Calli sieben Stunden verhört

  • Von THOMAS GASSMANN und ALEXANDER HAUBRICHS



    Leverkusen – Sieben lange Stunden und unangenehme Fragen liegen hinter Reiner Calmund. Die Staatsanwaltschaft Köln hat am Montag mit dem Verhör von Reiner Calmund begonnen. Gegen den 57-Jährigen wird wegen Verdachts auf Untreue ermittelt.


    Die Manipulationsvorwürfe gegen Leverkusens Ex-Geschäftsführer Reiner Calmund: Hat der Ex-Geschäftsführer Spiele verschoben um seinen Klub vor dem Abstieg zu retten? Oder ist alles nur heiße Luft?


    Es geht um den ungeklärten Verbleib von 580.000 € Bargeld, die Calmund an den Spielervermittler Volker Graul gezahlt hat. „Wir haben ernst zu nehmende Hinweise erhalten, wonach das Geld nicht wie angegeben als Option auf Spielereinkäufe eingesetzt wurden, sondern um Fußballspieler zu schmieren“, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln, Günther Feld.


    Calmund zum Showdown: „Es brennt mir unter den Nägeln. Ich werde alles aufklären.“


    Er will die Verdächtigungen aus der Welt schaffen. Nur welche? Es kursieren gleich mehrere Versionen von vermeintlichen Spielmanipulationen durch die Akte: „Nachdem die Manipulationsvorwürfe hinsichtlich des Bielefeld-Spiels von niemandem ernstgenommen werden, wird das Spiel gegen 1860 München zum neuen kreativen Mittelpunkt der Berichterstattung“, sagt Calmund-Anwalt Dr. Stefan Seitz.


    Die erste Version, wonach Bielefelds Ansgar Brinkmann 400.000 €, ein Spielerberater 100.000 € und Vermittler Graul 80.000 Euro kassiert haben sollen, ist offenbar vom Tisch.


    Die zweite Version: Brinkmann habe rund 150.000 Euro kassiert, 80.000 € bekam Graul. 350.000 € sollen über einen Bundesliga-Manager an einen Nürnberger Spieler gezahlt worden sein.


    Die dritte Variante: Drei Spieler des TSV 1860 München hätten vor dem 3:0-Sieg Leverkusens in der Fast-Abstiegssaison 500.000 € bekommen. Auch hier wäre Graul mit 80.000 € mit von der Partie.


    Diese Version habe Calmund laut Bayer-Anwalt Walther Graf den Konzern-Verantwortlichen aufgetischt. Seitz: „Das ist alles unglaubwürdig. Eine riesige Luftblase.“


    Die Staatsanwaltschaft ermittelt trotzdem. „Es sind mehr als nur Gerüchte, geht aber über einenAnfangsverdacht nicht hinaus“, sagt Staatsanwalt Feld. Der DFB schaut nun mit Spannung zu den Kölner Behörden: „Wir sind mit der Staatsanwaltschaft in Kontakt, wurden über die Ermittlungen der Behörden informiert“, sagt DFB-Pressechef Harald Stenger. „Wir haben aber noch keine konkreten Hinweise auf Manipulationen.“


    Bei Bayer sollte man hoffen, dass dabei nichts rauskommt. Denn Wolfgang Holzhäuser, immerhin Vizepräsident bei DFL und DFB, verzichtete im Sommer 2004 – trotz der Aussagen Calmunds – darauf, seinen Verband von den Verdächtigungen zu informieren.


    Stattdessen holte man ein Rechtsgutachten ein und schickte Calmund mit einer üppigen Pension in Rente. „Es ist doch normal, dass man alle rechtlichen Fragen abklopft“, sagt Holzhäuser.


    Trotzdem bleibt eine Frage unbeantwortet: Wenn Bayer Calmund der Manipulation verdächtigte – warum hat man ihn dann nicht aus reinem Selbstschutz schon damals sofort angezeigt?


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