Pässe mit dem Seziermesser

  • Bernd Schneider - Feingeist des Mittelfeldes

    Von Anreas Kötter

    Am Samstag bei den Münchner Bayern ist wieder all sein Können gefragt: Bernd Schneider ist ein begnadeter und erstaunlich genügsamer Fußballer und wohl Bayer Leverkusens wichtigster Spieler.

    Er spricht leise, zwar nicht betont leise, aber eben doch so sanft, dass man sich auf seine Stimme konzentrieren muss. Leise zu sein, das ist bei ihm keine Marotte, sondern schlichtweg seine Art. Bernd Schneider ist alles andere als ein Lautsprecher und schon gar kein Schreihals.


    Über seinen Job reden mag er kaum, über sich selbst am liebsten gar nicht. Und ein Interview-Termin wie dieser – kurz vor dem Bundesligaspiel gegen Bayern München – dürfte ihm ein Greuel sein. Sagen würde das der Mittelfeldrenner, der seit sieben Jahren in Diensten von Bayer Leverkusen steht, natürlich nie, dazu ist er viel zu höflich. Stattdessen beantwortet Schneider die Fragen, ohne dabei wirklich etwas von sich preiszugeben. „Fußball macht mir immer noch so viel Spaß, wie am Anfang“, sagt er trotz der prekären Situation, in der sich Leverkusen in dieser Saison befindet. „Allerdings lässt sich nicht leugnen, dass alles viel ernsthafter, viel verbissener geworden ist. Dabei sollte Fußball doch eigentlich die schönste Nebensache der Welt sein“.


    Schneider ist heute der wohl wichtigste Spieler bei Bayer überhaupt. Und wie zum Beweis prangt ein riesiges Bernd-Schneider-Plakat an der Außenfassade der BayArena. Will man tatsächlich etwas mehr erfahren über seinen Status, dann sollte man zuhören, was andere über den Nationalspieler zu sagen haben. Wie sein Trainer, Michael Skibbe. Der kennt den 32-Jährigen schon aus seiner Zeit als Bundestrainer, setzt große Stücke auf ihn und weiß, „dass ich mich auf Bernd jederzeit hundertprozentig verlassen kann“. Ähnlich dürfte das auch Nationaltrainer Jürgen Klinsmann sehen. Der beorderte Schneider im vergangenen Jahr aus Personalnot gleich mehrfach auf die ungewohnte Position als linker Außenverteidiger. Mit dem Resultat, dass der Instinktfußballer, der sich im WM-Finale gegen Brasilien den Ehrentitel „weißer Brasilianer“ verdient hat, Spiele ablieferte, die seinem eigentlichen Können nicht gerecht wurden.


    Manch anderer hat da schon aus weit nichtigeren Gründen gegen seinen Trainer aufgemuckt. Schneider aber sagt nur: „Ich spiele dort, wo mich der Trainer hinstellt“. Wenn es sein muss auch da, wo weniger Hackentricks und Übersteiger, als Tacklings und Zweikampfhärte gefragt sind. Der Techniker kann auf dem Platz zwar durchaus auch mal rustikal werden, letztlich aber ist er der Feingeist unter den deutschen Mittelfeldspielern.


    Und ein Teamspieler: „In einer Mannschaft ist jeder wichtig, einer ist der bessere Techniker, der andere hat das bessere Zweikampfverhalten. Keiner ist wertvoller, als der andere“. Er selbst findet seine fußballerische Erfüllung jedenfalls weniger im finalen Schuss, als in dem Moment, wenn er wieder einmal eine Abwehrreihe mit einem unerwarteten Pass geradezu klinisch seziert hat. Den viel bemühten „tödlichen Pass“, der Teamplayer spielt ihn häufig.


    Was Schneider dagegen völlig abgeht, ist die Gabe zur Selbstdarstellung. So brachte ihm seine Bereitschaft in der Nationalelf auf ungewohnter Position auszuhelfen, nicht nur kein Lob ein, sonder er blieb kürzlich auch außen vor, als eine Reihe vermeintlicher Fußball-Experten in der Bild-Zeitung ihr WM-Wunschmittelfeld benannten. Trotzdem wird Schneider mit ziemlicher Sicherheit zum WM-Kader gehören. Schließlich dürfte Klinsmann kaum auf einen Spieler verzichten, der einerseits der Elf so etwas wie Inspiration und Esprit schenken kann, es andererseits aber klaglos hinnimmt, wenn man ihn einmal in die Abwehr ver- oder auch mal auf die Bank setzt.


    Die WM dürfte Schneider letztes internationales Turnier werden und vielleicht auch die letzte Chance auf einen Titel. Denn der fehlt dem gebürtigen Jenaer bis heute. In der Saison 2001/2002 hätten es gleich vier werden können, mit Bayer die Meisterschaft, den DFB-Pokal und den Triumph in der Champions League, mit der Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft. Stattdessen gab es „nur“ vier Vize-Titel.


    Und für Schneider dennoch beinahe die Erfüllung „eines Kindheitstraumes“. Der FC Barcelona war damals interessiert, „aber irgendwie hat es dann doch nicht geklappt“. Sein Vertrag bei Bayer läuft noch bis 2009, in dem Jahr wird Schneider 36 Jahre alt und im Winter seiner Karriere stehen. Der Traum vom Ausland im allgemeinen und dem FC Barcelona im besonderen wird sich wohl nicht mehr erfüllen. „Vielleicht melden die sich ja doch noch mal, weil sie jemanden benötigen, der endlich Ronaldinho ersetzt“, scherzt er zwar, weiß aber natürlich, dass einem betagten Fußballer kein Angebot eines europäischen Spitzenklubs mehr ins Haus flattert.


    „Ich war wohl in den entscheidenden Momenten nicht Egoist genug“, sagt er ohne Bitterkeit. Da mag er Recht haben: Es wäre sicher mehr drin gewesen in der Karriere des Bernd Schneider. Unsympathischer macht ihn das nicht. Im Gegenteil, er ist nun einmal einer der wenigen Stillen im lauten Liga-Getöse. Sein „Ihnen auch alles Gute“ zum Abschied ist beim Abhören des Bandes dann auch kaum noch zu verstehe.

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    Im Übrigen bin ich der Meinung, daß wir Meister werden !!! -Irgendwann

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