Stiller Chef mit Konzept

  • Ein kluges Köpfchen sagte einst: Modern ist, wer erfolgreich ist.



    Was ist Erfolg? "Ein als positiv empfundenes Resultat eigenen Handelns", sagen die Wörterbücher. Erfolg bedeutet auch, dass man im richtigen Augenblick die richtigen Fähigkeiten hat.


    Fehlt einer Fußball-Mannschaft taktisches Verständnis, ist ein Motivationskünstler nicht der richtige Ansprechpartner. Auch wenn er in der Lage ist, die modernsten Techniken anzuwenden.


    Gesucht: Der Alleskönner


    Gefragt sind heute ohnehin Trainer, die nicht nur für eine bestimmte Fähigkeit bekannt sind - sie müssen Taktikfüchse, Motivationskünstler, Pädagogen und Trainingswissenschaftler in einer Person sein. Wer diese Voraussetzungen mitbringt, gilt als "Konzepttrainer". Idealerweise ist so jemand noch jung und "spricht die Sprache der Spieler", wie es in Fachkreisen immer wieder blumig ausgedrückt wird.


    Michael Skibbe kommt da ins Schmunzeln. Als der Trainer von Bayer Leverkusen seine Tätigkeit als Übungsleiter aufnahm, sprach er nicht nur die Sprache der Spieler, Skibbe war selbst noch einer.


    Als 22-Jähriger übernahm er eine Junioren-Elf von Schalke 04. Es war Schicksal, denn Skibbe, der zusammen mit Olaf Thon als größtes Talent des Ruhrgebiets galt, musste aufgrund einer schweren Knieverletzung seine noch junge Karriere beenden.


    Jüngster Bundesliga-Trainer


    Das Pech des heute 42-Jährigen war das Glück der Trainergilde, die ein echtes "Juwel" hinzu gewann. Michael Skibbe war 32 Jahre alt, als er zur Saison 1998/99 den Cheftrainerposten von Borussia Dortmund übernahm. Weder davor, noch danach gab es je einen jüngeren Fußball-Lehrer in der Bundesliga. Und dennoch: Skibbes Eintritt in die Profi-Welt war kein leichtes Unterfangen, obwohl das damalige Trainertalent vielversprechende Akzente setzte.


    Allerdings erinnert man sich Jahre später immer noch daran, dass Skibbe seinen Spielmacher Thomas Häßler als "Talent" bezeichnete und "Icke" in einem Pokalspiel gegen den Lokalrivalen Schalke 04 nur als Wasserträger über den Platz lief. Dass Häßler nicht spielte, weil ein Andreas Möller, der zuvor mit dem BVB die Champions League gewann, im Mittefeld der alleinige Dirigent war, erwähnt niemand. Doch Skibbe lernte aus dieser Zeit - vor allem der "Fall Häßler" hilft ihm heute noch.


    Keine Diskussionen um Entscheidungen


    Aufgrund der starken Vorstellungen der jungen Bayer-Elf hinterfragt heute keiner, weshalb der letztjährige Torschützenkönig Theofanis Gekas regelmäßig auf der Bank sitzt. Auch als die rheinländische Medienlandschaft Sergej Barbarez lieber auf der Bank sehen wollte, stand Skibbe hinter seiner Entscheidung, Barbarez spielen zu lassen, und behielt letztendlich recht. "Wir haben einen sehr guten Trainer mit großer menschlicher Qualität", sagt der 36 Jahre alte Barbarez über seinen nur sechs Jahre älteren Vorgesetzten.


    Skibbe ist ein ruhiger Zeitgenosse. Nach Niederlagen brüllt er nicht ins Mikrofon, nach strittigen Entscheidungen des Schiedsrichters sieht man keinen wild gestikulierenden Trainer. Dennoch ist Skibbe unbestritten der Chef in Leverkusen. Der stille Chef. Die kompetente Führungsriege mit Rudi Völler und Wolfgang Holzhäuser ist überzeugt von dem Mann, den sie 2005 vom DFB holten. "Uns war bei Bayer klar, dass Michael Skibbe der Richtige für unsere Konzeption war, mit vielen jungen Spielern, ergänzt durch einige Erfahrene, zu arbeiten", sagt Völler, mit dem Skibbe bei der WM 2002 Vizeweltmeister wurde.


    Die perfekte Mischung


    Da ist er wieder - der Trainer mit Konzept. Dass mit Rene Adler, Gonzalo Castro, Lukas Sinkiewicz, Simon Rolfes und Stefan Kießling mehrere deutsche Nationalspieler in Leverkusen unter Vertrag stehen, ist kein Zufall. Genauso, dass internationale Hoffnungsträger wie Tranquillo Barnetta, Pirmin Schwegler oder Arturo Vidal bei Bayer anheuerten. "Ich bin der Meinung, dass wir für die nähere Zukunft eine glänzende Perspektive haben. Man darf wieder mit uns rechnen", so Skibbe. Es ist ihm zu verdanken, denn Skibbe schaffte es, Jung und Alt zu einer nahezu perfekten Einheit zu formen.


    Aber Skibbe, und auch das hat er gelernt, verliert den Blick für die Realität nicht. "Maßstab für Trainer bleibt immer der Erfolg." Also: Im richtigen Augenblick die richtigen Fähigkeiten haben - Skibbe ist nach dieser Definition erfolgreich - und damit auch modern.



    Quelle: bundesliga.de