"Schlechter kann es nicht werden"

  • Leverkusen: Stefan Kießling im kicker-Interview


    Den Hinrundenabschluss kann er als erfolgreich ansehen - aber wirklich nur den Abschluss. Am 17. Spieltag traf er in Dortmund - erst zum zweiten Mal. Im UEFA-Cup gegen Besiktas (2:1) war er an beiden Toren beteiligt - Notendurchschnitt 5,00. Stefan Kießling hat eine schwere Halbserie hinter sich. Im Interview spricht der Bayer-Stürmer über Druck, seinen Ex-Verein, seine Pläne und das schöne Gefühl, als die ganze Bank mit dem Finger auf ihn zeigte.



    kicker: Herr Kießling, Sie waren am Dienstag beim Pokalspiel in Nürnberg. Gab es viel zu erzählen?


    Stefan Kießling (22): Auf jeden Fall. Dutzende Club-Fans haben mich begrüßt und angesprochen. Das hat richtig gutgetan.


    kicker: Haben Sie Ihnen erzählt, dass der Wechsel nach Leverkusen eine gute Entscheidung war?


    Kießling: Klar, da gibt es auch nichts dran zu rütteln. Ich wusste doch, dass es schwer wird. Allerdings hat mich überrascht, wie schwer. Aber da muss ich jetzt durch. Schlechter kann es sowieso nicht werden.


    kicker: Was lief schief?


    Kießling: Vieles. Leverkusen ist als Verein schon eine Nummer größer als Nürnberg. Umfeld, Professionalität, Erwartungshaltung - damitmuss man erst mal zurechtkommen. Da ist der Club auf einem guten Weg, aber das dauert noch. In dieser Atmosphäre habe ich zu viel von mir verlangt, mich zu sehr unter Druck gesetzt.


    kicker: Haben Sie sich überschätzt?


    Kießling: Nein, vielleicht die Situation unterschätzt. Wäre ich ablösefrei gekommen, hätte sich nie dieser Druck entwickelt. So baute sich etwas auf. Ich sehe diesen Wechsel trotzdem als Schritt nach vorne.


    Kießling: Natürlich. Ich bin in der Entwicklungsphase. Ich habe noch viel zu lernen.


    kicker: Was haben Sie denn bereits gelernt in dieser Hinrunde?


    Kießling: Wie wichtig es ist, Vertrauen zu spüren. Nach diesem Himmel-und-Hölle-Spiel gegen Besiktas, wo ich an den zwei Toren beteiligt bin, aber auch schlimme Szenen hatte, da haben die Jungs mich zu den Fans geholt, die haben gejubelt. Nach dem Tor gegen Dortmund stand die ganze Bank auf und zeigte mit dem Finger auf mich - das war sagenhaft.


    kicker: Wie wichtig war der Treffer?


    Kießling: Viel wichtiger als mein erstes Saisontor, auch wenn ich das gegen die Bayern erzielt habe. Das Tor hat mir Mut gemacht, es hat mich erleichtert. Danach konnte ich viel beruhigter in Urlaub gehen.


    kicker: Der Club ist Bayer in der Tabelle bedrohlich nah gekommen. Überrascht Sie das?


    Kießling: Ehrlich gesagt, ja. Vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass sie elfmal unentschieden gespielt haben. Respekt vor Hans Meyer und seiner Mannschaft. Wir müssen sie auf Distanz halten.


    kicker: Was haben Sie sich vorgenommen für 2007?


    Kießling: Den Kopf will ich frei kriegen, auf dem Rasen einfach so cool sein, wie ich es außerhalb eigentlich bin. Ich will den Fans von Bayer einfach zeigen, was ich drauf habe. Dann wäre schon viel gewonnen.


    Interview: Frank Lußem


    Quelle : Kicker