannschaft immer analysieren oder immer den Gegner? Das war ein Kostenpunkt. Bevor ich kam, wurde immer der Gegner analysiert. Ich habe gesagt: Nein, der Gegner ist jede Woche ein anderer. Ich habe viel mehr davon, wenn ich meiner Mannschaft gute Dinge oder Fehlverhalten kontinuierlich zeigen kann. In Leverkusen haben wir natürlich andere Möglichkeiten. Wir beobachten natürlich die Gegner, um herauszufinden, wo wir mir unserer Spielart am besten durchkommen können.


    Sie haben jetzt acht Spiele mit Bayer 04 gemacht, von denen Sie fünf gewonnen haben, aber auch alle acht hätten gewinnen können. Glauben Sie, das Sie im Verein alle überzeugt haben?


    LABBADIA: Im Moment schon, denke ich. Aber ich weiß, dass man immer kurzfristig von Ergebnissen abhängig ist, egal wie gut man arbeitet. Nehmen Sie Jos Luhukay, der ist vor zehn Wochen noch gefeiert worden und jetzt ist er kein Trainer mehr. Aber ich bin von unserem Weg überzeugt, und die Mannschaft hat gemerkt, dass es ihr gut tut, was wir tun. Bis jetzt haben wir unser Spiel überall durchgedrückt, aber unterm Strich zu wenig Punkte geholt. Der Abstand zu Mannschaften, bei denen es angeblich eine Krise gibt, ist zu gering.


    Müssen Sie Patrick Helmes auf das Derby besonders vorbereiten? Er ist nach Bekanntgabe seines Wechsels in Köln eine Zeit lang angefeindet worden.


    LABBADIA: Ich weiß nicht, wie die Kölner Fans ihn aufnehmen werden. Aber ich hoffe, dass sie verstehen, das der Patrick beim FC bis zum letzten Tage alles dafür getan hat, dass es überhaupt zu einem Derby kommt. Das spricht für seine Einstellung. Er hat damals eine Zeit mitgemacht, die einen prägt. Wenn man da durchgeht wie er, das macht einen ein Stück weit hart. Er ist aber nicht der Typ, der sich um alles einen Kopf macht. Das ist sein Naturell und auch seine Stärke vor dem Tor. Ich glaube nicht, das wir ihn besonders vorbereiten müssen.


    Vielleicht schießt er ein Tor gegen seinen Ex-Klub, so wie Sie für den 1. FC Köln in der BayArena getroffen haben. Können Sie sich noch daran erinnern?


    LABBADIA: Ich? Hier? Nein, das weiß ich nicht mehr.



    Das Gespräch führten Frank Nägele und Christian Oeynhausen
    Ksta.de

    Mein Problem ist, dass ich immer sehr selbstkritisch bin, auch mir selbst gegenüber. (Andreas Möller)