Stille Händler auf dem Torwart-Basar

  • Stille Händler auf dem Torwart-Basar
    VON CHRISTIAN OEYNHAUSEN, 14.02.08, 19:56h, AKTUALISIERT 14.02.08, 21:18h


    Leverkusen - Ein klassisches Veilchen über dem rechten Auge hat Leverkusens Mittelfeldspieler Simon Rolfes als Andenken an Istanbul mitgebracht. Das war durchaus ein Bild für den gesamten Auftritt der Werkself im Uefa-Cup-Hinspiel bei Galatasaray. Auch Karl-Heinz Feldkamp, der deutsche Coach der Gastgeber, bemühte nach dem 0:0 ein Bild aus dem Faustkampf: „Im Boxen wären wir Punktsieger gewesen.“ Einen Niederschlag verhinderte Leverkusens Torhüter René Adler, der ein großartiges Spiel zeigte und dafür sorgte, dass die Diskussion um die Torhüterfrage bei der Nationalmannschaft an Dynamik gewinnt. Hat Adler sich nicht mittlerweile einen Platz im Aufgebot für die EM 2008 verdient?


    Die Leverkusener bleiben in dieser Frage in Deckung: „Es ist nicht meine Aufgabe, meine Spieler zu promoten. Die Leistung spricht für sich“, sagte Adlers Coach Michael Skibbe, „ich habe meine Meinung dazu, aber die mache ich nicht öffentlich.“ Sportchef Rudi Völler meinte: „Wir wollen niemanden reinsingen. Adler und Manuel Neuer gehört die Zukunft, aber wohl erst nach der Europameisterschaft. Adler selbst sagt: „Ich mache mir absolut keinen Druck. Die Diskussion wird in den Medien hochgekocht.“


    So viel Zurückhaltung scheint das Gebot der Stunde. Forsch sein wäre kontraproduktiv. Bundestorwarttrainer Andreas Köpke hat sich gerade über die Aufdringlichkeit der Klub-Verantwortlichen beklagt, die ihre Schlussleute beim DFB anbieten wie die Händler im Basar von Istanbul die imitierten Markenartikel. „Im Moment versucht jeder, seinen Torwart bei uns reinzubringen.“ Die Bremer ihren Tim Wiese, die Hamburger ihren Frank Rost, aus dem Hintergrund die Bayern ihren Michael Rensing und die Schalker ihren Manuel Neuer.


    Dabei schien die Torhüter-Hierarchie für das Turnier in Österreich und der Schweiz einigermaßen festgezurrt. Jens Lehmann (FC Arsenal) als Nummer eins, Timo Hildebrand vom FC Valencia und Hannovers Robert Enke dahinter - so lautet die Ansage von Bundestrainer Joachim Löw, auch und trotz der Diskussionen um die mangelnde Spielpraxis bei Lehmann und Hildebrand. Diese Frage hat zuletzt im Fall Lehmann ein wenig und beim Ex-Stuttgarter ein wenig mehr an Brisanz eingebüßt hat. Hildebrand hat in diesem Jahr alle sechs Ligaspiele für Valencia bestritten, und Lehmann in der Premier League zwei mehr als erwartet, nämlich zwei. „Die drei und Adler sowie Neuer - über die anderen braucht man nicht zu reden“, meint Völler.


    Köpke wiederum erklärte am Donnerstag gegenüber dem „Kicker“ in der Torwartfrage: „Die Tür ist offen.“ Auch wenn das Gegenteil vier Monate vor dem Turnier aus dem Mund eines Trainers die größere Sensation gewesen wäre, so war das vor allem eine Respektsbezeugung für Adler, auf den sich der Europameister von 2000 ausdrücklich bezog: „Wir machen uns über ihn Gedanken.“ Adler, der Vorsichtige, wagte nach dem Spiel in Istanbul die Aussage: „Klar würde ich mich freuen, auch als Nummer drei mitzufahren.“


    Das 0:0 in Istanbul hatten die Leverkusener trotz einer fußballerisch mageren Vorstellung als Erfolg gebucht. Immerhin, gibt Völler zu bedenken, sei Galatasaray der schwerste Gegner gewesen, der im Lostopf für die Runde der letzten 32 war: „Wir hätten auch lieber gegen Aberdeen oder Braga gespielt“, sagt der Sportchef mit Blick auf die Gegner der Bayern und Bremer. „Wir müssen froh sein, dass wir mit einem 0:0 nach Hause kommen“, sagt Abwehrchef Manuel Friedrich. „Es war nicht sehr ansehnlich. Wir haben das Spiel gar nicht kontrollieren können“, findet Rolfes. Auch Trainer Skibbe war mit dem fußballerischen Vortrag seines Teams auf einem allerdings äußerst schwierigen Boden nicht zufrieden. Mit Blick auf das Rückspiel am kommenden Donnerstag (17 Uhr, DSF) in der BayArena sagt er: „Wir müssen uns deutlich steigern und wir werden uns deutlich steigern.“


    Zwischen den internationalen Aufgaben kommt nach dem Kraftakt von Istanbul das Ligaspiel in Karlsruhe „Ich hoffe, dass wir schnell und gut regenerieren“, sagt Skibbe, der dem Gegner Respekt zollt: „Sie werden bis zum Ende um eine Uefa-Cup-Platz mitspielen und unser Konkurrent bleiben.“
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