Das Lust-Spiel (Bericht Rheinische Post)

  • Erbärmliche Kölner Verfassung befördert Leverkusener Laune: Im Derby ließen sich Berbatov, Voronin und Krzynowek lange Zeit mit den schmerzhaftesten Eingriffen beim designierten Absteiger


    Von UDO BONNEKOH
    LEVERKUSEN Dimitar Berbatov hat kurz vor Schluss doch noch mal leicht vergrätzt Sichtkontakt aufgenommen zu Abwehrchef Jens Nowotny. Und der Bulgare hat dem Abwehrchef fragend bedeutet, was sich dieser wohl dabei gedacht habe, die vom Lattenkreuz zurückspringende Kugel mit der Hacke aus brenzliger Lage befördern zu wollen anstatt mit weitem Kick auf die Tribüne. Zauberei, das sollte der vergleichsweise diskrete Vorwurf wohl bedeuten, falle erstens nicht in die Zuständigkeit der Abwehr, und sie sei, zweitens, unangebracht in einem Derby in Köln, das die Leverkusener unbedingt ohne jeglichen Makel beenden wollten. Es ist ja auch nichts passiert, was auf die gute Laune hätte schlagen können. 3:0 in Müngersdorf das war alles in allem ein Lust-Spiel für die laufenden Angestellten, für Trainer, fürs Funktionsteam und die Bayer-Honoratioren auf der Tribüne, die ihren Blick mit Wohlgefallen auf das Treiben richteten.
    „Ich hab‘ zunächst mal befürchtet, dass das wieder so‘n Grottenkick werden könnte wie schon oft in Müngersdorf, bei dem keiner dem anderen weh tun will”, erklärte Nowotny sein Befinden in der Phase, als sich die erbärmliche Kölner Konstitution noch nicht absehen ließ. Dass sich die Leverkusener allerdings so lange Zeit ließen mit den schlagenden Argumenten für spielerische Leichtigkeit, für taktisches Geschick und Bewegungsfreude, gehörte ganz gewiss zu den Merkwürdigkeiten dieser Partie. Diese lächerlich unsortierte, unbedarfte Kölner Defensive gehörte früher abgeschossen. „Hauptsache, dass wir überhaupt so viele Chancen herausspielen”, meinte Trainer Michael Skibbe voller Nachsicht im Rückblick auf den aufreizend lässigen Umgang mit Chancen, den besonders Berbatov in all seiner provokanten Schlaksigkeit pflegte.
    Was den Kölnern bei ihrer Vorführung durch den fröhlich kombinierenden Gegner noch gut tat: Die Leverkusener machten es kurz mit ihren schmerzhaftesten Eingriffen. Paul Freier zu Berbatov, Tranquillo Barnetta zu Andrej Voronin das war es innerhalb von zwei Minuten, ehe der starke Bernd Schneider dem Kollegen Krzynowek noch was Gutes tat beim 3:0 mit einem selbstlosen Querpass.
    „Das ist Fußball, wie ich ihn mir vorstelle”, lobte Sportchef Rudi Völler, „wir schießen Tore und stehen hinten auch noch gut.” Skibbe gefällt der Aufschwung natürlich auch, der Coach aber mag sich (noch) nicht euphorisch äußern: „Die Messlatte wird das Spiel am Samstag gegen Bremen sein”, sagt er unter Vorbehalt und kleidet seine Vorausschau in „Wenn”-Form: „Wenn wir weiter so auftreten, ist auch was in Hamburg, Stuttgart und Berlin zu holen.” Das Programm ist noch voller Probleme.