zu spät aufs Datum gekuckt, sorry

  • Bin wohl aufn ARtikel vom Samstag gestoßen....SORRY!!




    Zurück in die Vergangenheit - Bayers Traum von goldenen Zeiten


    Mit spektakulären Rückholaktionen planen die Rheinländer die Rückkehr in Europas Spitze


    von Martin Peters


    Leverkusen im März 2006. Das ist graues Bundesliga Mittelmaß, überschattet von Klagewellen, Schiebungsvorwürfen und Personaldiskussionen rund um die Führungsetage des einstmals stolzen G14 Clubs. Mit der Zielsetzung Platz eins bis drei ging man in die laufende Bundesliga Saison, derzeit scheint das Minimalziel UEFA Cup in Gefahr. Zu gerne lässt man da von den ersten Strahlen der Frühlingssonne Erinnerungen an goldene Zeiten wachküssen. Als ein Team, gespickt mit heutigen Weltstars Europa aufmischte und selbst das mächtige Real Madrid erzittern ließ. Als Namen wie Ballack, Ze Roberto oder Lucio in aller Munde waren und das Bayerkreuz hell über dem nächtlichen Glasgow erstrahlte. Lang her erscheinen diese Zeiten, zu lang, wenn es nach den Verantwortlichen der Bayer 04 Fußball GmbH geht. Und auch im Mutterkonzern, omnipräsenter Partner und Geldgeber in einem, scheint ein Umdenken eingesetzt zu haben.


    "Der Fußball war und ist wichtiger Bestandteil des Werbekonzepts der Bayer AG", lässt Meinolf Sprink verlauten. "Natürlich können wir mit der derzeitigen Situation nicht zufrieden sein, weder in sportlicher, noch in medialer Hinsicht.". Mit dieser kryptischen Formulierung dürfte die momentane Außendarstellung des Vereins gemeint sein, die in einer Schlammschlacht zwischen Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und Ex Manager Callmund zu gipfeln droht. Viel war in den Vvrgangenen Wochen zu lesen, Horrorszenarien wurden gezeichnet, Spötter unkten gar, die Bayer AG würde dem Fußball in Leverkusen den Rücken zuwenden und dem Werksclub somit die Existenzgrundlage für Profifußball entziehen. Doch der Plan scheint ein anderer zu sein in Leverkusen.


    "Klar ist, dass es so keinen Zweck hat", so Sprink. "Wir haben derzeit zwei Möglichkeiten: wir finden uns mit der Situation ab und hoffen, dass es ruhig wird, um Bayer 04, oder wir setzen uns zusammen und versuchen, aktiv gegenzusteuern!". Aktiv gegensteuern, was Sprink meint wird deutlich, wenn man sich díe Roadmap für die kommenden Jahre anschaut; die Pläne für eine Erweiteung der BayArena liegen schon lange in den Schubladen der Verantworlichen, zur Saison 2006/07 sollen sie nun realisiert werden. Dass dies nur Sinn macht, wenn der Verein auch zugkräftigen Fußball bietet, erscheint nur logisch. "Das Potential ist da", so Sprink, "wir müssen es nur wieder wachküssen." Publikumslieblinge müssen wieder her, die die wenig zum Idol taugenden Ramelows, Nowotnys und Freiers ersetzen und den Verein wieder attraktiv machen, für Fans ebenso, wie für Sponsoren. Und bei Bayer ist man fündig geworden, in der eigenen Vergangenheit. Sprink selber gibt naturgemäß keine Auskünfte über kommende Verpflichtungen und auch Holzhäuser hüllt sich ausnahmsweise in Schweigen. Doch aus dem Leverkusener Umfeld häufen sich die Aussagen, in deren Mittelpunkt zwei Namen stehen: Christoph Daum und Emerson. Der Trainer, der einstmals wegen seiner Kokainaffaire mit Schimpf und Schande aus der Bundesliga vertrieben wurde, gilt gemein hin als wieder salonfähig. Freunde und Bekannte berichten, er sei des stetigen Aufs und Abs in der Türkei überdrüssig, wo man ihm in der einen Woche ein Denkmal setzen will, nur um ihn in der kommenden Woche zu verteufeln. "Christoph sucht nach Möglichkeiten, wieder in Deutschland Fuß zu fassen. Die Zeit in Istanbul war eine schöne, aber ich glaube, er ist nicht mehr wirklich glücklich hier", so ein enger Vertrauter des Startrainers. In Leverkusen weiß man um Daums Fähigkeiten als Trainer, um seine Fähigkeit leblosen Fußballprofis Feuer zu machen. Und man weiß: allein der Name Daum kann für eine Aufbruchstimmung sorgen, so wie er es schon einmal tat, als er den Werksclub vom beinahe Absteiger zum Vizemeister machte.


    Als sportlichen Faustpfand für Daums möglichen Erfolg wird Emerson, Brasiliens Mittelfeldstratege in Diensten von Juventus Turin zurück an den Rhein gelozt. Schon 2002, damals noch für die Roma aktiv, lies der "Puma" verlauten, er habe sich in Leverkusen sehr wohl gefühlt und würde gerne zurück kehren. Es kam anders, Trainer Lippi nahm Emerson mit nach Turin, wo der geniale Stratege und Vorbereiter derzeit glänzt. Doch das drohende Aus in der Champions League wird in Norditalien kritisch betrachtet, Trainer Lippi steht mächtig unter Druck und viele fordern einen Umbruch des Teams. Die Gelegenheit für Bayer, Kontakt zum ehemaligen Publikumsliebling aufzunehmen.


    Sportlich wäre das Feld also bestellt, mit Kießling wure bereits die Verpflichtung eines Hoffnungsträger bekannt gegeben, die Namen Manuel Friedrich und Andreas Hinkel machen in Leverkusen schon seit Monaten die Runde und es scheint nurnoch eine Frage der Zeit, bis in beiden Fällen Vollzug gemeldet wird. Bleiben zwei Fragen offen, die Frage nach der Außendarstellung des Vereins und die nach der Finanzierbarkeit solch spektakulärer Entwicklungen. Erstere scheint noch nicht endgültig geklärt, klar ist nur, dass sich Geschäftsführer Holzhäuser verstärkt um die finanziellen Aspekte der GmbH kümmern soll, während Rudi Völler, einer der größten Sympathieträger Fußballdeutschlands, die öffentlichen Auftritte der Vereinsführung bestimmen wird. Für Völlers derzeitigen Posten, den des Sportdirektors, sucht man wohl zunächst in den eigenen Reihen. Die Namen Kirsten und Lehnhoff tauchen immer wieder in den Überlegungen der Macher auf und scheinen wohl auch die plausibelsten Lösungen zu sein.


    Zweitere ist schnell geklärt: Die Bayer AG erhofft sich über eine Rückkehr der Fußballer in den europäischen Spitzenfußball einen Imagegewinn, vor allem im Ausland.
    nach der zuletzt öffentlichkeitswirksam getätigten vergrößerung der Pharmaabteilung versucht Bayer, in die Spitze des Weltmarkts vorzustoßen. Dazu Bedarf es jedoch "medialer Aufmerksamkeit" wie Sprink es wohl nennen würde. Und ein Fußballverein in der Bel Etage des europäischen Profifußballs, in einem Atemzug mit Barcelona, Real Madrid oder Arsenal London, das stände dem Konzern sicher gut zu Gesicht. Die Sponsorengelder werden also reichlich fließen in den kommenden Jahren.


    Große Träume also am Rhein, verknüpft mit großen Namen und wohl auch dem großen Geld. Bleibt die Frage zu klären, was passiert, wenn es schiefgeht, wenn die Unwägbarkeiten des Sports den Verantwortlichen aus Leverkusen einen Strich durch die Rechnung machen. "Darüber" so Sprink "machen wir uns derzeit keine Gedanken." Man scheint genug zu haben von Tristesse in Leverkusen, die Träume sind golden wie die Vergangeheit.



    Aus dem Bergischen Boten vom 31.03.06