„Das Ziel ist die Champions League“

  • „Das Ziel ist die Champions League“
    ERSTELLT 16.05.08, 23:32h
    KÖLNER STADT-ANZEIGER: Herr Holzhäuser, gibt es vor dem letzten Spieltag ein Szenario, an dessen Ende eine Trennung von Trainer Michael Skibbe stehen könnte, wenn Bayer den internationalen Wettbewerb ganz verpasst?


    WOLFGANG HOLZHÄUSER: Rudi Völler und ich haben immer gesagt, dass wir nach Ende der Spielzeit gemeinsam mit Michael Skibbe die Situation akribisch analysieren und unsere Ziele für die nächste Saison festlegen. Das kann alles umfassen.


    Zwischenzeitlich entstand der Eindruck, dass das Erreichen eines Uefa-Pokal-Platzes über die Trainerfrage entscheidet.


    HOLZHÄUSER: Natürlich werden Trainer daran gemessen, ob die gesetzen Ziele erreicht wurde. Aber in alle Deutlichkeit: Weder Rudi Völler noch ich haben uns an der Trainerdiskussion beteiligt. Michael Skibbe hat einen großartigen Job gemacht. Er hat das umgesetzt, was wir vor zwei Jahren von ihm erwartet haben. Wir haben damals ganz bewusst Skibbe genommen, weil wir geglaubt haben, dass er am ehesten unser Konzept umsetzt. Also wird es für die nächste Saison weniger eine Frage des Trainers sein, sondern eine Frage des Konzepts.


    Sie haben doch aber schon ein Konzept - mit Michael Skibbe und dem entsprechenden Personal. Mit einem neuen Stadion, in dem dann irgendwann wieder Champions


    League zu sehen sein soll.


    HOLZHÄUSER: Konzepte muss man grundsätzlich immer wieder auf den Prüfstand stellen und immer wieder optimieren. Grundsätzlich wird sich an unserem Konzept nichts ändern. Wir glauben, nächstes Jahr einen Sprung zu machen, um dann in zwei Jahren vielleicht tatsächlich an der Spitze mitspielen zu können.


    Ist Konzept nicht einfach ein Synonym für Geld, das man ausgibt, um Ziele zu erreichen?


    HOLZHÄUSER: Geld kostet im Fußball leider alles, es ist nur eine Frage der Summe, die man ausgibt. Wir werden aber nicht jeden Preis bezahlen. Wir prüfen, ob wir einzelne Positionen nicht qualitativ besser besetzen müssen, um die Qualität der Mannschaft insgesamt zu heben. Da haben wir ganz konkrete Vorstellungen, insbesondere im Defensivbereich. Es ist allgemein bekannt, dass wir Interesse an Javier Pinola aus Nürnberg für die linke Seite haben. Aber ich habe heute gelesen, dass auch andere Vereine dran sind, möglicherweise wird da ein Preis aufgerufen, über den man gar nicht mehr nachdenken muss. Im Offensivbereich glauben wir, gut besetzt zu sein, und wir kriegen in Patrick Helmes einen Spieler dazu, der heute einen Verkehrswert hat im zweistelligen Millionenbereich. Und zwar für nichts.


    Als Sie diese Personalie durchgezogen haben, war der Ärger groß. Würden Sie das noch einmal genau- so machen mit dem besten Spieler des 1. FC Köln?


    HOLZHÄUSER: Ich fand den Ärger nicht ganz so dramatisch. Ich hätte mich als 1. FC Köln auch geärgert, wenn mir ein Spieler von der Fahne geht, den ich mit einer einfachen Erklärung hätte binden können.


    Haben Sie das Gefühl, dass er sich in dieser Zeit als Mensch und Fußballer weiterentwickelt hat?


    HOLZHÄUSER: Dieses Jahr hat Patrick Helmes sicherlich nicht geschadet, man hat den Eindruck, als hätte er sich auch fußballerisch weiterentwickelt. Für eine Persönlichkeit war ebenfalls wichtig, dass er diese Phase miterlebt hat, dass er sich aus dem Tief, das er durchlaufen hat, selbst herausgekämpft hat.


    Es hatte lange Zeit den Anschein, Ihre Mannschaft könne um die Champions-League-Plätze mitspielen.


    HOLZHÄUSER: Wir haben das Potenzial der Mannschaft immer so gesehen, dass es für einen internationalen Platz reichen kann. Natürlich ist es enttäuschend, wenn man so nah dran ist, dass die Mannschaft das hohe Niveau nicht 34 Spieltage halten kann. Aber wir haben ein relativ junges Team, das sich in der Entwicklung befindet. Die Leistungsträger müssen durchspielen, da hängt der eine oder andere mal durch. Die Lobeshymnen, die wir gerne entgegen- nahmen, haben vielleicht in den Köpfen etwas ausgelöst, was nicht der Realität entsprach.


    Das wäre?


    HOLZHÄUSER: Dass man tatsächlich schon reif für die Champions


    League ist. Und dann fährt man nach München und kriegt vom FC Bayern nicht nur die Grenzen aufgezeigt, man steht eigentlich schon fast vor einem Desaster, und wir haben mit Glück nur 1:2 verloren. Aber das hat getäuscht. Ab diesem Tag verbreitete sich dann Unsicherheit.


    Dennoch bekennen Sie sich zur Champions League als großem Ziel, für das Sie das Stadion vergrößern.


    HOLZHÄUSER: Natürlich, das muss das Ziel sein. Als Anhänger des Leistungssports muss man immer nach dem absoluten Erfolg streben, unabhängig von der Wahrscheinlichkeit. Wie und ob man da hinkommt, ist eine sportliche Frage und sehr stark eine Frage der Finanzen.


    Bayer stand 2002 im Finale gegen Real Madrid und hatte eine Hand am Pokal. Was unterscheidet Bayer 2008 vom Bayer 2002?


    HOLZHÄUSER: Ganz einfach: Wir hatten damals das Doppelte an Gehalt und vielleicht die beste Mannschaft, die Bayer Leverkusen jemals hatte. Aber wir sind auch „nur“ deshalb dreimal Zweiter geworden, weil der Kader nicht breit genug war und wir Ballack und Nowotny als Leistungsträger durchspielen lassen mussten. Aber wir dürfen nicht vergessen: Wir haben in den letzten elf Jahren zehnmal international gespielt - zuletzt trotz der begrenzten Mittel. Aber wir wollen eines Tages wieder in die Königsklasse.


    Sie haben von den letzten neun Spielen sechs verloren und stehen dennoch auf Platz vier. Muss das der Bundesliga nicht zu denken geben?


    HOLZHÄUSER: Stimmt, es war wahrscheinlich seit langem nicht so leicht wie in diesem Jahr, Platz drei zu erreichen. Aber es hat halt nicht geklappt. Wenn Sie jedoch sehen, was in anderen Vereinen investiert wird und dann betrachten, was wir eingesetzt und was wir rausgeholt haben, dann sind wir richtig gut.


    Gehört hinter Bayern München nur noch den von Unternehmen und Mäzenen gesponserten Vereinen die Zukunft im deutschen Fußball? Ist das nicht Wettbewerbsverzerrung?


    HOLZHÄUSER: Was heißt hier Wettbewerbsverzerrung? Der eine kriegt sein Stadion geschenkt und seine S-Bahn-Station, der andere bekommt vom Sponsor etwas rübergebracht. Aber damit das klar ist: Ich gönne dem FC sein Stadion, seine S-Bahn-Station wie vielen anderen auch. Aber ich bitte, nicht von Wettbewerbsverzerrung zu sprechen, wenn der Sponsor etwas mehr zahlt als anderswo, schließlich bringen wir eine messbare Gegenleistung.


    Stadion ist für Sie ein großes Thema. Der Ausbau verschlingt mehr Geld als erwartet, geht das irgendwann zulasten der sportlichen Abteilung?


    HOLZHÄUSER: Nein! Der Etat für den Fußball hat mit dem Bauetat nichts zu tun. Das sind zwei Paar völlig verschiedene Schuhe. Wir haben beim Stadion einen Generalunternehmervertrag zum Festpreis von 70 Millionen. Dabei bleibt es.


    Das Gespräch führten
    Christoph Pluschke
    und Frank Nägele


    ksta.de