Die Verwandlung

  • Die Verwandlung
    VON STEPHAN KLEMM, 04.03.07, 20:05h


    Leverkusen - Vielleicht liegt diese Verwandlung ja auch an den Zutaten eines durchweichten Samstags. Auf jeden Fall ist der vom Regen in eine Ball-Schleuderbahn verwandelte Rasen ein Freund des Spiels von Bayer 04 Leverkusen, das titschende Leder macht die Partie schnell und verlangt hohe technische Präzision, eine Menge Antizipation und vorausschauende Gedanken. Wenn nun also all diese Elemente gefragt sind, kann es passieren, dass eine Mannschaft, die in Wolfsburg und gegen Hannover mit Niederlagen auf sich aufmerksam macht, den VfB Stuttgart spielerisch bezwingt, 3:1 gewinnt und als Zusatzpreis auch noch auf Rang sechs in der Tabelle nach vorne jagt. Kurzum: Leverkusen bleibt eine Unkonstante.
    Schon vor einer Woche hat sich Bayer 04 in den Meisterschaftskampf eingemischt, damals jedoch war der 1:0-Sieg beim Tabellenführer FC Schalke 04 sehr glücklich zustande gekommen. Gegen Schalkes Verfolger Stuttgart ist dieser Faktor nicht ganz auszuklammern, die Mannschaft von Trainer Armin Veh musste mit dem 1:0 ein Abseitstor hinnehmen und auf ihren Torjäger Mario Gomez verzichten; sein Stellvertreter Marco Streller kann mit Torchancen eher nicht so viel anfangen. Aber Leverkusen hat auch viel dafür getan, in einem für diese eher sehr lahme Bundesliga-Saison außergewöhnlich guten Spiel eben doch besser zu sein: Zum Beispiel in der Spielanlage, aber auch in Bezug auf ihre dominanten Figuren sowie beim Verwerten der Torchancen und auch beim Verhindern von Gegentoren.


    Es scheint, als habe Bayer-Trainer Michael Skibbe auf einer seit Jahren neuralgischen Position im Bayer-Kader eine optimale Besetzung gefunden. Am Samstag hat Torhüter René Adler wie schon bei seinem Erstliga-Debüt in Schalke alle seine Gegenspieler und auch den Bundestrainer verblüfft. Joachim Löw sprach als Augenzeuge des Matchs von „Weltklasse-Reflexen“; und der von mehreren Adler-Paraden betroffene Streller glaubte gar, dass dem Leipziger übernatürliche Kräfte innewohnen: „Der hat ja gehext. Ein Wahnsinn ist das, was der da gehalten hat.“ Adler ist klar auf dem Weg zur Nummer eins, auch wenn Hans-Jörg Butt, der bisherige Inhaber dieses Prädikats, sagt: „Für mich ist der Wechsel im Tor nach nur einem Spiel nicht nachvollziehbar.“ Mit dieser aus seiner Sicht nachvollziehbaren Aussage steht der Ex-Hamburger nun jedoch sehr isoliert da.


    Viel, viel prägender als René Adler war am Samstag allerdings ein Leverkusener Feldspieler; es war Bernd Schneider, der das Spiel seiner Mannschaft lenkte, ihm Struktur gab und der auch noch zwei Tore vorbereitete (das 1:0 von Andrej Woronin und das schicke 3:0, das Juan mit der Hacke erzielte). Erstaunlich auch die Leistungssteigerung des Ukrainers Woronin, der sein bestes Saisonspiel ablieferte. Das alles - inklusive Paul Freiers Kopfballtreffer zum 2:0 - war letztlich die zahlenmäßige Begründung des Erfolgs.


    Er kam gleichwohl nur zustande, weil Stuttgart trotz zahlreicher Gelegenheiten nur noch ein Tor erzielte (Cacau traf mit dem Kopf, 73.). Diese eigene Nachlässigkeit wiederum regte Skibbe auf, er weiß: „Wir müssen in der Defensive besser stehen und einfach weniger Fehler machen. Da fehlt uns noch die Konstanz.“ Warum es gegen Stuttgart letztlich doch gut ging, beschreibt Skibbe mit einfachem Satzbau: „Glück, Adler, Glück, Juan und Karim Haggui“, der zweite Bayer-Manndecker neben Juan. Schon am Donnerstag spielt Leverkusen wieder gegen eine spielstarke Mannschaft, im Uefa-Pokal gastiert man beim RC Lens in Nordfrankreich. Das Team ist derzeit Zweiter der nationalen Liga und laut Skibbe eine „schnell spielende Mannschaft mit überragenden Technikern“.


    Vielleicht sind das ja wieder einmal passende Zutaten für das Leverkusener Spiel.



    http://www.ksta.de/html/artikel/1172183417178.shtml