Völler contra Meier - Der Stichel-Gipfel

  • Von THOMASS GASSMANN, ALEXANDER HAUBRICHS & LARS WERNER


    Köln - Rhein in Flammen: Freitag (20.30 Uhr, BayArena) steigt das Derby zwischen Bayer Leverkusen und dem 1. FC Köln. Es wird heiß hergehen.


    Einen Vorgeschmack darauf gab es schon mal in den Redaktionsräumen des EXPRESS. Da trafen Leverkusens Sportchef Rudi Völler und Kölns Manager Michael Meier aufeinander.


    Und lieferten sich ein prickelndes Streitgespräch, wie es sich für zwei rheinische Rivalen gehört…


    Bayer ist dem FC in den vergangenen Jahren davongeeilt. Jetzt ist der FC ebenfalls gut in die Saison gestartet. Ist es immer noch ein ungleiches Duell?
    Meier: Halt, da muss ich mal die Historie bemühen. Wir werden ja immer als Fahrstuhlmannschaft hingestellt. Von 44 Jahren haben wir 39 in der ersten Liga gespielt.


    Und in der ewigen Tabelle haben wir 500 Punkte mehr auf der Habenseite als Leverkusen. Aber keine Frage: In den letzten Jahren ist Bayer uns gewaltig davongeschwommen. Wir sind angetreten, um diese Distanz zu schließen.


    Aber das Herz der Leute in der Region hängt immer noch am FC. Tut das nicht weh, Herr Völler?
    Völler: Köln ist ja auch eine große Stadt, die sich mit ihrem Klub identifiziert. Aber eins ist klar: In Deutschland, da kennt jeder den FC.


    Aber wenn ich nach Italien fahre, nach Südamerika oder in die Antarktis: Bayer Leverkusen ist überall ein Begriff. Beim 1. FC Köln bin ich mir da nicht so sicher. Das liegt daran, dass wir in der Champions League waren. Und dass hier Stars wie Emerson, Lucio, Ballack oder Berbatov spielten.


    Der FC hat letztmals vor 16 Jahren international gespielt...
    Meier: Klar wollen wir irgendwann dorthin zurück. Aber die Abstiege haben unglaublich Substanz gekostet, unsere Story kaputtgemacht.


    Spieler wie Podolski, Helmes und Sinkiewicz würden heute noch hier spielen. Aber wir hatten keine Planungssicherheit.


    Völler: In dieser Situation mag keiner stecken. Aber trotzdem: Was der FC gut gemacht hat – auch im Vergleich zu Mönchengladbach: Sie, Herr Meier, haben Topleute geholt, haben sich adäquat verstärkt. Das war richtig, das zahlt sich aus.


    Aber kann der FC den Rivalen Bayer überhaupt einholen?
    Meier: Auf dem Reißbrett ist das möglich. Wir sind ein gewisses Risiko eingegangen, haben ambitionierte Dinge gemacht. Ich bin unsicher, ob wir in der Lage sind, das so fortzuführen. Wenn du ins internationale Geschäft willst, musst du aber weiter investieren.


    Herr Völler, für Sie sind Hoffenheim und Wolfsburg die größeren Konkurrenten, sagten Sie.
    Völler: Hoffenheim mit Dietmar Hopp ist ein völlig neues Phänomen hierzulande. Der ist wie so ein Präsident in Italien – er entscheidet, wo es langgeht.


    Aber ich kann es verstehen. Wenn wir sechs Milliarden auf dem Konto hätten würde sich doch jeder von uns einen Klub leisten – oder nicht?


    Haben Vereine wie Bayer, Hoffenheim oder die Wölfe einen Wettbewerbsvorteil?
    Meier: Klar, ihr Druck ist höchstens hausgemacht. Und: Für diese Vereine gilt nicht die 50+1-Regel, die gehören zu 100 Prozent ihren Investoren. Das fing an mit der Lex Leverkusen. Dann kam Wolfsburg, die Bayer als Präzedenzfall genommen haben. Das wurde zugelassen. Das war die erste große Sünde.


    Jetzt kommt Hoffenheim dazu. Da gab es nicht mal eine Abstimmung in der Liga, ob die zugelassen werden dürfen - obwohl faktisch einer das Sagen hat. Und Wolfsburg mit VW, die haben 35 Spieler rumlaufen. Das ist ein Auswuchs, da sage ich: Hoffentlich geht das nicht gut.


    Völler: Wir dürfen aber nicht den Fehler machen, dass hier der Eindruck entsteht: In Leverkusen gibt es unendliche Geldquellen. Mir sind die Tränen gekommen, als wir Berbatov ziehen lassen mussten.


    Andere Vereine wie Köln oder Frankfurt bekommen mal eben so ein wunderschönes Stadion dahingestellt. Klubs wie Kickers Offenbach oder Fortuna Köln haben nicht diese Unterstützung – und verschwinden in der Versenkung.


    Meier: Dafür bezahlen wir aber auch eine Stadionmiete. Für sieben Millionen Euro im Jahr hätten wir so ein Stadion auch selbst abtragen können.


    Ist Bayer für Sie ein Plastikklub?
    Meier: Der Begriff stammt ja von mir. Kurz bevor ich damals zu Bayer kam. Obwohl man ihnen da ein bisschen Unrecht tut. Sie haben mittlerweile eine Historie und Fans mit Herzblut.


    Herr Völler, ärgert sie der Spott?
    Völler: Nein. Unsere Werkself-Kampagne ist die beste Idee der letzten Jahre. Wir stehen zu dieser Geschichte. Das passt zu uns. Und die Fans identifizieren sich damit.


    Aber im Derby geht es um Sport. Christoph Daum kehrt erstmals nach Leverkusen zurück.
    Völler: Mit ihm ging es damals ab bei Bayer. Ich war froh, mit Reiner Calmund als Manager und ihm als Trainer arbeiten zu können. Das war für mich und meine Entwicklung unwahrscheinlich wichtig. Christoph ist ein toller Trainer.


    Der aber schon ordentlich Feuer gespuckt hat...
    Völler (lacht): Typisch Christoph. Mir war klar: Er wählt entweder die Schmeichel-Taktik. Oder die Konfrontation. Ich bin froh, dass er letztere gewählt hat. Jetzt ist Feuer drin. Das motiviert doch nur.


    Das Klappern gehört dazu…
    Meier: Klar. Aber wir werden jetzt nicht die Bodenhaftung verlieren. Wir sind Aufsteiger. Das Spiel gegen Bayer ist für uns eine Riesenherausforderung, wie wir bei so einer tollen Mannschaft bestehen können. Viel wird von unserer Leidenschaft abhängen.


    Völler: Der Druck liegt auf uns. Die Kölner haben nichts zu verlieren. Für sie ist es das einfachste Spiel der Saison. Wir werden mehr Chancen haben als der FC. Wir müssen sie nur nutzen.



    http://www.express.de/nachrich…rtikel_1223463655939.html