Heynckes: "Ich bin ein Detailfanatiker"

  • Heynckes: "Ich bin ein Detailfanatiker"


    In Teil 10 der Sport1.de-Interviewserie spricht Leverkusens Trainer Jupp Heynckes über die Vorbereitung und die Ziele mit Bayer.
    Lupe
    Jupp Heynckes' erste Trainerstation war von 1979 bis 1987 Borussia Mönchengladbach


    Von Martin Volkmar


    Jupp Heynckes steht vor seiner ersten Saison als Trainer von Bayer 04 Leverkusen (Vereinsseite).


    Nach dem plötzlichen Weggang von Bruno Labbadia zum Hamburger SV war die Verpflichtung Heynckes eine echte Überraschung.


    Denn der 64-Jährige wollte im Anschluss an sein Kurz-Engagement beim FC Bayern München nach der Entlassung von Jürgen Klinsmann eher nicht nochmal auf die Trainerbank zurück.


    Jetzt schwingt Heynckes bei Bayer 04 das Zepter und hat es mit verletzten Spielern, großen Erwartungen und sogar Gewitterblitzen zu tun, die den Coach zum Abbruch des Donnerstagstrainings im Elztal zwangen.


    Im zehnten Teil der Sport1.de-Interview-Vorschauserie auf die Bundesliga-Saison 2009/10 spricht der neue Leverkusener Trainer über die bisherige Vorbereitung, die Saisonziele und seine Entscheidung, nochmals ein Traineramt zu übernehmen.


    Sport1.de: Herr Heynckes, wenn man die Testspiele als Maßstab nimmt, müssen Sie mit der bisherigen Vorbereitung ganz zufrieden sein.


    Jupp Heynckes: Gute Ergebnisse bedeuten nicht, dass schon alles rund läuft und dass alles perfekt ist. Das kann es aber auch nicht sein, wir haben parallel zu den Freundschaftsspielen sehr intensiv gearbeitet. Auch in Details, denn ich bin ein Detailfanatiker.


    Sport1.de: Wie sieht das konkret aus?


    Heynckes: Das bedeutet, dass ich versuche, meine Ideen und meine Philosophie einzubringen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf den fußballspezifischen Dingen, aber es wird parallel auch Fitness, Grundlagenausdauer, Krafttraining, Koordination und Sprint trainiert. Natürlich bin ich bis jetzt nicht unzufrieden, ganz im Gegenteil. Aber ich bin erfahren genug, um zu wissen, dass die Pflichtspiele etwas ganz anderes sind.


    Sport1.de: Welche Ziele haben Sie sich mit Bayer gesetzt?


    Heynckes: Erst einmal muss man feststellen, dass einige Mannschaften sich enorm verstärkt haben. Deswegen ist es sicherlich ein schwieriges Unterfangen, oben hineinzustoßen. Aber eine Mannschaft wie Bayer 04 sollte natürlich trotzdem versuchen, auf die vorderen Plätze zu kommen.


    Sport1.de: Also die Teilnahme am Europacup?


    Heynckes: Man muss sich Ziele setzen und das ist sicherlich der internationale Wettbewerb. Ob das gelingt, muss man abwarten. Letzte Saison waren wir Neunter, davor Siebter, das hat ja seine Gründe.


    Sport1.de: Sie haben vor einigen Wochen gesagt, dass Sie zuversichtlicher wären, wenn Bayer noch einen Spieler mit Top-Niveau verpflichten würde. Was fehlt?


    Heynckes: Mit Patrick Helmes ist unser Top-Scorer verletzt. Sein Tor-Instinkt fehlt uns natürlich. Ich weiß nicht, ob wir das 1:1 kompensieren können. Das andere Problem war, dass Bayer 04 zu viele Gegentore kassiert hat. Das heißt, die Abwehrorganisation und das Defensivverhalten müssen verbessert werden. Daran arbeiten wir.


    Sport1.de: Ist es denkbar, dass Bayer nochmals zuschlägt auf dem Transfermarkt?


    Heynckes: Ich denke, dass wir mit dem momentanen Kader in die Saison gehen werden. Außerdem ist auch Simon Rolfes wieder auf einem guten Weg und wird wohl nächste Woche wieder ins Mannschaftstraining einsteigen können. Damit kommt ein Leistungsträger zurück.


    Sport1.de: Was erwarten Sie von Sami Hyypiä, der in Liverpool ja schon fast eine Legende ist?


    Heynckes: Er ist wirklich eine Institution. Bei seiner Verabschiedung in Liverpool hat man ja gesehen, was er für einen Stellenwert gehabt hat. Er bringt natürlich immense Erfahrung mit und ich hoffe, dass er diese auch einbringen kann. Aber es ist ein anderes Team und er muss sich auf den Bundesliga-Fußball einstellen, da wird er sicher seine Zeit brauchen.


    Sport1.de: Für Sie war die Entscheidung nochmals einen Bundesligaklub zu trainieren, ein großer Schritt. Wie fühlen Sie sich nach den ersten Wochen?


    Heynckes: Wenn ich mich entscheide, stehe ich auch voll dahinter. Ich glaube, dass ich mich richtig entschieden habe, es macht mir viel Spaß. Und wenn man den Job ernst nimmt, ist es wirklich ein umfangreicher und intensiver Fulltimejob.


    Sport1.de: Die Schattenseiten, die Sie ja zum Beispiel in Mönchengladbach erlebt haben, schrecken Sie nicht ab?


    Heynckes: Nein, das kann nicht wieder kommen. Das hier ist eine wesentlich bessere Mannschaft.


    Im zweiten Teil des Interviews mit Jupp Heynckes spricht der 64-Jährige über erfahrene Trainer, Jürgen Klinsmann und den FC Bayern.


    Sport1.de: Erfahrene Trainer genießen in der Bundesliga offenbar wieder einen höheren Stellenwert als vor einigen Jahren. Freut Sie das?


    Heynckes: Aber das ist ja auch ein Trend der Medien. Vor einem Jahr hat Jürgen Klinsmann bei Bayern eine wahre Hysterie ausgelöst und genauso ist es jetzt umgekehrt bei den älteren Trainern. Felix Magath holt die Meisterschaft, Luis Aragones wird mit Spanien Europameister und auch andere erfahrene Trainer haben Erfolg.


    Heynckes: Ich denke, die Mischung macht's. Meiner Meinung nach gibt es nur gute und weniger gute Trainer. Die Erfahrung spielt dabei sicherlich eine große Rolle, aber es ist wichtiger, wie man mit den Spielern umgeht und wie man sie erreicht. Und nicht unbedingt, ob man sehr jung ist oder schon im höheren Alter.


    Sport1.de: Aber Sie sind schon der Meinung, dass gerade jüngere Trainer wie Jürgen Klinsmann solchen Aufgaben noch nicht gewachsen sind?


    Heynckes: Das hat nichts speziell mit Klinsmann zu tun. Generell braucht man in jedem Beruf Erfahrung. Und man muss versuchen, sich immer wieder zu verbessern. Das ist ein stetiger Prozess und auch mit 60 oder 65 Jahren kann man noch dazulernen. Aber es gab immer schon ältere Trainer, die kompetent und gut sind, und jüngere, die unerfahren sind.


    Sport1.de: Viele haben ein Interview von Ihnen am vergangenen Wochenende aber auch als Abrechnung mit Jürgen Klinsmanns Arbeitsweise interpretiert.


    Heynckes: Wenn man das ganze Interview in der "FAZ" richtig gelesen hat, wird man nicht zu dieser Schlussfolgerung kommen. Im Gegenteil: Ich habe Jürgen Klinsmann sogar gelobt. Das Problem ist, dass die Medien vieles immer verzerren. Ich hatte mich allgemein auf junge Trainer bezogen, das hat nichts mit Klinsmann zu tun. Und da habe ich gesagt: Junge Trainer müssen Erfahrungen sammeln und Fehler machen dürfen.


    Sport1.de: Aber Sie haben dem FC Bayern danach angeblich Luis van Gaal empfohlen, weil er besser dorthin passen würde. Stimmt das?


    Heynckes: Ich weiß nicht, ob er dorthin passt. Ich habe gesagt, dass ich Luis van Gaal für einen kompetenten Trainer halte, der Fußball lehrt.


    Sport1.de: Holt er direkt mit den Münchnern die Meisterschaft?


    Heynckes: Ich lege mich nicht fest, damit würde man es sich zu einfach machen. Auch vergangene Spielzeit haben 15 Trainer auf den FC Bayern gesetzt und Wolfsburg ist am Ende Meister geworden. Bayern gehört sicherlich zu den Favoriten. Aber einige Teams haben sich extrem gut verstärkt, zum Beispiel Hoffenheim. Daher ist es für eine Prognose zu früh.


    Sport1.de: Können die Bayern auch in der Champions League wieder ganz oben mitspielen?


    Heynckes: Der FC Bayern hat eigentlich immer im internationalen Geschäft mitgemischt und häufig das Viertelfinale, oder auch Halb- oder Finale erreicht. Man muss abwarten, wie es mit einem neuen Trainer und einer neuen Philosophie laufen wird. Aber die Bayern können immer eine gute Rolle im Europapokal spielen, weil sie ein riesiges Potenzial haben.



    Quelle

    Selbst mit Sky HD verbessert sich die Qualität eines FC K*ln Spiels nicht!