Daums Rechenspiele

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    VON CHRISTIAN LÖER, 09.03.07, 21:23h


    Köln - Christoph Daum hat nach den Transfers dieses Winters offenbar genug davon, auf der Suche nach Personal für die neue Saison in die Ferne zu schweifen. Daher reibt sich der Trainer des 1. FC Köln in diesen Tagen heftig dabei auf, die brauchbaren Spieler des Kaders zum Bleiben zu bewegen. Im Fall des Stürmers Patrick Helmes wähnt sich der Trainer auf einem guten Weg. Zwar musste Helmes erst einen Vertrag bei Bayer 04 Leverkusen unterschreiben, bis ihm die Kölner ein annehmbares Angebot vorlegten; andererseits sieht man nun, wie leicht es von Beginn an gewesen wäre, Helmes zum Verbleib beim FC zu bewegen - jenem Klub, den er offenbar nie verlassen wollte: Ein Abendessen im Haus des Trainers, ein paar Gespräche - schon scheint der Spieler bereit, alles über den Haufen zu werfen: „Ich bin der Ansicht, dass er seine Entscheidung gegenüber Leverkusen revidieren wird“, sagt Daum.


    In Leverkusen wird das kaum auf Begeisterung stoßen, überhaupt scheint fraglich, wie die Branche darauf reagiert, dass ein Spieler erst einen Vertrag schließt, um ein paar Wochen später „Nö“ zu sagen. Denn selbst wenn der Vertrag wegen Missachtung der Verbands-Statuten keine Spielgenehmigung durch die Deutsche Fußball-Liga (DFL) mit sich brächte, so war die Einigung mit Bayer 04 Leverkusen doch eine recht eindeutige Willenserklärung.


    Die Geschichte von Patrick Helmes ist aber nicht nur die eines wankelmütigen Spielers und seines offenbar machtlosen Beraters, sondern vor allem die einer Leverkusener Geschäftsführung, die den Abschluss mit Helmes im Eigeninteresse wohl besser noch ein paar Wochen für sich behalten hätte. In der Kölner Vereinsspitze reibt man sich trotz allen Ungeschicks in der Causa Helmes die Hände - es hätte weitaus peinlicher enden können. Wären die Kölner erst zu Beginn der Sommerpause über Helmes Absichten informiert worden, wäre eine Inszenierung wie die aktuelle nie möglich gewesen. Beim 1. FC Köln empfindet man für das Leverkusener Vorgehen daher vor allem: Dankbarkeit.


    Denn Helmes' Wandlung vom Saulus zum Paulus in vollem Gange - und man mag sich kaum ausmalen, wie die Nachricht von Helmes' Bleiben im Umfeld des ohnehin stets von sich selbst begeisterten 1. FC Köln aufgenommen würde. Ein Denkmal würden sie dem Stürmer setzen und einen Sieg feiern über Bayer 04 Leverkusen, den großen Rivalen, dem es trotz der besseren sportlichen und finanziellen Perspektive nicht gelang, Helmes auf die andere Rheinseite zu holen.


    Aber so weit ist es natürlich noch nicht, da kann Daum noch so viel erzählen. Für Helmes bleibt nach Daums Darstellung bloß die Frage: „Wie sag ich's den Leverkusenern?“ Wie Helmes anschließend außerhalb Kölns dasteht - tja. „Er hat einen sehr schwierigen Gang nach Leverkusen vor sich. Aber danach wird er befreit sein.“ Glaubt Daum. Dass diesem Gang eine beispiellose juristische Auseinandersetzung folgen würde, erwähnt Daum nicht.


    Warum auch? Man gibt sich mutig im Grüngürtel. Als sei der Fall Helmes nun erledigt, hat sich Daum bereits ein neues Ziel gesetzt; „die nächste Herausforderung wird sein, von Lukas Sinkiewicz ein ähnliches Signal wie von Patrick Helmes zu bekommen.“ Vor einer Woche noch gab Daum im kleinen Kreis zu, man habe „keine Chance“ auf eine Weiterbeschäftigung des Kapitäns, der die Kölner im Fall des Nichtaufstiegs für eine festgeschriebene Ablösesumme von zwei Millionen Euro verlassen darf. Dem 21-jährigen Verteidiger liegen mehrere Angebote aus der Ersten Liga vor, bisher hätte noch als gewaltiger Erfolg gegolten, wenn Sinkiewicz nicht auch in Leverkusen unterschreibt. Jetzt aber nutzt Daum die seltene Gelegenheit, Optimismus zu versprühen im Umfeld des 1. FC Köln, dem die Gegenwart nun schon seit Jahren so übel mitspielt. „Lukas' Karriere ist ja nicht am Ende, sondern erst am Anfang. Dieses eine Jahr ist ja nicht entscheidend, zumal er nicht weiß, ob er woanders Anschluss finden würde“, sagt Daum. Mit weichen Argumenten, derer sich Manager Michael Meier bisher bediente, um FC-Spieler zum Bleiben zu bewegen, will sich der Trainer jedoch nicht abgeben. „Es geht hier um ein offenes Gespräch, nicht um Gehirnwäsche. Ich erzähle nichts vom Traditionsverein und den Willen der Fans oder 40 000 Zuschauer. Ich halte mich lieber an die Fakten.“


    Um einmal etwas wie Fakten zu präsentieren, lässt sich Daum sogar auf eine Prognose im Fall Sinkiewicz ein: Bei „51 Prozent“ liege die Wahrscheinlichkeit, dass Sinkiewicz bliebe. Was besser klingt, als es gemeint ist: „Frau Merkel würde sich über solche Zahlen freuen. Aber im Fußball reicht das nicht immer.“




    ksta