Alles eine Frage des Geldes

  • AlVON KERSTIN THESING, 14.06.07, 22:07h KÖLN.


    Langsam wird es eng für Bayer 04 Leverkusen. „Wir fahnden weiter nach einem Hauptsponsor“, sagt der Kommunikationsleiter der Fußball GmbH, Meinolf Sprink. Ende des Monats läuft der Sieben-Jahres-Vertrag mit RWE als Haupt- und Trikotsponsor aus. Nun droht Bayer die blanke Brust. Ein Schicksal, das der Werksclub in der Fußball-Bundesliga derzeit nur mit Hansa Rostock teilt. Warum also tut sich ausgerechnet Bayer so schwer, einen Nachfolger für RWE zu präsentieren?
    „Zunächst einmal ist es immer eine Frage des Preises“, sagt Dr. Manfred Schubert, Oberstudienrat am Institut für Sportökonomie der Deutschen Sporthochschule Köln. RWE soll in sieben Jahren 56 Millionen Euro an den Fußball-Club überwiesen haben - eine stolze Summe. „Außerdem kommt Bayer als Firma im Vereinsnamen vor. Damit ist die Exklusivität als Hauptsponsor nicht mehr gewährleistet“, ergänzt Schubert. Für die Konkurrenz des Bayer-Konzerns kommt ein Engagement eh nicht in Frage. So kann sich Schubert sogar vorstellen, dass es für den Zweitligisten 1. FC Köln einfacher ist, einen Trikotsponsor zu präsentieren als für den Erzrivalen aus Leverkusen. „Beim FC pilgern 40 000 Fans zu jedem Heimspiel. Das sind bei Bayer auch nach der Stadionerweiterung weniger. Außerdem hat das Image und das Renomee des 1. FC Köln eine andere Zugkraft.“ Hinzu komme, dass Bayer zwar veritabel Fußball spiele, bundesweit und international aber weniger Medienkontakte vorzuweisen habe.
    Sprinks Feststellung bei der Sponsoren-Aquise, dass „die Preise insgesamt nachgelassen haben“ können die Wissenschaftler nicht bestätigen. „Grundsätzlich ist nach der WM das Sponsoring im Fußball noch beliebter geworden“, sagt Dr. Nicholas Adjouri, Diplom-Kommunikationswirt und Autor des Buches „Sport-Branding - Erfolgreiches Markenmanagement im Sport“. „Die Welle der Euphorie ist abgeebbt, aber sie ist noch da, und 2008 kommt die EM in Österreich und der Schweiz, also quasi vor unserer Haustüre“, so Adjouri: „Zudem sind da noch die enorm wachsenden Märkte wie in den USA, China oder Indien. Fußball wird in den nächsten 30 Jahren der bestimmende Sport bleiben.“
    Allerdings stellen Adjouri und Schubert unisono fest, dass das Sponsoring im Fußball rationaler geworden ist. „Es gibt weniger Bauchentscheidungen“, so Adjouri. Das Trikotsponsoring lohnt sich nur, wenn es auf mehrere Jahre angelegt ist. Die Marke sollte vorher bekannt sein; wer nicht weiß, welche Firma sich hinter dem Namen Xella verbirgt, wird den Baustoff-Konzern auch kaum auf der Brust des MSV Duisburg wahrnehmen. Und der Schriftzug muss von anderen Werbemaßnamen wie „TV-Spots, Plakatwerbung oder Gewinnspielen begleitet werde“, so Schubert. „Wenn ich zum Beispiel ein Problem mit meiner Reputation habe, dann lohnt das Sponsoring“, sagt Nicholas Adjouri: „Die Telekom fährt als Sponsor der Bayern und demnächst der gesamten Liga diese Strategie“.
    Dass sich bestimmte Produkte auf den Hemden der Kicker häufen, wie Bier- oder Automarken, Versicherungen und Banken ist kein Zufall. „Das hat etwas mit der Zielgruppe ,Männer zu tun“, sagt Sportökonom Schubert: „Man geht eben davon aus, dass immer noch die Männer Fußball schauen, Bier trinken, Autos kaufen und die Versicherungen abschließen, während die Frauen die Tapeten aussuchen.“ Zudem gibt es das Phänomen: „Wenn der Konkurrent schon im Fußball wirbt, will ich da nicht nachstehen“, hat Adjouri festgestellt.
    Sorgen, dass Bayer zu Beginn der Saison mit blanker Brust antritt, müssen sich die Fans also nicht machen. „Bis dahin werden wir einen Sponsor präsentiert haben“, sagt Meinolf Sprink. Es ist halt alles eine Frage des Preises . . .


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