Leverkusen entdeckt den Kampfgeist

  • VON CHRISTIAN OEYNHAUSEN, 26.03.06, 22:20h


    Vor den Augen von Bundestrainer Klinsmann zeigen Jens Nowotny und Paul Freier eine gute Leistung.


    Stuttgart / Leverkusen - Christoph Daum schwebt als große Trainerfigur nicht nur durch die Fantasien in der Kölner und Leverkusener Fußball-Szene. Auch in Stuttgart gibt es viele Leute, die sich für den VfB bessere Zeiten versprechen, wenn Daum zurückkäme. In einem großen Interview hat sich der Coach von Fenerbahce Istanbul am Samstag in Stuttgart zu Wort gemeldet und wohlklingende Sätze „wie Erfolg ist planbar“ von sich gegeben. Am Nachmittag musste Armin Veh, der aktuelle Coach, mit der Erkenntnis leben, dass es sich mit dem Misserfolg womöglich ähnlich verhält. Denn Stuttgarts 0:2-Niederlage gegen Bayer 04 Leverkusen hatte eine Menge damit zu tun, dass Stuttgart den Abgang eines Spielmachers wie Aliaksandr Hleb nicht kompensiert hat. Und dass die Mannschaft offenbar unter Vehs Vorgänger Giovanni Trapattoni ein paar Defizite im physischen Bereich entwickelt hat. „Die Basis fehlt, wir sind nicht topfit, wir haben ein halbes Jahr geschludert, und der Trainer muss es jetzt ausbaden“, sagte Verteidiger Markus Babbel. Nach einem guten Start ist Veh jetzt seit vier Spielen sieglos und die geplante Vertragsverlängerung ist erst einmal verschoben.


    Weil den Stuttgartern kein anderes Mittel zur Verfügung stand, als lange Bälle auf die stabile Leverkusener Innenverteidigung mit Juan und Jens Nowotny zu schlagen, kam Leverkusen durch ein Tor des starken Paul Freier in der ersten Halbzeit und Dimitar Berbatows zwölften Saisontreffer zu einem unerwartet leichten Erfolg in einem unattraktiven Spiel. „Schönes Tor von Freier und ein toller Konter: Wir haben uns zurückgemeldet im Kampf um den Uefa-Cup-Platz“, freute sich Leverkusen Trainer Michael Skibbe über die Wende, „es war aufgrund der disziplinierten Spielweise ein verdienter Erfolg“.


    Skibbe hatte sein Team gegenüber der Heimniederlage gegen Mainz etwas umgebaut. Kapitän Carsten Ramelow kehrte als defensiver Stabilisator vor der Abwehr zurück ins Team. Andrej Woronin musste auf die Bank, weil Skibbe auf nur eine Sturmspitze vor einem Fünfer-Mittelfeld setzte. „Das passte ganz gut. Wir hatten immer einen Mann mehr im Mittelfeld“, sagte Bayer-04-Profi Simon Rolfes, der das insgesamt sehr mäßige Niveau im Duell der Uefa-Cup-Kandidaten so erklärte: „Von den Mannschaften, die da im Mittelfeld stehen, ist keine gefestigt. Da fehlt die Konstanz. Da ist jeder mit sich selbst beschäftigt.“


    Im Gegensatz zu vielen anderen Partien der Vergangenheit war Leverkusen diesmal die kämpferisch stärkere Mannschaft. Nur zu Beginn der zweiten Halbzeit, als Veh mit der Einwechslung von Cacau und Gomez für etwas mehr Offensivkraft sorgen wollte, geriet Bayer 04 unter Druck. Aber Jörg Butt, der bis Ende der Woche darüber entscheiden muss, ob er das neue Vertragsangebot aus Leverkusen annimmt oder nicht, parierte gegen einen guten Schuss von Cacau wie schon in der ersten Halbzeit bei einem Versuch von Ljuboja


    Damit stand hinten die Null - auch ein Verdienst von Jens Nowotny, der vor den Augen von Bundestrainer Jürgen Klinsmann eine solide Partie spielte. Der 32-Jährige erklärte sich grundsätzlich bereit, gegebenenfalls auch für den Abruf-Kader zur Verfügung zu stehen, aus dem Klinsmann Verletzte während der zwei Trainingslager ersetzen will. „Ich bin Sportler. Wenn man die Chance hat, bei einer WM dabei zu sein, ist das doch das Größte“, sagte Nowotny, der aber weiter Zurückhaltung übt: „Es ist schon schwer genug in Leverkusen. Wenn sich alle bei uns nur noch mit der WM beschäftigen würden, hätten wir ein Riesenproblem.“


    (KStA)