Zu viele Zaudereien auf der Baustelle

  • Von Ulrich Klein, 30.11.08, 22:45h


    Bayer Leverkusen fehlt es gegen die Bayern nach ordentlicher Eröffnung an Courage. Als die schwarz-rote Anhängerschaft jedenfalls die hell erleuchtete BayArena verließ und in die kühle Novembernacht entschwand, erinnerte der Abgang an einen Trauermarsch.


    LEVERKUSEN - Niemand lärmte, niemand regte sich auf - die 0:2 (0:0)-Niederlage ihrer Lieblinge im Spitzenspiel gegen Bayern München hatte den Fans von Bayer Leverkusen schlichtweg jede Emotion geraubt. Zu traurig, zu ernüchternd endete dieser Nachmittag, an dem den Bayern nach langer Abstinenz mal wieder ordentlich eingeschenkt und die Anwartschaft auf die erste Verfolgerrolle der Hoffenheimer Sensationsaufsteiger untermauert werden sollte.


    Im Bayern-Lager gings natürlich ungleich entspannter zu. Man war sich bewusst über den Wert dieses souverän herausgearbeiten Erfolges. Und das auf fremder Gemarkung bei den bisher so spielwütigen Hausherren. Vor allem Uli Hoeneß hatte schnell begriffen, welch applausträchtigen Auftritt die Seinen auf der Bayer-Baustelle hingelegt hatten und zierte sich nicht, die Erkenntnis des Tages auf den Punkt zu bringen: „Leverkusen ist eine gute Bundesligamannschaft, die uns aber natürlich nicht das Wasser reichen kann. Sie hat den Makel, dass es so lange für sie gut läuft, bis es eng wird“, verband der FCB-Manager das vermeintliche Lob mit einem gezielten Hieb auf das Gastgeber-Ego.


    Bruno Labbadia betrachtete den Spielfilm differenzierter: 20, 25 Minuten lang durfte der Leverkusener Cheftrainer einigermaßen zufrieden sein mit seinen Athleten. Patrick Helmes hatte gleich zwei starke Szenen - einmal scheiterte er mit seinem 18-Meter-Schuss an Rensing, einmal traf er nur das Außennetz. Die griffigste Möglichkeit, der Partie eine andere Richtung zu geben, verbuchte aber Henrique. Der Kopfball des Brasilianers (17.) klatschte jedoch ans Quergestänge.


    „Nach 25 Minuten haben wir das Kräftemessen verloren. Ab da war es ein schleichender Prozess, wir waren immer in der Rückwärtsbewegung und das ist nicht unser Spiel“, seufzte Labbadia und ergänzte: „Wir haben nicht den Mut gehabt, den ich der Mannschaft zutraue und durch den wir so weit gekommen sind.“


    Über fehlende Courage der Hausherren wunderte sich auch Bastian Schweinsteiger: „Wir haben uns auf dieses Spiel bei einem direkten Konkurrenten gefreut und waren besonders heiß auf die Zweikämpfe. Bei Bayer war das im Laufe des Spiels wohl nicht mehr so. Sie sind unsicherer geworden“, versuchte sich der Nationalspieler als Tiefenpsychologe.


    Die Zaudereien der Heimauswahl nach ordentlicher Eröffnung deutete dann vor allem der Fußballgenius als Aufforderung zur Aufhebung des Tempolimits. Franck Ribéry rannte, fummelte, trickste und machte so aus einem vor Bayern-Abneigung schäumenden Publikum ebenso ehrfürchtige wie besorgte Bewunderer. Und die Sorgen waren berechtigt. Denn als Simon Rolfes dem feinfüßigen Zé Roberto eine störungsfreie Flanke spendierte, veredelte Luca Toni die gekonnte Vorarbeit per Kopf zum 0:1 (59.).


    Damit war die Frage nach dem Sieger schon zeitnah gelöst. Bayern begnügte sich mit der seriösen Verwaltung des dünnen Polsters, ohne noch einmal wirklich in Gefahr zu geraten. Klose (82.) machte mit dem 2:0 auch dem letzten Bayer-Sympathisanten klar, dass das Luxusensemble den heimischen Favoriten auch dieses Mal rein gar nichts gönnen würde. Sehr zum Frust von Labbadia: „Schade, dass wir uns eine Super-Ausgangslage kaputt gemacht haben.“


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