Streit unter Stürmern

  • Streit unter Stürmern
    VON FRANK NÄGELE, 19.11.07, 20:28h


    Frankfurt -Wenn die Fußball-Nationalmannschaft seit der WM 2006 den Fans im Lande etwas nicht geboten hat, dann war das ein zünftiger Streit unter Männern, bei dem alle Grundsätze der Diplomatie so richtig schön missachtet werden. Seit Montag ist auch dieser Fleck auf der Liste der großen Unterhaltungsthemen besetzt. Rudi Völler, der ehemalige DFB-Teamchef, und Oliver Bierhoff, amtierender Manager der DFB-Auswahl, liefern sich einen verbalen Schlagabtausch, wie es ihn rund um die wichtigste Mannschaft im deutschen Fußball schon lange nicht mehr gegeben hat. Dadurch gerät der sportliche Aspekt des Jahresabschlussspiels am Mittwochabend gegen Wales in Frankfurt (20.30 Uhr, live in der ARD), dramatisch in den Hintergrund.


    Bierhoffs ehemaliger Teamchef Völler, jetzt Sportchef bei Bayer 04 Leverkusen, eröffnete die Auseinandersetzung mit einer Breitseite, deren Deutlichkeit auch Hartgesottene verblüffte. Auslöser war die Art, wie Bierhoff seit längerer Zeit das Erfolgsmodell Nationalmannschaft den international nicht vom Erfolg verwöhnten Bundesligavereinen als Vorbild andient. „Ich möchte Bierhoff zu etwas mehr Demut raten, zu größerer Zurückhaltung“, sagte Völler in zwei Interviews („Express“, „Kicker“) und riet dem smarten Ex-Stürmer zu einer Untersuchung beim Sportdoktor Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt: „Das permanente Sich-selbst-auf-die-Schulter-Klopfen muss doch schmerzhafte Schädigungen nach sich ziehen.“


    Aber das war erst der Auftakt. Mit Blick auf die von der Nationalmannschaft angemahnte Spielkultur-Diskussion, die zu einem runden Tisch führen soll, ätzte Völler: „Mit Spielern, die Klubs wie Köln, München, Stuttgart oder Leverkusen ausgebildet haben, kannst du diese Philosophie umsetzen. Die Philosophie für den Spieler Oliver Bierhoff, die musste noch erfunden werden. Brasilianische Spielweise einfordern mit den Füßen aus Malta, das geht eben nicht.“
    Bierhoff: „Das ist eine absolute Frechheit”


    Am Montagmittag saß der als Teammanager und Mittelstürmer Geschmähte in der DFB-Zentrale in Frankfurt und ließ keinen Zweifel daran, dass er sich getroffen fühlt. „Das ist eine absolute Frechheit“, konterte Bierhoff, „das ist Stammtischniveau und von der Argumentation her absoluter Schwachsinn. Ob ich jetzt Malta-Füße habe, spielt doch gar keine Rolle dabei, ob unser Konzept richtig sind.“ Besonders zu verletzen schien den ehemaligen Mittelstürmer Bierhoff, dessen Spezialität der wuchtige Kopfball war, die Polemik gegen seine Spielweise aus dem Mund des ehemaligen Mittelstürmers Völler, dessen Vielseitigkeit als legendär gilt. „Völler hat bestimmt keine Philosophie für mich gefunden“, sagte Bierhoff, „die Italiener dagegen schon.“ Und dann zählte der ehemalige italienische Torschützenkönig (27 Treffer für den AC Mailand 1997 / 98) seine persönlichen Leistungen in der Serie A auf. Meistertitel mit Milan, 104 Tore in 220 Spielen. Und so weiter.


    Spätestens hier musste auch der Letzte merken, dass es sich um eine hoch persönliche Angelegenheit zwischen den beiden ehemaligen Torjägern handelt. „Besonders niveaulos finde ich die Aussagen von Rudi Völler, weil ich unter ihm gespielt habe“, erklärte Bierhoff, der drei Jahre lang Kapitän der Nationalmannschaft war und dieses Amt 2001 unter Völler verlor. „Ich hab mich immer loyal zu Völler verhalten, auch nachdem er mich als Kapitän abgesetzt hat.“


    Oliver Bierhoff ließ keinen Zweifel daran, dass er das aktuelle Ausbildungs- und Spielkonzept des DFB-Teams weiterhin als vorbildlich preisen wird. „Ich habe nie über die Arbeit anderer gesprochen, nur über unsere eigene. Und es wurmt mich persönlich, dass jemand, wenn er keine Argumente mehr hat, unter die Gürtellinie geht.“


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