Beim HSV ist viel hintenrum gelaufen

  • Beim HSV ist viel hintenrum gelaufen


    25.09.2006



    Sergej Barbarez (35) ist immer noch sauer auf die Bosse in Hamburg und verrät erstmals Details. Und er sagt, warum Bayer besser als der HSV ist.


    Von Andreas Böni und Robin Halle



    SPORT BILD: Herr Barbarez, der Hamburger SV spielte in der Champions League 1:2 gegen Arsenal London. Da hätten Sie auch dabei sein können.
    Sergej Barbarez (35): Ja, das tat sehr, sehr weh. Denn für mich ist klar: Ich gehöre in die Champions League. Ich habe vor dem Spiel und über drei Tage verteilt ganz vielen Jungs vom HSV SMS geschickt, in denen ich ihnen viel Glück gewünscht habe.


    Denken Sie, dass in Hamburg jetzt erkannt wird, wie wichtig der Führungsspieler Barbarez für das Team war?
    Ich kann nur sagen: Wir hatten uns gefunden und schafften vom 18. Tabellenplatz aus den Sprung in die Champions League. Aber die Verantwortlichen beim HSV wissen sicher, was sie tun. Sie sind ja erfahren genug.


    Die jüngste Erfahrung war: Holt man neue, teure Stars, gerät das Gehaltsgefüge durcheinander. Plötzlich fordern viele durchschnittliche Spieler mehr Geld.
    Das war ja abzusehen. Wenn man sportlich in Regionen vorstößt, in denen man für teures Geld Spieler holen muss, ist es klar, dass dann andere kommen und sagen: Hey, ich will auch einen besseren Vertrag. Da muss man aufpassen.


    Oder sie ziehen lassen. Khalid Boulahrouz wechselte zum FC Chelsea. Es heißt, er sei ein richtiger Stinkstiefel gewesen. War er’s?
    Um Gottes willen, nein! Khalid ist ein Super-Typ. Ein Mensch, der eben ein bisschen mehr Pflege braucht. Aber ein ehrlicher Mensch, der schon in seinen jungen Jahren richtig was draufhat. Ich weiß nicht, was am Schluss in Hamburg abgegangen ist. Aber bei jedem, der wegging, wurde hinter dem Rücken nachher nicht so gut gesprochen – auch bei Daniel van Buyten oder bei mir.


    Auch dem Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann und Sportchef Dietmar Beiersdorfer?
    Nein. Die Nummern habe ich leider nicht mehr, habe sie gelöscht.


    Nach Ihrem Weggang steckt der HSV in der Krise, scheint auf dem Feld führungslos. Nur drei Punkte aus vier Spielen, Pokal-Aus gegen den Drittligisten Stuttgarter Kickers.


    Wie meinen Sie das?
    Dass vieles hintenherum gelaufen ist, tut ein bisschen weh. Aber man muss auch diese Erfahrung einmal im Leben machen. Die Erfahrung, dass man denkt, dass alles okay ist, und dann feststellt: Es ist doch nichts okay. Schön ist: Ich habe viele Briefe von Fans nach meinem Abgang bekommen, und einige HSV-Fans kamen sogar zum Training nach Leverkusen.


    Glauben Sie, dass Hoffmann von Anfang an wusste, dass Ihr Vertrag nicht verlängert würde?
    Man erzählt es so.


    Was sagen Sie zu Ihren Nachfolgern, zu den Neu-Einkäufen Ihrer früheren Chefs?
    Ich sage nur: Dieser Spaß kostet extrem viel Geld – sie werden sich ihre Gedanken schon gemacht haben.




    Apropos Geld. Sie forderten im Frühjahr 2,4 Millionen Euro Gehalt, bekamen es nicht und wechselten. Nun kommt Juan Pablo Sorín. Der verdient 3,7 Millionen.
    Sie können mir glauben, ich verfolge alles, was in Hamburg abgeht. Dass die Trennung nur mit Geld zu tun hatte, ist nicht die ganze Wahrheit. Mehr hat mich enttäuscht, wie mit mir umgegangen wurde.


    Wie denn?
    Wie gesagt, ich denke, dass es keine ernsthaften Verhandlungen mit mir waren. Aber wie gesagt: Die Sache ist für mich abgeschlossen und vergessen.


    Ist HSV-Trainer Thomas Doll noch immer ein Freund von Ihnen?
    Wir haben keinen Kontakt. Weder per SMS noch per Telefon.


    Nun spielen Sie in Leverkusen. Sind Sie glücklich?
    Sehr. Ich habe mich hier eingelebt. Klar ist die Trennung zu meinen Kindern, die jetzt sieben und zwölf sind und mit ihrer Mutter in Hamburg leben, schwierig. Vor allem für die beiden Kinder. Es stimmt aber nicht, dass ich jede Woche zwei- bis dreimal in Hamburg bin. Ich spreche es immer mit dem Trainer ab, was möglich ist. Nach meiner Laufbahn werde ich aber bestimmt nach Hamburg zurückkehren.


    Kann man in Leverkusen überhaupt leben, wenn man aus der Weltstadt Hamburg kommt?
    Hier kann man sehr schön leben. Leverkusen liegt zudem zwischen Köln und Düsseldorf – beide zusammen sind so schön wie Hamburg. (lacht)


    Wie stark ist Bayer Leverkusen?
    Ganz ehrlich: Ich war noch nie in einer spielerisch so starken Mannschaft – wir sind da gleichwertig mit Werder Bremen, wenn nicht sogar stärker. Und spielerisch besser als der HSV sind wir sowieso. Wenn wir richtig ins Rollen kommen und von Verletzungen verschont bleiben, dann spielen wir eine ganz starke Saison.


    Wird Bayern Meister?
    Normalerweise muss ich ja sagen. Aber ich will am liebsten mit Leverkusen Meister werden. Und ich sage: Wir können ganz oben mitspielen.


    Bekommen Sie eine Meisterschaftsprämie?
    Nein.


    Eine Prämie für die Champions League?
    (lacht) Keine wahnsinnige Summe.


    Sind Sie schon der Chef bei Leverkusen?
    Nein. Ich schaue zu, was sich in der Mannschaft entwickelt, welche Regeln und Abläufe wir haben. Ich bin einfach hier, um ein bisschen mitzuhelfen, ich muss mich anpassen.


    Sie sollen Spielertrainer bei Bosnien-Herzegowina werden. Stimmt das?
    Da war nichts Offizielles, nur Gequatsche. Es wird in der Nationalmannschaft darüber gesprochen, das ist normal. Viele Spieler sagen, ich soll das machen, die trauen mir so was zu. Ich befasse mich aber noch nicht mit dem Gedanken, denn das ist nicht normal. Ich werde nach der Karriere meinen Trainerschein in Bosnien machen.


    Wann beenden Sie die Karriere?
    Mein großer Wunsch ist, mit Bosnien-Herzegowina bei der EM 2008 dabei zu sein – und dann aufzuhören.

    Völler zum Thema "Image": "Wir sind die Werkself und stolz darauf, das Bayer-Kreuz zu tragen. Unsere Fans haben vor einigen Jahren eine Kampagne gestartet, um das Bayer-Kreuz in Leverkusen zu erhalten. Das ist doch totale Identifikation zwischen Stadt, Bayer-Werk und Mannschaft.