„Ich gehe ohne Zorn“

  • Der kommissarische Ligaverbands-Präsident Wolfgang Holzhäuser hat überraschend angekündigt, bei der Vollversammlung am kommenden Dienstag nicht mehr für das Amt des Vizepräsidenten zu kandidieren. Wir sprachen mit ihm über die Gründe.


    Nach über 30 Jahren Verbandsarbeit werden Sie bei der Ligavollversammlung am 7. August in Berlin nicht mehr für ein Amt im Ligavorstand kandidieren. Wolfgang Holzhäuser, wie kam es zu dem auf den ersten Blick überraschenden Rückzug?


    Nach der Ligavollversammlung Anfang Juni in Köln sind Interna in die Öffentlichkeit getragen worden. Angeblich wurden Journalisten angerufen, was letztlich dazu diente, mich persönlich zu diskriminieren. Das fand ich einfach nicht in Ordnung, das habe ich den Herren auch gesagt. Wenn kontrovers diskutierte Punkte oder meine angebliche und durch nichts zu begründende Ausbootung bei Bayer Leverkusen lanciert werden, dann ist das der Versuch einer persönlichen Demontage. Das wollte ich mir nicht mehr antun.


    Mit Ihrem Rückzug gehen Sie einer Kampfabstimmung gegen Peter Peters von Schalke 04 aus dem Weg, der sich wie Sie zuvor auch um den Posten des Vizepräsidenten bemüht.


    Ich hätte gewinnen, aber auch verlieren können. Aber ich hätte es einfach unwürdig gefunden, wenn um den Posten des Vizepräsidenten eine Kampfabstimmung stattgefunden hätte. Das wollte ich der Liga ersparen. Es hieß zwar, Peters sei der große Favorit. Aber bei 36 Vereinen kann man noch schachern, eine Kampfabstimmung wäre dieser Situation einfach nicht gerecht geworden.


    Als Sie nach dem Tod von Werner Hackmann im März das Amt des kommissarischen Ligaverbandspräsidenten annahmen, war eigentlich klar, dass Sie anschließend wieder auf den Posten des Vizepräsidenten rücken. Haben Sie zuletzt die nötige Rückendeckung von Seiten des Vorstands vermisst?


    Die Problematik war ganz offensichlich, dass wir kurz vor Wahlen stehen und das Interesse einzelner Personen auf Vorstandspositionen offenbar größer ist, als die Liga insgesamt voranzubringen. Als Werner Hackmann überraschend verstorben ist, habe ich mich verpflichtet gefühlt, sein Werk fortzusetzen. Ich wurde von den 36 Vertretern der Klubs einstimmig gewählt. Einige Monate später stellte sich das dann urplötzlich anders dar. Das hat mich schon nachdenklich gemacht. Wenn man das Gefühl hat, man ist nicht mehr gewollt, dann sollte man daraus Konsequenzen ziehen.


    Man spürt, dass Sie als Vizepräsident beispielwseise gerne die Modifizierung des Grundlagenvertrages weiter forciert hätten. Wie groß ist die Enttäuschung, nun nicht mehr aktiv am Geschehen teilzunehmen?


    Wenn meine Meinung in Zukunft gefragt sein sollte, werde ich der Liga immer beratend zur Seite stehen. Ich werde auf keinen Fall nachtreten. Ich gehe ohne Zorn und Bitterkeit. Natürlich verspüre ich eine gewisse Traurigkeit, aber auch ein wenig Erleichterung. Ich bin mit dem Verband groß geworden und habe mich ein halbes Leben lang für ihn und den Verbandsfußball eingesetzt. Jetzt beginnt ein anderer Lebensabschnitt, auch wenn ich offen zugeben muss, dass ich mir persönlich ein anderes Ende gewünscht hätte.


    Ihnen wurde immer wieder vorgeworfen, dass Sie sich für beide Vizepräsidenten-Posten beworben hätten.


    Ich habe nie für beide Vizepräsidenten-Posten kandidiert. Ich hatte Interesse für beide Posten angemeldet, weil von einer Absprache zwischen erster und zweiter Liga nie die Rede war. An dem Tag als die Kanditaturen abgegeben wurden und Mainz-Präsident Harald Strutz erklärt hat, er kandidiert als Vize für die zweite Liga, habe ich mich sofort zurückgezogen.


    Warum haben Sie nicht gleich für das Amt des Präsidenten kandidiert?


    Ich wollte nie Präsident werden, da braucht man Typen, die ein gewisses Profil haben. Dieses Profil besitze ich nicht. Ich bin nicht der Präsident, der in der Öffentlichkeit eloquent auftritt und für Stimmen wirbt. Ich bin eher der stille Arbeiter, der versucht, Gedanken einzubringen.


    Ein Gedanke des Ligavorstandes soll auch gewesen sein, Bayern Münchens Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge anstelle des designierten Präsidenten Reinhard Rauball zu einer Kandidatur zu bewegen. Hat man damit Rauball schon im Vorfeld geschädigt?


    Die Nachrichten, die angeblich aus den Kreisen des Ligavorstandes kommen, wonach man Rummenigge auf Knien angebettelt habe, Präsident zu werden, halte ich für absolut kontraproduktiv. Das wertet den zukünftigen Präsidenten und die Person Reinhard Rauball ab. Damit wird man ihm nicht gerecht. Dr. Rauball wurde vorgeschlagen und hat sich bereit erklärt, das Amt zu übernehmen. Rummenigge hat immer abgelehnt, deshalb war das Thema schon kurz nach dem Tod von Hackmann erledigt. Dr. Rauball ist offenbar der Mann des Vertrauens, deshalb muss man ihn zu 100 Prozent unterstützen.


    Was für einen Empfang erwarten Sie nach Ihrem Rückzug bei der Ligavollversammlung Anfang nächster Woche in Berlin?


    Ich werde alles dafür tun, dass die Vollversammlung harmonisch abläuft. Ich habe bereits Anrufe von mehreren Kollegen bekommen, die mich auf das Thema angesprochen haben. Ich habe gesagt, dass sie den Ball flach halten sollen, damit wir eine harmonische Versammlung haben. Es wird aber auch deshalb eine harmonische Ligaversammlung werden, weil Christian Seifert und seine Jungs in der DFL-Geschäftsführung einen großartigen Job machen. Nicht nur bei der Ausschreibung der TV-Verträge, auch beim Lizenzierungsverfahren macht die DFL einen Topjob.


    Mit Blick auf den DFB-Bundestag im Oktober stehen für den Ligaverband wichtige Gespräche mit dem DFB auf dem Programm. An diesen Gesprächen werden Sie nun nicht mehr teilnehmen, obwohl Sie als ausgewiesener Fachmann auf diesem Gebiet gelten.


    Einige Eckpunkte müssen neu verhandelt werden. In den Gesprächen mit Dr. Theo Zwanziger war ich auf einem guten Weg. Jetzt müssen meine Nachfolger zeigen, dass sie es können. Als Werner Hackmann und ich damals mit Zwanziger und Gerhard Mayer-Vorfelder den Grundlagenvertrag ausgehandelt haben, verhandelten wir auf Basis einer wirtschaftlichen Größe, die sich in den letzten sieben Jahren erheblich verändert hat. Auch beim DFB-Pokal haben sich die Gewichte verschoben. Es macht keinen Sinn, dass der DFB mehr Geld als die Liga erhält, wenn 60, 70 Prozent der Spiele Ligaspiele sind.


    DFB-Präsident Zwanziger hat mit Bestürzung auf Ihren Rückzug reagiert. Können Sie sich in Zukunft einen Wechsel zum DFB vorstellen?


    Ganz ehrlich, ich bin ein Kind der Liga. Ich habe vor knapp drei Jahrzehnten beim DFB angefangen, war auch mal Ligasekretär. Mein Job bestand immer darin, im DFB die Vereine zu vertreten. Das war ein Spagat, der nicht immer ganz einfach war. Deswegen kann ich mir nicht vorstellen, dass ich einmal ohne die Unterstützung der Liga in den DFB-Gremien eine Rolle spielen werde. Aber man soll bekanntlich niemals nie sagen.


    In Ihre Zeit als kommissarischer Ligapräsident fällt auch das Ende von Arena. Nach der Kirch-Pleite schon das zweite Desaster eines Pay-TV-Anbieters. Gibt es in Deutschland überhaupt einen Markt für Pay-TV?


    Wir haben in Deutschland eindeutig einen Pay-TV-Markt. Arena wollte ja weitermachen. Ich glaube auch nicht, dass wir bei der nächsten Ausschreibung Gefahr laufen, weniger zu bekommen. Eine Kombination von Free-TV und Pay-TV ist bei uns weiter möglich. Man muss sich nur fragen, wieviel weniger Free-TV verträgt der Markt, und wieviel mehr Pay-TV kann der Markt verkraften. Diese Frage zu beantworten, wird die Kernfrage der Ausschreibung der Zukunft sein.


    Thema Doping: Während in anderen Sportarten dieses Thema zunehmend ernster genommen wird, scheint der Fußball noch immer stiefmütterlich mit diesem brisanten Thema umzugehen.


    In der heutigen Zeit muss man sehr sensibel mit diesem Thema umgehen. Allerdings behaupte ich auch, dass der DFB in Sachen Dopingkontrollen vorbildlich arbeitet und weit mehr macht als viele andere Verbände. Ich bin mir sicher, dass es im Fußball - wie offensichtlich bei anderen Sportarten - kein flächendeckendes Doping gibt. Man wird zwar nicht ausschließen können, dass irgendwann mal etwas passiert, aber mich stört, dass man im Fußball derzeit händeringend darauf wartet, dass es auch dort bald einen echten Dopingsünder gibt.


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    "Ich bin FC-Köln-Fan, weil ich solidarisch bin mit Verlierern!"
    Jean Pütz