Teilweise vom Feinsten

  • Teilweise vom Feinsten
    VON CHRISTOPH PLUSCHKE, 02.04.06, 22:47h




    Skibbes Mannschaft zeigt eine ihrer besten Saisonleistungen - Freier empfiehlt sich für die WM.


    Leverkusen - Rudi Völler strahlte am Samstagabend über das ganze Gesicht. Endlich durfte er als Sportdirektor von Bayer 04 mal wieder über Fußball reden, anstatt immer wieder nervende Fragen nach der Bargeld-Affäre, Manipulationsvorwürfen, juristischen Streitereien und seiner ganz persönlichen Befindlichkeit zwischen Klubchef Wolfgang Holzhäuser auf der einen und Ex-Manager Reiner Calmund auf der anderen Seite beantworten zu müssen. Und endlich durfte er auch mal wieder über Fußball reden, ohne nach Erklärungen für sportliches Versagen der Leverkusener Berufsballtreter zu ringen. Er strahlte, weil er über einen überzeugend herausgespielten 5:1-Sieg über den 1. FC Kaiserslautern reden durfte. Das tut man doch gern. Also sprach Rudi Völler: „Heute gibt es wirklich nichts zu meckern. Was die Mannschaft abgeliefert, war teilweise schon vom Feinsten. Jetzt liegen wir wieder richtig gut im Rennen, und wenn unsere Spieler nun auch die nötige Konstanz zeigen und dieses Niveau bis zum Saisonende halten, dann können wir unser Ziel doch noch erreichen und uns für den Uefa-Cup qualifizieren.“


    Zugegeben, was der Gegner aus der Pfalz an diesem Nachmittag in der BayArena dargeboten hatte, war eines Erstligisten über weite Strecken nicht würdig. Dessen ungeachtet musste man dem Team von Trainer Michael Skibbe in der Tat eine der besten Saisonleistungen überhaupt attestieren. So wusste sich Völler mit sämtlichen Augenzeugen der Partie in dieser Einschätzung einig: „Mit fünf Stück waren die Lauterer noch gut bedient.“


    Besonders leuchtende Augen bekam der Sportchef, als er auf Paul Freier zu sprechen kam. „Es macht wieder großen Spaß, ihm zuzusehen. Der Slawo ist der Prototyp des Spielers, der immer wieder die Eins-gegen-eins-Situation sucht und dann auch meistens gewinnt. Davon gibt's nicht viele in der Bundesliga.“ Freier also ein Mann für die WM? „Nun ja“, antwortete Völler, „als DFB-Teamchef hatte ich es gar nicht gerne, wenn mir von draußen irgendwelche Spieler in die Nationalmannschaft reingesungen wurden. Aber der Jürgen Klinsmann und der Jogi Löw kriegen ja auch so mit, wie die Jungs in der Bundesliga aktuell drauf sind.“ Der Ex-Bundestrainer und Ex-Völler-Assistent Skibbe wollte ebenfalls nicht allzu laut die Werbetrommel für Freier rühren, bemerkte aber: „Im 23-er-Kader für die WM dürfte sich bestimmt auch ein Platz für einen Shooting-Star finden.“


    Wie schon zuvor beim 2:0-Sieg in Stuttgart profitierte Bayer von der reformierten taktischen Ausrichtung, die im Angriffszentrum Dimitar Berbatow als Stoßstürmer sowie als flankierende Elemente die Offensivkräfte Tranquillo Barnetta auf links und besagten Freier auf rechts vorsieht. Bis auf das vierte Tor, das Clemens Fritz quasi im Alleingang erzielte (85.), waren diese drei an allen Bayer-Treffern beteiligt: Barnetta erzielte den ersten auf Berbatows Zuspiel (9.), den Strafstoß zu Berbatows 2:0 (37.) holte Freier heraus, das 3:0 (61.) erzielte der Bulgare aus dem Spiel heraus und das 5:1 (90.) abermals per Elfmeter, nachdem er selbst gefoult worden war.


    Hinter diesem Offensivverbund agierte Bayer in Mittelfeld und Abwehr „mit deutlich verbesserter Defensiv-Struktur“, wie Michael Skibbe es formulierte. Dank chronisch hochgehaltener Laufbereitschaft und Aggressivität im Zweikampf ließen die Leverkusener kaum Torchancen für den Gegner zu; lediglich beim Freistoß, der zum Kopfballtor von Pletsch führte, (3:1 / 64.) fehlte für einen Moment die Ordnung.


    „Wichtig war, dass wir uns vom Gegentreffer nicht haben irritieren lassen, sondern konzentriert weitergearbeitet haben. Das war in der Vergangenheit nicht immer so, genau das macht mir auch Hoffnung für die nächsten schweren Spiele“, sagte Rudi Völler. Und strahlte über das ganze Gesicht.
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