Bayer Leverkusen im freien Fall

  • Bis tief in die Nacht beriet die Bayer-Führung nach der 1:2-Pleite gegen Hertha BSC, wie der freie Fall zu stoppen ist. Mit 17 Punkten in 15 Bundesliga-Spielen ist man alles andere als zufrieden.

    Von Andreas Schirmer


    Bei Bayer 04 Leverkusen läuten knapp drei Wochen vor Weihnachten die Alarmglocken. Bis tief in die Nacht hat die Bayer-Führung nach der 1:2-Pleite gegen Hertha BSC beraten, wie der freie Fall angesichts der zweiten Heimniederlage hintereinander, von nur 17 Punkten in 15 Bundesliga-Spielen und Platz elf in der Tabelle zu stoppen ist. «Wir sind nicht die Typen, die in Aktionismus und Populismus verfallen», sagte Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser am Montag. Der Bayer-Boss wurde aber nicht nur mit kritischen Schlagzeilen («Bayer in Trümmern») konfrontiert, sondern bekam auch im Verein Deftiges zu hören: «Es gab intern Stimmen, die uns aufforderten, die Mannschaft an die Wand zu nageln.»


    Klagen über Klagen


    Zur negativen Außendarstellung hat neben dem sportlichen Sinkflug auch eine Serie von juristischen Auseinandersetzungen beigetragen. Erst verklagte Ex-Kapitän Jens Nowotny und sein Berater den Club in zwei Fällen, nun strengte auch der frühere Manager Reiner Calmund wegen angeblicher Kürzungen seiner «Direktorenpension» einen Prozess gegen Bayer an. «Abwendung von Schaden für Bayer 04 - zu mehr und vor allem auch weniger dienen diese juristischen Klärungen», meinte Holzhäuser lapidar. Nicht so nüchtern sieht Sportdirektor Rudi Völler den Streit mit Ikone Calmund: «Das ist schlecht für den Verein.»


    Eine schöne Bescherung könnte es für die launischen und labilen Leverkusener geben, wenn ihnen vor der Winterpause nicht noch ein Befreiungsschlag am Samstag beim 1. FC Nürnberg und eine Woche später gegen Hannover 96 gelingt. «Wir sind im Niemandsland und können nicht mehr nur nach vorne schauen», sagte Völler und stellte wenig tröstlich fest: «Nach hinten haben wir noch ein ordentliches Polster.» Denn es sind sechs Zähler bis zu einem Abstiegsplatz.


    Völler: Kein Aufbäumen


    Wütend war er über die totale Resignation der Bayer-Profis, die durch Dimitar Berbatow (20.) in Führung gegangen waren, nach dem 1:1 durch den Ex-Leverkusener Yildiray Bastürk (58.) und dem genialen 2:1 von Hertha-Star Marcelinho (64.) jedoch einbrachen. «Darüber muss man mit der Mannschaft sprechen, da hat das Aufbäumen gefehlt», schimpfte Völler. Dass ausgerechnet der heftig kritisierte Marcelinho die Wende für den Tabellen-Fünften schaffte, freute vor allem den Brasilianer selbst: «Ich hatte heute wieder Spaß am Fußball.»


    Davon konnte bei Michael Skibbe in seinem achten Pflichtspiel als Bayer-Coach keine Rede sein. «Es war eine Kombination aus fehlendem spielerischen Esprit und nicht ausreichendem Laufvermögen», analysierte der Ex-Bundestrainer, der bisher nur einen Sieg vorweisen kann. «Das habe ich mir auch anders vorgestellt. Die Situation ist unbefriedigend», erklärte Skibbe, der das Uefa-Cup-Ziel in die Ferne gerückt weiß: «Wenn man auf die Tabelle sieht, weiß man, wie weit der fünfte Platz entfernt ist.»


    Völler gereizt


    Allergisch reagierte der frühere DFB-Teamchef Völler auf erste Fragen nach der mageren Bilanz seines einstigen Assistenten Skibbe. «Ist das eine Fangfrage?», herrschte er einen Fernseh-Journalisten sichtlich aufgewühlt an und gab Skibbe eine Job-Garantie: «Es fehlen die Punkte, aber er wird die Chance haben, die Mannschaft in der Winterpause auf die Rückrunde vorzubereiten.»


    Netzeitung