Zum Niederknien

  • VON UDO BONNEKOH


    (RP) Bernd Schneider verblüfft mit seiner Spiellust auch gegen Lens. Der Dauerrenner soll mal eine Pause machen, aber das Kind im Manne sträubt sich noch gegen einen Länderspiel-Verzicht. Eine Entgiftungskur hilft.


    Er soll bald wenigstens einmal wegbleiben von diesem vergleichsweise unbedeutenden Länderspiel gegen Dänemark und sich stattdessen ein bisschen schonen. „Für den Körper ist das ja richtig“, meint Bernd Schneider und kratzt sich am Ohr, „aber am liebsten würde ich eben doch spielen.“


    Das Kind im Manne sträubt sich eben noch gegen den von seinen Vorgesetzten gewünschten Verzicht, weil Rudi Völler und Trainer Michael Skibbe fürchten, es könnte für ihren Zauberer „Schnix“ leicht zu viel werden im Programm. Und das verliert ja nicht an Umfang, weil die Leverkusener zur Freude ihrer Fans gegen Lens ausreichend hoch gewonnen haben. Ein munteres 3:0 gegen die erstaunlich schwachen Franzosen – jetzt warten sie bei Bayer in angemessener Spannung auf die heutige Auslosung des Uefa-Cup-Viertelfinales in Glasgow.


    Schneider, vor dem das Publikum gegenwärtig verzückt niederzuknien bereit ist, outet sich in diesen Tagen mit Schwerarbeit als Gesundheitsapostel. „Das soll der Trzolli erzählen, was ich da genau mache“, antwortet der 33-Jährige denen, die ihn und sich fragen, wie ein Profi in fortgeschrittenem Alter anscheinend unbeeindruckt laufend ein solches Pensum bewältigt – und das auch noch mit gesteigerter Lust.


    „Bernds Körper wird zwei Mal im Jahr sozusagen entgiftet“, erläutert Bayers Physiotherapeut Dieter Trzolek. Aquadetox heißt die Methode, die Schädliches ausschwemmt. Und außerdem: „Der Bernd macht als erfahrener Mann auch die unnötigen Wege nicht, bei denen die Jungen manchmal Kraft lassen“, betont Skibbe.


    Zum Wohlbefinden des hoch professionellen Thüringers trägt natürlich auch der Umstand bei, dass es bei Bayer gegenwärtig recht ordentlich läuft. „Das muss man sich mal vorstellen. Da holen wir aus den ersten fünf Spielen der Rückrunde gerade mal vier Punkte, und jetzt stehen wir im Viertelfinale“, rekapituliert Schneider.


    Was nicht heißt, dass ihm die Mängel gegen Lens verborgen geblieben wären. „Anfangs hatten wir zu leichte Ballverluste, wir waren nervös und haben viel zu viele Bälle lang geschlagen“, stellt er fest. Zwei Szenen bedeuteten schließlich die Wende: René Adlers Parade gegen Monterrubio und Andrej Voronins Drehschuss zum 1:0. „Da hast du sofort gespürt, dass im Moment der Führung von allen eine Last abgefallen ist“, erzählt „Schnix“, der sich danach noch mal als Zuarbeiter für Voronin verstand. Wobei der bewegliche Ukrainer den Flankenball erst mal kunstvoll ans Aluminium setzte, was allerdings nicht zum Schaden von Sergej Barbarez war, der vollendete.


    Nur einmal mussten sich Trainer, Kollegen und Zuschauer fürchten um die körperliche Unversehrtheit von Schneider: Da stand am Strafraum der Franzosen Voronin, der zuweilen Situationen nicht übermäßig fix erkennt, wie angewurzelt im Weg. Beide kamen knapp an einer Gehirnerschütterung vorbei.


    rp-online