Sorge vor dem Einbruch

  • Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser kritisiert den Terminplan der Fifa.
    Studen - Die zu niedrig ausgefallene 1:4-Niederlage gegen den Schweizer Meister FC Zürich am Donnerstag hat Bayer-Leverkusen-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser ziemlich beunruhigt. Es gibt zwar fast so viele gute Entschuldigungen wie Gegentore: Sechs wichtige Leverkusener Spieler sind noch im WM-Urlaub, es standen jede Menge Nachwuchskräfte in der Abwehr, und Zürich hat etwa drei Wochen Trainingsvorsprung, denn in der Schweiz beginnt die neue Saison am kommenden Mittwoch. Also alles nicht so tragisch. Aber Holzhäuser erlebte im Stadion in Grenchen offenbar ein Deja-Vu. Hatte die Horror-Saison 2002 / 03 nicht genauso begonnen? Mit einem Rumpf-Kader in der Vorbereitung, zu dem dann die noch müden WM-Fahrer stießen? Mit einer Mannschaft auf uneinheitlichem Vorbereitungs-Niveau, die am Ende fast abstieg? „Ich bin überzeugt: Unser Misserfolg 2003 hatte mit dem Erfolg der Nationalmannschaft 2002 zu tun“, sagt Holzhäuser im Leverkusener Camp beim Uhren-Cup in der Schweiz. Die kurze Vorbereitungsphase für WM-Teilnehmer könne dazu führen „dass wir einige Leistungsträger in den ersten Bundesligaspielen schonen“ - nur um zuzusehen, wie die Nationalspieler für das erste Länderspiel im August wieder angefordert werden.


    Der Terminkalender ist in WM-Jahren noch unbarmherziger als gewöhnlich. Leverkusens Bernd Schneider zum Beispiel, der am vergangenen Samstag noch im Spiel um den dritten Platz stand, wird zum Ligastart am 12. August nur zehn Trainingstage in den Beinen haben. „Im Grunde stellt sich für uns als


    Klub nur die Frage: Wann kommt der Leistungseinbruch? Gleich zu Beginn oder erst im November?“ sagt Holzhäuser. Sein Trainer Michael Skibbe sieht die Sache etwas entspannter. 2002 habe Leverkusen sechs WM-Finalisten im Kader gehabt, diesmal nur einen Mann im Spiel um den dritten Platz. Und die Homogenität wird schon reinkommen in die Mannschaft, sagt er. Aber Skibbe beklagt sich sowieso nie. Er hat das Jahr 2003 nicht in Leverkusen erlebt. Holzhäuser schon und das wirkt nach auf seine Haltung zu WM-Jahren. Der 55-Jährige kritisiert besonders die Abstellungsfrist vor dem Turnier, wegen der die Bundesliga zwei Wochen früher als sonst beendet werden musste: „Es kommt schon Frust auf, wenn man die Termine von der Fifa einfach


    diktiert bekommt.“ Der Weltverband hatte im Dezember 2004 eine „Schutzsperre“ für das WM-Jahr 2006 verhängt: Alle Ligen mussten spätestens am 14. Mai beendet sein. Damit sollte Zeit für eine Woche Urlaub für die Profis und anschließend für die WM-Vorbereitung mit den Nationalteams zu schaffen. Es ging dem Weltverband seinerzeit nicht nur um Erholung und Frische der Spieler. Lange Vorbereitungsphasen mit den Nationalteams würden auch der Spielqualität im Turnier dienen. Aber ob das bei der WM zum Tragen kam, bleibt angesichts vieler


    mittelmäßiger Spiele umstritten. Schon deswegen mache die Schutzsperre keinen Sinn, findet Holzhäuser. Sein Vorschlag für die Zukunft: Die Saison im normalen Rhythmus zu Ende spielen und den WM-Teilnehmern all das gute Training und die gute Betreuung zukommen lassen, die ein moderner Profiklub sowieso leistet. „Aber stattdessen sitzen ab Mitte Mai der Großteil unserer Spieler und 100 Prozent des Stabes herum, weil nichts mehr zu tun ist, während fünf Prozent WM spielen. Und bezahlen muss ich sowieso alle“, sagt Holzhäuser.


    Damit ist man beim Thema der finanziellen Entschädigung der Klubs für Abstellungen. Und wenn es schon kein Geld gibt, und man ermattete Spieler zurückbekommt, wäre ein Wort des Dankes nicht zu viel gewesen, findet Holzhäuser. Zwar hat Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff einen offenen Brief an alle Freunde des deutschen Fußballs gerichtet. Aber, sagt Holzhäuser: „Ich habe in seinem Dankesbrief vermisst, dass man an die Bundesliga denkt.“


    http://www.ksta.de/html/artikel/1152898206126.shtml