Rasanter Wandel überrascht selbst den Trainer

  • Unter Michael Skibbe bietet Bayer wieder attraktiven Fußball.


    Von Jens Bierschwale


    Die erste Analyse fiel ernüchternd aus. Als Michael Skibbe im Oktober vergangenen Jahres bei Bayer Leverkusen anheuerte, erkannte er den größten Missstand umgehend. Ein Team voller Solisten machte er aus, "alles exzellente Fußballer, aber irgendwie spielt jeder für sich". Das galt es zu verändern.


    315 Tage ist Skibbes Bestandsaufnahme nun alt, und rückblickend wundert er sich selbst ein wenig über den raschen Wandel am Rhein. Wenn Bayer heute zur Spitzenpartie des zweiten Spieltags bei Werder Bremen antritt, bietet er eine Mannschaft auf, die diesen Namen in seinen Augen auch verdient. Der Trainer hat der kickenden Belegschaft sukzessive einen neuen Stil verordnet, er hat den ausgeprägten Egoismus zugunsten einer Stärkung des Kollektivs verdrängt und sich letztlich in kurzer Schaffenszeit durchgesetzt beim zuvor darbenden Werksklub. Als Typ mag Skibbe zwar ebenso farblos rüberkommen wie der Vereinssponsor, aber unter seiner Führung zelebriert Leverkusen neben Bremen den wohl aufregendsten Fußball der Liga.


    Zugeben mag er das zwar so nicht, denn der 41-jährige Übungsleiter gilt als bescheidener Vertreter seiner Zunft, aber er sagt immerhin: "Wir können jetzt jeden Gegner besiegen, unser größtes Problem ist nur noch die Konstanz."


    Das sind wegweisende Worte des Trainers, dessen Credo sonst lautet: "Lieber forsch spielen, statt forsch sprechen." Aber die jüngsten Erfolge unterm Bayer-Kreuz haben offenbar auch ihn selbstbewusster werden lassen. Das hat schon die abgelaufene Rückrunde gezeigt, in der Leverkusen mit 33 Zählern mehr Punkte holte als Meister München (31) und Skibbe Bestätigung fand für seinen eingeschlagenen Weg.


    Im Wintertrainingslager in Marbella hatte er zuvor erstmals seine Visionen umsetzen können und dabei Basisarbeit geleistet. Ohne Ball ließ er das Verschieben auf dem Platz üben. Jeden Tag eine halbe Stunde lang, bis auch der letzte Profi die Schulung verinnerlicht hatte. Taktisch baute er auf nur noch einen Stürmer, dazu auf zwei offensive Außen. Und das Resultat seines Wirkens ließ schnell all jene Kritiker verstummen, die angesichts der schwachen Startphase von Skibbe in Leverkusen mit nur einem Sieg aus neun Spielen schon eine schnelle Ablösung des Trainers prophezeit hatten.


    Er habe gewusst, dass die Aufgabe in Leverkusen verdammt schwierig werden würde. Er, der von seinem früheren Chef in der Nationalmannschaft, Rudi Völler, bei Bayer empfohlen worden war, musste sich erst beweisen an neuer Wirkungsstätte. "Zum Anfang hat er hier viel Gegenwind bekommen", sagt Völler, "aber wir waren immer überzeugt, dass unsere Wahl richtig war."


    Deshalb vertraute der Leverkusener Sportchef seinem Freund auch im Frühjahr, als Skibbe sich für die Verpflichtung von Sergej Barbarez stark machte. Den Stürmer kannte der Trainer aus gemeinsamen Dortmunder Tagen, er wusste, "dass uns so einer wie Sergej noch fehlt". Trotz anfänglicher Bedenken holte Völler den Hamburger an den Rhein und verschaffte seinem Coach den lange vermissten Führungsspieler. Barbarez gilt nun als Initiator der fortgesetzten Angriffe auf dem Feld, gemeinsam mit Bernd Schneider setzt er die Stürmer in Szene. Skibbe sagt über ihn: "Es ist schon erstaunlich, wie schnell er sich hier zurecht gefunden hat." Manchmal ist eben selbst der Trainer noch immer überrascht.


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    Im Übrigen bin ich der Meinung, daß wir Meister werden !!! -Irgendwann