"Dieses Spiel müssen wir gewinnen"

  • Bei den vielen namhaften Neuzugängen im Team stand er zunächst etwas im Hintergrund. Und die wenigsten Experten hätten ihm wohl den Stammplatz zugetraut, den er sich jetzt erkämpft hat. Hans Sarpei ...


    BayArena Magazin: Hans, Du bist der Schrecken aller Autogrammkarten-Gestalter, weißt Du das eigentlich?
    SARPEI: Wie meinst Du das?


    BayArena M.: Wenn wir richtig gezählt haben, ist Bayer 04 der zehnte Klub, bei dem Du spielst. Das wird ganz schön eng unter der Rubrik ‚Bisherige Vereine‘...
    SARPEI: Na ja, ich habe halt bei ziemlich vielen Amateurvereinen gespielt. Da kommt schon was zusammen. Im Profibereich sind es ja nur Fortuna Köln, Duisburg, Wolfsburg und nun Bayer 04.


    BayArena M.: m Umland von Köln kennst Du so ziemlich jeden Klub aus nächster Nähe...
    SARPEI: Ich hab‘ im Kölner Raum ziemlich viel abgegrast, das stimmt. Ich war bei Viktoria Köln, Fortuna Köln, Winfriedia Mühlheim, und auch Siegburg war ein ziemlich großer und traditionsreicher Verein. In der Linie fehlt eigentlich nur noch der 1. FC Köln. Das hätte noch gepasst.


    BayArena M.: Und der FC hat nie angefragt?
    SARPEI: Nein, mein Bruder Edward hat ja mal da gespielt, und einer aus der Familie reichte dann.


    BayArena M.: Warum hast Du so oft die Vereine gewechselt?
    SARPEI: Ich wollte immer da spielen, wo ich Freunde hatte. Und da ich ziemlich viele hatte, bin ich immer gerne gewechselt. Ich hatte da ja noch nicht die große Karriere im Kopf. Da willst du in erster Linie deinen Spaß haben.


    BayArena M.: Wann bist Du mit Deiner Familie von Ghana nach Deutschland gekommen?
    SARPEI: Als ich drei Jahre alt war, also 1979, kamen meine Eltern, mein Bruder, meine Schwester und ich nach Köln.


    BayArena M.: Du hast erst relativ spät, mit 25, den Sprung in die Bundesliga geschafft. Denkst Du manchmal, ‚ich hätte es eigentlich früher packen können‘?
    SARPEI: Nein, das sehe ich nicht so. Ich bin sehr dankbar, dass ich es überhaupt in die Bundesliga geschafft habe und da zeigen konnte und kann, was ich drauf habe. Klar, andere schaffen den Sprung früher, mit 17 oder 18, aber es ärgert mich in keinster Weise, dass ich es nicht auch schon so früh gepackt habe. Ich bin stolz darauf, dass ich in der Bundesliga spielen kann und genieße es sehr.


    BayArena M.: Als Du nach Leverkusen kamst, da hat so manch einer gedacht, okay, der Sarpei ist ein ordentlicher Ergänzungsspieler....
    SARPEI: Ich selber habe mir schon zugetraut, hier zum Stammkader zu zählen. Da gab es keine Selbstzweifel. Ich kann die Skeptiker aber verstehen. Denn ich kam ja schließlich vom VfL Wolfsburg, wir haben in der letzten Saison gegen den Abstieg gespielt, konnten uns erst am letzten Spieltag retten. Und ich selber bin ja beim VfL in der letzten Saison nur ab und zu zum Einsatz gekommen. Und für jemanden, der von einem Fast-Absteiger zu einem international spielenden Verein wechselt, ist es nicht selbstverständlich, dass man sofort den Sprung schafft. Ich kann ja schlecht sagen, hallo hier bin ich, her mit dem Stammplatz. Ich musste mich schon beweisen und zeigen, dass man mich zu Recht geholt hat.


    BayArena M.: Bei all den namhaften Neuzugängen standest Du immer ein bisschen im Hintergrund. Kam Dir das sogar entgegen?
    SARPEI: Ja, ich denke schon, dass das für mich ganz gut war. Ich konnte mich peu a peu im Training anbieten, mich ganz auf mich konzentrieren. Aber das Training ist das eine, du musst dann die Leistung im Spiel natürlich bestätigen. Es freut mich, dass ich Trainer, Mitspieler und Fans überzeugen konnte.


    BayArena Magazin: Wenn man sich durch das Gästebuch auf Deiner Internet-Seite liest, dann äußern viele Bayer-Fans ihr Erstaunen darüber, dass Du so eine gute Rolle bei Bayer 04 spielst. Und sie freuen sich mit Dir darüber.
    SARPEI: Ja, das finde ich sehr schön. Ich glaube aber auch, dass sich viele Fans in Leverkusen nicht so sehr mit Wolfsburg beschäftigt haben. Von daher kannten die mich auch nicht so gut. Aber die Verantwortlichen von Bayer 04 wussten natürlich schon, wie ich spiele, die haben mich ja beobachtet. Und ich denke, dass es ihnen auch wichtig war, gerade in der Defensive einen Mann zu haben, der in dieser jungen Truppe eine gewisse Ruhe und Erfahrung reinbringt.


    BayArena Magazin: Inzwischen hört man ja schon regelmäßig „Hansiiiiiii“-Rufe im Stadion.....
    SARPEI: Ja, die freuen mich ganz besonders.


    BayArena Magazin: Auch Wolfsburg ist ein Werksverein. Wenn Du mal die beiden Klubs miteinander vergleichst....
    SARPEI: Ich glaube, dass hier noch alles eine Spur professioneller abläuft. Was auch damit zusammenhängt, dass man hier schon länger dabei ist in der Bundesliga und auch im internationalen Fußball. Man hat hier ganz andere Ambitionen und Visionen. Alle ziehen hier an einem Strang. Das ganze macht einen sehr zielorientierten Eindruck. Als Spieler hast du das Gefühl, dass alles gut durchdacht ist und die Ziele realistisch gesteckt sind. Wir haben das Zeug, uns für den UEFA-Cup zu qualifizieren und vielleicht sogar etwas mehr zu schaffen, wenn es gut läuft. In Wolfsburg hatte ich den Eindruck, dass man dort den Erfolg zu schnell wollte. Von jetzt auf gleich in die Champions League – das geht nicht so einfach. Wir haben es ja noch nicht mal in den UEFA-Cup geschafft in den letzten Jahren.


    BayArena Magazin: Trotzdem war Wolfsburg bisher Deine mit Abstand längste Station. War es auch die schönste?
    SARPEI: Natürlich habe ich mich in Wolfsburg wohl gefühlt, sonst wäre ich ja nicht sechs Jahre dort geblieben. Ich hatte auch viele Freunde dort. Pablo Thiam und ich waren zum Beispiel wie Brüder. Aber ich hatte auch ein sehr schönes Jahr in Duisburg. Sportlich war das sehr erfolgreich. Und da habe ich schließlich auch den Sprung in die ghanaische Nationalmannschaft geschafft.


    BayArena Magazin: In Stuttgart am letzten Samstag habt Ihr Euch eine ziemlich unnötige Niederlage geleistet...
    SARPEI: Das kann man wohl sagen. Wir waren die klar bessere Mannschaft. Aber im Abschluss hat es mal wieder nicht geklappt. Das ist ärgerlich, aber wir werden weiter dran arbeiten. Und dann platzt der Knoten hoffentlich bald.


    BayArena Magazin: Gegen Toulouse habt ihr nicht so gut gespielt und trotzdem gewonnen...
    SARPEI: Es war auch deutlich zu sehen, dass wir dieses Spiel unbedingt gewinnen wollten. Na klar, die zweite Halbzeit war wirklich nicht gut. Wir waren einfach zu defensiv. Aber so ist das eben: Gegen Bayern, Dortmund und Stuttgart haben wir gut gespielt und trotzdem nicht gewonnen. Und gegen Toulouse war es eben umgekehrt.


    BayArena Magazin: Du bist jetzt zurück in Deiner alten Heimat Rheinland, wie gefällt’s Dir denn in Leverkusen?
    SARPEI: Ach, das ist alles perfekt. Mein Bruder Edward wohnt ja schon ein paar Jahre in Leverkusen, von daher kannte auch ich die Stadt schon ganz gut. Wir leben jetzt in Opladen quasi nebeneinander. Auch in der Mannschaft bin ich super aufgenommen worden.


    BayArena Magazin: Zur Bayer AG hattest Du ja schon nach Deinem Abitur eine enge Beziehung aufgebaut.
    SARPEI: Ja, ich hatte nach dem Abitur eine Ausbildung als Anlagenmechaniker bei Bayer Dormagen begonnen. Anderthalb Jahre habe ich das gemacht, dann bekam ich das Angebot auf einen Profivertrag und habe mich für den Fußball entschieden. Was auch eine gute Entscheidung war.


    BayArena Magazin: Die Geschichte hast Du wahrscheinlich schon hundert Mal erzählt, aber bitte sag uns doch noch mal, wie das damals war bei dieser spektakulären Trainerentlassung von Toni Schumacher bei Fortuna Köln...
    SARPEI: So etwas erlebt man als Spieler wohl nur einmal. Das war schon eine seltsame Situation. Wir hatten mit Fortuna gerade eine schlechte Phase in der 2. Liga. Beim Spiel gegen Mannheim stand es zur Pause 0:2 und Toni Schumacher, der mich bei Fortuna entdeckt hat und dem ich viel zu verdanken habe, wollte gerade mit seiner Pausenansprache beginnen, als unser Präsident Herr Löring in die Kabine kam. Der war sehr aufgebracht, tja, und dann hat er den Trainer vor der versammelten Mannschaft einfach so entlassen. Was uns natürlich sehr verwirrte, das kann man sich ja vorstellen. Herr Löring nahm dann ein paar Änderungen in der Aufstellung vor, aber wir haben das Spiel dann natürlich verloren und sind später auch abgestiegen. So eine Szene gibt‘s wohl auch nur in Köln.


    BayArena Magazin: Weil wir schon bei den Geschichten sind: Warum heißt ein Ghanaer Hans?
    SARPEI: Meine Eltern wohnten vor meiner Geburt mal in Hamburg, bei einem älteren Herren. Der verschaffte ihnen auch Arbeit und half ihnen sehr bei der Integration. Es gab ja damals noch nicht so viele Farbige in Deutschland. Für meine Eltern war das also nicht so einfach. Und Hans, so hieß der ältere Herr, hat sie sehr unterstützt. Als er starb und ich dann geboren wurde, haben mich meine Eltern in Erinnerung an diesen lieben Menschen Hans genannt.


    BayArena Magazin: Nächstes Jahr findet der Afrika-Cup in Ghana statt. Welche Bedeutung hat dieses Ereignis für Dich?
    SARPEI: Das ist vergleichbar mit der Europameisterschaft. Für alle, die daran teilnehmen, ist das etwas ganz Großes. Nicht nur ganz Afrika, sondern die ganze Welt schaut darauf. Es werden sich dort ja wieder viele junge Talente präsentieren. Ja, und dann findet der Cup auch noch in unserer Heimat Ghana statt. Das ganze Land erwartet von uns, dass wir diesen Cup gewinnen. Was natürlich nicht einfach wird. Aber wir haben eine richtig gute Mannschaft. Und ich glaube, wir können es auch schaffen.


    BayArena Magazin: Welche Chancen rechnest Du Dir persönlich aus?
    SARPEI: Bei der WM in Deutschland stand ich zwar im Kader, habe aber kein Spiel gemacht. Danach bekamen wir einen neuen Trainer und seitdem spiele ich regelmäßig und habe auf der linken Abwehrseite meinen Stammplatz. Deshalb gehe ich davon aus, dass ich auch beim Afrika-Cup diese Position spielen werde.


    BayArena Magazin: Nun geht‘s am Samstag gegen Bielefeld. Da muss endlich wieder ein Sieg her.
    SARPEI: Na klar, da muss man nicht lange drumherum reden. Dieses Spiel müssen wir gewinnen ohne wenn und aber.




    2007.11.02


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