Risse im Bayer-Team

  • Risse im Bayer-Team
    VON CHRISTIAN OEYNHAUSEN, 09.05.08, 21:19h, AKTUALISIERT 09.05.08, 21:24h


    Leverkusen - Es wäre ein guter Zeitpunkt für Heldentaten alter Recken bei Bayer 04 Leverkusen, und tatsächlich hat Michael Skibbe nach dem 1:2-Debakel gegen Hertha BSC Berlin geplant, Carsten Ramelow für die Partie am Samstag bei Hansa Rostock ins Aufgebot zurückzuholen. Der 34-Jährige war kurz nach Beginn der Rückrunde in Absprache mit dem Klub in den Vorruhestand getreten, der im Profisport mit dem Begriff „Standby-Profi“ beschrieben wird. Am Freitag aber fehlte Ramelow beim Training, es sind erneut Knieprobleme aufgetreten. Auch Mannschaftsbetreuer und Flankengott Hans-Peter Lehnhoff (44) drängt sich bei den Übungsstunden immer wieder für ein Comeback auf, hat aber keine Lizenz. Bleibt Sergej Barbarez. „Er ist einer der wenigen, die verblieben sind, die die Mannschaft führen können, und er wird es in Rostock noch einmal zeigen“, sagt Skibbe. Aber es klingt mehr nach Hoffnung als nach Zuversicht. Zu wenig Wut und Widerstand strahlten die letzten Auftritte Barbarez aus, dessen Zukunft in Leverkusen immer noch ungeklärt ist. Zwei junge Leute fahren mit nach Rostock


    Den dezimierten Kader will der Trainer mit zwei jungen Leuten aus dem Nachwuchs auffüllen: Verteidiger Jens Hegeler aus dem Oberligateam und der Mittelfeldspieler Marcel Risse aus der U 19 fahren mit an die Ostsee. Risse (18), dem auch eine Karriere als René-Adler-Double offen steht, darf nach seiner Einwechslung am Mittwoch nun sogar auf einen Platz in der Startelf hoffen. „Das Risiko ist nicht zu groß. Er hat einen sehr guten Eindruck hinterlassen“, sagte der Coach, und stellte den neunmaligen Torschützen der A-Junioren-Bundesliga im Trainingsspiel in die Elf der Etablierten. Auf dem rechten Flügel fehlen Schneider, Freier (beide verletzt) und Kießling (gesperrt). Außerdem muss Skibbe auf Verteidiger Karim Haggui verzichten.


    In der Krise unbekannte Junioren einzubauen, ist ein klassisches Instrument aus dem Werkzeugkasten der letzten Mittel unter Druck geratener Trainer. Es wird manchmal, aber selten, mit dem Befreiungsschlag belohnt. Andererseits ist es am Ende wirklich etwas knapp beim Personal, und so ist Risses Einsatz auch ein Appell ans Management, für die Zukunft für eine längere Bank zu sorgen. Ob Skibbe in dieser Zukunft noch der Trainer sein wird, ist ungewiss. Längst schwirren Namen möglicher Nachfolger rund um die BayArena, Bruno Labbadia (Greuther Fürth) wird genannt und der Mainzer Jürgen Klopp.
    München ist schuld


    Noch aber kämpft Skibbe. In Einzel- und Gruppengesprächen will der 42-Jährige die Krise aufarbeiten, in der Leverkusen so geschrumpft ist, dass der Tabellenletzte Hansa Rostock schon wie ein Riese erscheint. „Wir dürfen nicht in Ehrfurcht erstarren oder in Angst verfallen“, sagte der Coach, als ginge es nach München zur alljährlichen Pleite bei den Bayern. Der Meister, so sieht es Skibbe, ist Ausgangspunkt des Übels: „Wir haben mit dem Bayern-Spiel völlig unsere Form verloren. Die Klasse ist abhanden gekommen. Wir müssen uns darauf konzentrieren, guten Fußball zu spielen, am Boden zu spielen, Risiko zu gehen, auch Fehler im Offensivbereich eingehen zu wollen“, appelliert Skibbe.


    Hansa Rostock: Hahnel - Bülow, Sebastian, Orestes, Stein - Rathgeb - Rydlewicz, Kern, Cetkovic (Rahn) - Agali (Hähnge), Menga. - Bayer 04: Adler - Castro, Friedrich, Sinkiewicz, Gresko - Vidal, Rolfes - Risse, Barbarez, Barnetta - Bulykin. - Schiedsrichter: Perl (München).



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